Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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einen zu gu­ten Ge­schmack, als daß er sein Werk hät­te un­voll­en­det las­sen wol­len. Die Hei­rat der äl­tes­ten mit ei­nem Ge­ne­ral­ein­neh­mer, Pla­nat de Bau­dry, kam zu­stan­de auf Grund ei­nes kö­nig­li­chen Auss­pruchs, der nichts kos­te­te und Mil­lio­nen ein­brach­te. Ei­nes Abends muß­te der Mon­arch, der schlech­ter Lau­ne war, lä­cheln, als er von der Exis­tenz ei­nes zwei­ten Fräu­leins von Fon­taine hör­te, die er dann mit ei­nem jun­gen Rich­ter ver­hei­ra­te­te, der zwar, es ist wahr, von bür­ger­li­cher Her­kunft, aber reich und von großer Be­ga­bung war, und den er zum Baron mach­te. Als aber im nächs­ten Jah­re der Ven­déer von Fräu­lein Emi­lie von Fon­taine sprach, da er­wi­der­te ihm der Kö­nig mit sei­ner schwa­chen rau­hen Stim­me: »Ami­cus Pla­to, sed ma­gis ami­ca Na­tio.« Dann, ei­ni­ge Tage spä­ter, ver­ehr­te er sei­nem »Freun­de Fon­taine« einen ziem­lich harm­lo­sen Vier­zei­ler, den er ein Epi­gramm nann­te, und in dem er über sei­ne drei Töch­ter scherz­te, die er so ge­wandt un­ter der Form ei­ner Tri­ni­tät vor­ge­bracht hät­te. Wenn man der Chro­nik Glau­ben schen­ken darf, so hat­te der Kö­nig mit sei­nem Bon­mot auf die gött­li­che Drei­ei­nig­keit an­spie­len wol­len.

      »Wür­de sich der Kö­nig nicht her­ab­las­sen, sein Epi­gramm in ein Hoch­zeits­ge­dicht um­zu­wan­deln?« sag­te der Graf, in­dem er ver­such­te, die­se Lau­ne zu sei­nen Guns­ten zu len­ken.

      »Wenn ich auch die Rei­me dazu fän­de, so könn­te ich doch kei­nen Sinn hin­ein­brin­gen«, er­wi­der­te scharf der Kö­nig, der einen sol­chen Scherz über sein Dich­ten, wie mil­de er auch war, nicht lieb­te. Von die­sem Tage an wur­de sein Ver­kehr mit Herrn von Fon­taine we­ni­ger freund­lich. Die Kö­ni­ge sind wi­der­spruchs­vol­ler, als man ge­wöhn­lich glaubt. Wie fast alle spät ge­bo­re­nen Kin­der, war Emi­lie von Fon­taine der von al­ler Welt ver­wöhn­te Ben­ja­min. Die Küh­le des Kö­nigs war da­her dem Gra­fen um so schmerz­li­cher, als nie­mals eine Hei­rat schwe­rer zu­stan­de zu brin­gen war, als die die­ser ge­lieb­ten Toch­ter. Um alle die­se Schwie­rig­kei­ten zu ver­ste­hen, muß man sich in das In­ne­re des schö­nen Hau­ses be­ge­ben, in dem der Lei­ter der Do­mä­ne auf Kos­ten der Zi­vil­lis­te un­ter­ge­bracht war. Emi­lie hat­te ihre Kind­heit auf dem Fa­mi­li­en­gu­te ver­bracht, wo ihr alle Wün­sche der frü­hen Ju­gend reich­lich er­füllt wur­den; ihr ge­rings­tes Ver­lan­gen war für ihre Schwes­tern, ihre Brü­der, für die Mut­ter und selbst für den Va­ter Ge­setz. Alle ihre