Der kleine Fürst Jubiläumsbox 6 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Jubiläumsbox 6 – Adelsroman - Viola Maybach Der kleine Fürst Box

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wenig zu mögen, anders war ihr Verhalten kaum zu erklären.

      *

      »Charly!« So aufgelöst hatte Peter seine jüngste Schwester noch nie gesehen. Sie hatte Tränen in den Augen, erlaubte sich aber natürlich nicht, sie fließen zu lassen, sondern wischte sie mit einer zornigen Geste weg, als sie ihn plötzlich hereinkommen sah. Sie stand vor der Box ihres Lieblingshengstes, er hatte gleich gewusst, dass er sie hier finden würde. »Du kennst doch Sara – wieso regt dich das, was sie sagt, überhaupt noch auf?«

      »Weil sie es vor einem Fremden gesagt hat!«, fuhr Charlotta ihn an. »Und weil es ihr Spaß gemacht hat, mich vor ihm zu demütigen. Dabei macht er sich sowieso schon die ganze Zeit über mich lustig, auch ohne dass Sara ihm dabei hilft.«

      »Also, den Eindruck hatte ich nun wirklich nicht«, widersprach er. »Ich finde Armin von Thaden sehr zurückhaltend, das muss ich schon sagen.«

      »Ja, du!«, sagte Charlotta anklagend. »Du siehst ihn ja heute auch zum ersten Mal, aber ich musste ihn die ganze Woche schon ertragen mit seinem überheblichen Lächeln…«

      »Hey!« Er nahm sie in die Arme, obwohl sie sich zunächst sperrte.

      Nach einer Weile gab sie nach, bettete ihren Kopf an seine Brust und sagte leise: »Am liebsten würde ich zu Omi fahren. Dann müsste ich sein Grinsen nicht mehr sehen und Saras blöde Bemerkungen nicht mehr hören, und ich käme erst wieder, wenn die Luft rein ist.«

      Peter dachte an das, was sein Vater ihm unter vier Augen erzählt hatte: dass Robert Kahrmann ihn verzweifelt angerufen hatte, weil Helena wieder zu Hause war und die engagierte Pflegerin mit ihrem Eigensinn zur Verzweiflung brachte. »Könnten Sie nicht noch einmal mit der gnädigen Frau reden, Herr von Isebing? Wenn die Pflegerin geht, weiß ich nicht, wie wir hier zurechtkommen sollen.«

      Laut sagte er: »Das ist eine ziemlich gute Idee, Charly. Omi braucht nämlich Hilfe, und du stehst ihr von uns allen am nächsten!«

      »So war das nicht gemeint«, protestierte Charlotta, »ich bin doch keine Pflegerin, Peter! Das könnte ich überhaupt nicht, du kennst mich.«

      »Sie hat ja eine Pflegerin«, erwiderte er. »Aber die braucht Unterstützung, wenn ich Mama und Papa richtig verstanden habe. Omi ist nicht gerade einfach im Umgang, wie du weißt. Fahr zu ihr, heitere sie ein bisschen auf – damit schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe. Du tust ein gutes Werk, und du musst, wie du schon festgestellt hast, Armin von Thaden nicht mehr begegnen und Saras spitze Bemerkungen nicht mehr hören.«

      »Ach, Sara«, brummte Charlotta. »Die fährt ja am Sonntag wieder. Aber dieser… dieser…«

      Er drückte sie an sich. »Hör auf, nach Schimpfwörtern für ihn zu suchen. Er ist ein netter Kerl, auch wenn du ihn nicht leiden kannst, glaub mir. Aber da du nun einmal nicht mit ihm zurechtkommst… Außerdem tut dir vielleicht auch ein Tapetenwechsel mal gut.«

      Sie befreite sich aus seiner Umarmung. Was sie erwiderte, wunderte ihn nicht – wenn sie Entscheidungen fällte, dann tat sie es meistens schnell und ohne lange nachzudenken.

      »Ich fahre, Peter, und zwar gleich morgen früh!«

      *

      »Ich kündige!«, sagte Schwester Arnhild mit hochrotem Kopf. »Hier halte ich es keine Sekunde länger aus. Suchen Sie sich jemanden anders!«

      »Aber, Schwester Arnhild«, flehte Robert Kahrmann, »bitte, bleiben Sie, wir…«

      »Ich bleibe nicht!«, fuhr sie ihn an.

      Bereits eine Viertelstunde später hörte er sie die Treppe hinunterpoltern. Er bezahlte ihr, was sie noch zu bekommen hatte und verabschiedete sie höflich, was sie jedoch mit weiteren Verwünschungen quittierte.

