Der kleine Fürst Jubiläumsbox 6 – Adelsroman. Viola Maybach
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Sie rief sich zur Ordnung. Im Augenblick musste sie einkaufen, das war viel wichtiger! Sie konzentrierte sich also, arbeitete ihren Zettel ab und kehrte nach Hause zurück. Als sie sich im Spiegel betrachtete, fand sie plötzlich, dass sie sich für den Vortrag von Bernhard von Isebing ruhig ein wenig hübsch machen sollte – warum auch nicht? Natürlich würde sie kein Wort mit ihm wechseln, aber es schadete ja nicht, wenn man gut aussah.
Eine halbe Stunde später verließ sie in bester Laune ihre Wohnung und machte sich auf den Weg zur Universität, denn dort sollte der Vortrag gehalten werden. Sie war schon lange nicht mehr dort gewesen, aber es hatte sich wenig verändert, und so fand sie sich schnell zurecht. Der angekündigte Hörsaal war bereits erstaunlich gefüllt, als sie eintraf. Verblüfft sah sie sich um. Damit hatte sie nicht gerechnet. Normalerweise fanden sich bei solchen »exotischen« Themen doch höchstens ein Dutzend Leute ein! Sie sah, dass ganz vorn noch mehrere Plätze frei waren, und so setzte sie sich dorthin.
»Sind Sie auch ein Fan von ihm?«, raunte ihr eine noch sehr junge Frau zu, die gleich darauf neben ihr Platz nahm.
Rosalie nahm an, dass sie noch studierte. »Von wem?«, fragte sie, obwohl sie sich natürlich denken konnte, wer gemeint war.
»Von Ise natürlich«, hauchte die Frau. Auf Rosalies fragenden Blick hin setzte sie erklärend hinzu: »Wir nennen ihn hier so, Herrn von Isebing, meine ich. Er ist der beste Dozent, den wir je hatten, das schwöre ich Ihnen – und alle Frauen sind in ihn verliebt.«
»Ich kenne ihn bisher nicht«, erklärte Rosalie. »Ich interessiere mich für seinen Vortrag.«
Ihre Nachbarin kicherte. »Echt? Da sind Sie wahrscheinlich die Einzige. Alle anderen kommen nur, weil er so sexy ist.«
Allmählich wurde Rosalie neugierig. Das musste ja ein toller Mann sein!
Als Bernhard von Isebing gleich darauf das Podium betrat, war sie zuerst enttäuscht. »Sexy?« Auffällig gut aussehend war er jedenfalls nicht. Sie hatte sich nach den Beschreibungen ihrer Nachbarin eine Art strahlenden Leinwandhelden vorgestellt und sah nun einen normalen Mann vor sich. Er sah natürlich gut aus, aber nicht blendend. Auch seine Statur fand sie eher normal – sie konnte an ihm beim besten Willen nichts Besonderes entdecken.
Das änderte sich schlagartig, als er anfing zu sprechen. Vom ersten Augenblick an war sie wie elektrisiert, und sie hätte noch nicht einmal sagen können, ob es an seiner Stimme oder an den eleganten Bewegungen seiner Hände lag, mit denen er versuchte, das, was er gerade erzählte, zu unterstreichen. Jetzt endlich verstand sie, was ihre Nachbarin gemeint hatte. Ja, »Ise« war wirklich ein außerordentlich attraktiver Mann, der zudem sein Thema beherrschte. Sein Vortrag war klug aufgebaut, er brachte Spannung hinein und sogar einen gewissen Witz, er schaffte es, seine Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine interessante Reise zu nehmen. Sie folgten ihm willig, und als er schließlich endete, wurde er zum Dank mit lang anhaltendem Geklopfe auf die Pulte bedacht.
Rosalie war wie betäubt. Sie sah, wie eine Traube von jungen Frauen sich vorn um den Dozenten scharte, hörte ihre aufgeregten Stimmen, die ihn etwas fragten, hörte ihn ruhig antworten, während sie selbst wie angeklebt auf ihrem Stuhl sitzen blieb. Ihre Nachbarin war ebenfalls nach vorn gestürzt, um dem verehrten Dozenten wenigstens für einige Minuten nahe zu sein und vielleicht sogar ein Lächeln von ihm zu ergattern, und plötzlich wünschte sich Rosalie, zu ihnen zu gehören, denn sie hätte jetzt auch gern da vorn gestanden…
An dieser Stelle erhob sie sich eilig. Es wurde höchste Zeit, dass sie hier verschwand, bevor sie sich zum Narren machte und wie die Studentinnen einen jungen Dozenten anhimmelte. Aus dem Alter war sie wahrhaftig heraus – wenn auch noch nicht lange…
Während sie sich dem Ausgang näherte, spürte sie das unwiderstehliche Verlangen, sich noch einmal umzudrehen und einen letzten Blick auf Bernhard von Isebing zu werfen. Sie tat es – genau in dem Moment, als er sich von seinen Verehrerinnen verabschiedet hatte und in ihre Richtung sah.