An­ge­hö­ri­gen wa­ren in sie ver­narrt. Als sie ins Al­ter der Er­wach­se­nen ge­langt war, ge­ra­de zu der Zeit, da die Fa­mi­lie sich der größ­ten Gunst der Ge­schi­cke er­freu­te, setz­te sie ihr ver­gnüg­tes Le­ben fort. Der Pa­ri­ser Lu­xus er­schi­en ihr eben­so selbst­ver­ständ­lich, wie der Reich­tum an Blu­men und Früch­ten und wie der Über­fluß auf dem Lan­de, der das Glück ih­rer ers­ten Le­bens­jah­re aus­ge­macht hat­te. Eben­so wie sie nie­mals in ih­rer Kin­der­zeit auf einen Wi­der­spruch ge­sto­ßen war, wenn sie ihre Wün­sche nach ir­gend­ei­nem Ver­gnü­gen er­füllt se­hen woll­te, eben­so sah sie, daß sie nur zu be­feh­len brauch­te, als sie sich im Al­ter von vier­zehn Jah­ren in den Stru­del des Ge­sell­schafts­trei­bens stürz­te. Schritt­wei­se an die Genüs­se, die der Reich­tum ge­währt, ge­wöhnt, wur­den ihr aus­ge­sucht fei­ne Toi­let­ten, reich ge­schmück­te Sa­lons und kost­ba­re Equi­pa­gen eben­so un­ent­behr­lich, wie wah­re oder falsche schmei­chel­haf­te Kom­pli­men­te und die Fes­te und das nich­ti­ge Ge­trie­be bei Hofe. Wie die meis­ten ver­wöhn­ten Kin­der ty­ran­ni­sier­te sie alle, die sie lieb­ten, und spar­te ihre Lie­bens­wür­dig­keit für die Gleich­gül­ti­gen auf. Ihre Feh­ler wur­den mit den Jah­ren nur im­mer schlim­mer, und ihre An­ge­hö­ri­gen soll­ten bald die bit­te­ren Früch­te ei­ner so ver­derb­li­chen Er­zie­hung zu kos­ten be­kom­men. Mit neun­zehn Jah­ren hat­te Emi­lie von Fon­taine noch kei­ne Wahl un­ter den zahl­rei­chen jun­gen Män­nern tref­fen wol­len, die Herr von Fon­taine mit Ab­sich­ten zu sei­nen Ge­sell­schaf­ten ein­lud. Ob­wohl sie noch jung war, er­freu­te sie sich in der Ge­sell­schaft al­ler Frei­heit, die ei­ner geist­vol­len Frau zu­ge­stan­den wird. Wie die Kö­ni­ge, hat­te sie kei­ne Freun­de und sah über­all um sich nur Dienst­fer­tig­keit, ein Ver­hal­ten, dem auch eine bes­se­re Na­tur als sie wohl nicht hät­te wi­der­ste­hen kön­nen. Kein Mann, selbst kein al­ter Mann, war im­stan­de, den An­sich­ten ei­nes jun­gen Mäd­chens zu wi­der­spre­chen, von dem ein ein­zi­ger Blick auch ein kal­tes Herz zu ent­flam­men ver­moch­te. Sorg­fäl­ti­ger als ihre Schwes­tern er­zo­gen, mal­te sie ziem­lich gut, sprach ita­lie­nisch und eng­lisch und spiel­te Kla­vier so gut, daß an­de­re Spie­ler an sich ver­zwei­fel­ten; end­lich be­saß ihre von den bes­ten Leh­rern aus­ge­bil­de­te Stim­me eine Süße, die ih­rem Ge­sang einen un­wi­der­steh­li­chen Zau­ber ver­lieh. Geist­voll und in al­len Li­te­ra­tu­ren zu Hau­se, hät­te sie an den Auss­pruch Mas­ca­ril­les glau­ben ma­chen kön­nen, daß be­deu­ten­de Leu­te schon al­les wis­sen, wenn sie zur Welt