      Dann ging er zu Helena, die wie ein Häufchen Elend in ihrem Bett lag, Tränen in den Augen. Vor zwei Tagen war sie auf eigene Verantwortung aus dem Krankenhaus entlassen worden, nachdem er Schwester Arnhild für die häusliche Pflege gefunden hatte – doch von Anfang an hatte deren Arbeit unter keinem guten Stern gestanden. Helena von Isebing war es nicht gewohnt, dass jemand ihr selbst bei intimsten Verrichtungen half, sie konnte ihre eigene Hilflosigkeit nicht ertragen. Entsprechend unwillig war sie gewesen, zumal Schwester Arnhild eine von der »handfesten« Sorte war. »Ich bin bisher mit jedem Patienten fertig geworden«, hatte sie vorher siegesgewiss erklärt – und nun war sie also gegangen.

      »Und jetzt?«, fragte Robert, als er sich neben Helenas Bett setzte. »Jetzt soll ich eine neue Schwester suchen? Aber das wird genauso enden, Frau von Isebing. Ganz abgesehen davon, dass das wahrscheinlich nicht so schnell gehen wird.« Er sah auf die Uhr. »Heute Abend brauche ich nirgends mehr anzurufen, also kann ich erst morgen früh mit der Suche anfangen. Vielleicht müssen Sie doch ins Krankenhaus zurück.«

      Eine Träne rollte Helenas Wange hinunter. »Tun Sie mir das nicht an«, bat sie. »Alles, nur das nicht. Ich… ich nehme mich bei der nächsten Schwester ganz bestimmt zusammen, wenn es nur nicht wieder so ein Besen ist wie diese Arnhild.«

      Er kam nicht dazu, etwas zu erwidern, denn das Telefon klingelte. Helena war schneller als er – sie hatte sich bereits gemeldet, bevor er auch nur die Hand nach dem Apparat ausgestreckt hatte. Er sah, wie sich ihr Gesicht zu einem Lächeln verzog, als sie den Namen ihrer jüngsten Enkelin rief. »Charly, wie schön, dass du dich meldest!«

      Robert wollte den Raum verlassen, doch Helena bedeutete ihm, da zu bleiben, und so wartete er. Es wurde ein äußerst kurzes Gespräch, und er konnte, ohne zu hören, was Charlotta zu sagen hatte, der Unterhaltung mühelos folgen.

      »Wunderbar, Kind«, sagte Helena. »Du ahnst gar nicht, wie willkommen du hier bist! Die Schwester ist nämlich soeben gegangen, sie hat es mit mir nicht ausgehalten. Nein, nein, keine Sorge, Robert engagiert eine andere, aber wenn du dann auch noch da bist…«

      Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, sagte sie strahlend: »Das ist ein Wink des Schicksals, Robert! Charly kommt, und sie kann eine ganze Woche bleiben. Ist das nicht einfach wundervoll?«

      Robert nickte, obwohl er Helenas Begeisterung nur bedingt teilte. Er hatte Charlotta sehr gern, aber die vernünftige und praktisch veranlagte Stephanie wäre in dieser Situation sehr viel nützlicher gewesen als ihre leicht verwilderte und eigensinnige jüngere Schwester. Doch da er es sich nicht aussuchen konnte, sagte er nur: »Ja, das ist sehr schön und wird Sie vor allem auf andere Gedanken bringen, Frau von Isebing.«

      Helena lehnte sich lächelnd in ihrem Bett zurück. »Ja, Robert, das wird es!«, sagte sie mit Nachdruck.

      *

      »Helena hat Besuch von ihrer jüngsten Enkelin«, berichtete Baronin Sofia am Sonntagmorgen beim Frühstück. »Sie klang so glücklich – ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie bettlägerig sein könnte, wenn ich es nicht gewusst hätte.«

      »Helena von Isebing?«, fragte Sofias dreizehnjährige Tochter Anna.

      Die Baronin nickte. »Ihr wisst ja, dass wir uns Sorgen um sie gemacht haben, aber das scheint nun nicht mehr nötig zu sein. Ich bin sehr froh darüber.«

      »Und wie ist sie so, die Enkelin?«, wollte Christian wissen.

      »Das kann ich dir nicht sagen, Chris, ich habe Charlotta das letzte Mal gesehen, als sie etwa elf war«, lachte die Baronin. »Aber man erzählt sich, dass sie ein bisschen verwildert ist, das war sie übrigens

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