Ihr Herz blieb stehen. Dann drehte sie sich wieder um und lief davon.
*
Auf alles war Armin gefasst gewesen, aber nicht auf so einen schmucken Gutshof, auf dem es wundervoll still war, wenn man vom Blöken der Schafe auf der nahe gelegenen Weide und von einem gelegentlichen Wiehern, das aus einem der Pferdeställe drang, absah. In seiner Vorstellung hatte Gut Isebing immer gewimmelt von Menschen, es war laut und ziemlich unordentlich zugegangen.
Eine schmale Frau kam aus dem Haus, mit hellen Haaren, die sie locker aufgesteckt hatte und einem hübschen, wachen Gesicht. Sie lächelte freundlich, als sie sagte: »Sie müssen Armin von Thaden sein, der Besucher, auf den mein Mann sich schon so freut. Ich bin Marianne von Isebing.«
Er staunte sie unverhohlen an – so lange, dass sie schließlich verwundert fragte: »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Entschuldigen Sie bitte, gnädige Frau«, bat Armin, »aber ich hatte dermaßen falsche Vorstellungen von allem hier – von dem Gut, von Ihnen…«
»Von mir?«, fragte sie. »Wieso das denn?«
Er lächelte verlegen. »Ich wusste ja nur, dass Sie sieben Kinder zur Welt gebracht haben«, erklärte er. »Und da habe ich halt gedacht, das…, na ja, das würde man Ihnen ansehen.«
Sie lachte auf, so hell und vergnügt wie ein junges Mädchen. »Ich will gar nicht weiter fragen«, erwiderte sie. »Ich kann mir auch so vorstellen, was Sie sich gedacht haben. Aber trösten Sie sich: Sie sind nicht der Einzige, dem es so geht. Kommen Sie bitte herein, um Ihr Gepäck kümmern wir uns später.«
Er folgte ihr ins Haus, noch immer verwundert und auch verunsichert, weil er sich in allem offenbar so sehr geirrt hatte. »Außerdem dachte ich, es müsste hier von Menschen nur so wimmeln«, sagte er.
»Am Wochenende tut es das auch«, erwiderte Marianne. »Aber von unseren Kindern lebt ja nur noch Charlotta, unsere Jüngste, bei uns, und die besucht heute ihre Großmutter im Krankenhaus.«
»Es tut mir sehr leid, dass Ihre Schwiegermutter diesen Unfall hatte«, erklärte Armin. »Geht es ihr besser?«
»Sie ist todunglücklich, das ist das Hauptproblem«, meinte Marianne. »Sie mag nicht im Bett liegen – und schon gar nicht in einem Krankenhaus. Wir haben überlegt, sie zu uns zu holen, so lange sie nicht laufen kann, aber das wird sie nicht wollen.«
»Warum nicht?«, fragte Armin verwundert. »Das klingt doch so, als wäre es eine ziemlich gute Idee.«
»Theoretisch ist es das auch«, antwortete Marianne mit einem Lächeln. »Aber meine Schwiegermutter hat ihren eigenen Kopf.«
Sie wurden von Ludwig unterbrochen, der rief: »Also doch! Ich war nicht sicher, ob du das bist, Armin, der gerade angekommen ist.«
Die beiden Männer begrüßten einander herzlich, Marianne kochte Tee, und dann entspann sich ein lebhaftes Gespräch, in dessen Verlauf Marianne zu der Überzeugung gelangte, dass dieser junge Mann genau so sympathisch war, wie Ludwig ihn ihr geschildert hatte.
Wären sie allein gewesen, hätten sie mit ihm sicherlich wunderbar entspannte Tage verbringen können. Aber abends würde Charly zurückkehren – und dann… Sie verdrängte diesen Gedanken eilig. Vielleicht ging ja ausnahmsweise alles gut und ihre Jüngste benahm sich