kom­men. Es wur­de ihr leicht, über die ita­lie­ni­sche oder die nie­der­län­di­sche Ma­le­rei, über Mit­tel­al­ter oder Re­naissance zu spre­chen, sie gab aufs Ge­ra­te­wohl ihr Ur­teil über alte und neue Bü­cher ab und wuß­te in grau­sa­mer geist­rei­cher Wei­se die Feh­ler ei­nes Wer­kes deut­lich zu kenn­zeich­nen. Ihre ein­fachs­ten Auss­prü­che wur­den von ei­ner in sie ver­narr­ten Men­ge auf­ge­nom­men wie ein »Fet­fa« des Sul­tans von den Tür­ken. So blen­de­te sie ober­fläch­li­che Leu­te; tiefe­re Geis­ter er­kann­te sie mit an­ge­bo­re­nem Takt her­aus, und ih­nen ge­gen­über ent­fal­te­te sie so viel Lie­bens­wür­dig­keit, daß sie durch die­ses be­zau­bern­de We­sen sich ei­ner stren­ge­ren Prü­fung ent­zie­hen konn­te. Hin­ter die­ser ver­füh­re­ri­schen Ober­flä­che ver­barg sich ein un­emp­find­li­ches Herz und die vie­len jun­gen Mäd­chen ge­mein­sa­me An­schau­ung, daß nie­mand hoch ge­nug ge­stellt war, um den Adel ih­rer See­le be­grei­fen zu kön­nen, dazu noch ein Stolz, der sich eben­so auf ihre Her­kunft, wie auf ihre Schön­heit stütz­te. Da ihr je­des hei­ße Emp­fin­den, das frü­her oder spä­ter in dem Her­zen ei­ner Frau Ver­wüs­tun­gen an­rich­tet, fern lag, kam ihr ju­gend­li­ches Feu­er nur in ei­ner maß­lo­sen Sucht nach Aus­zeich­nung, ver­bun­den mit der tiefs­ten Ver­ach­tung der bür­ger­li­chen Ka­nail­le, zum Aus­druck. Sehr hoch­fah­rend ge­gen­über dem neu­en Adel, mach­te sie alle An­stren­gun­gen, da­mit ihre An­ge­hö­ri­gen sich auf glei­chen Fuß mit den be­rühm­tes­ten Fa­mi­li­en des Fau­bourg Saint-Ger­main stel­len konn­ten.

      Die­se Emp­fin­dun­gen wa­ren dem auf­merk­sa­men Auge des Herrn von Fon­taine nicht ent­gan­gen, der nach der Ver­hei­ra­tung sei­ner bei­den äl­tes­ten Töch­ter mehr als ein­mal über die Sar­kas­men und Bon­mots Emi­lies seufz­te. Lo­gisch Den­ken­de wer­den er­staunt dar­über sein, daß der alte Ven­déer sei­ne äl­tes­te Toch­ter ei­nem Ge­ne­ral­ein­neh­mer ge­ge­ben hat­te, der zwar wohl meh­re­re frü­he­re ad­li­ge Gü­ter be­saß, vor des­sen Na­men sich aber der Par­ti­kel nicht be­fand, dem der Thron so vie­le Ver­tei­di­ger ver­dank­te, und sei­ne zwei­te Toch­ter ei­nem Be­am­ten, des­sen Baro­nie noch zu jung war, um ver­ges­sen zu las­sen, daß sein Va­ter Holz­händ­ler ge­we­sen war. Der be­mer­kens­wer­te Um­schwung in den An­schau­un­gen des Edel­manns, der ein­trat, als er sein sech­zigs­tes Le­bens­jahr er­reich­te, ein Al­ter, in dem die Men­schen nur sel­ten ih­ren al­ten Stand­punkt auf­ge­ben, war nicht nur dem Auf­ent­halt in dem mo­der­nen Ba­by­lon, wo alle Pro­vinz­ler

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