Wolfgang Nairz - Es wird schon gut gehen. Wolfgang Nairz

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Wolfgang Nairz - Es wird schon gut gehen - Wolfgang Nairz

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bis in die Hütte zurückgingen. An manche Erstbegehung denke ich oder an meine Alleinbegehung der Fischer-Fohringer an der Kleinen Ochsenwand. Heute kommt mir das Schaudern, wenn ich dort hinaufsehe und daran denke. „Es haben ja nur halb gelebt, die nie da droben standen …“ Und so liege ich in den Almrosenfeldern am Sonntagsberg und sehe zu, wie die Wolkenfelder über die Gipfel hinwegziehen.

      DIE FRÜHEN TOURENBÜCHER

      Meine Tourenbücher beginnen im Jahr 1958. Genauestens habe ich zehn Jahre bis 1967 jede meiner Touren niedergeschrieben, mit Bemerkungen über Schwierigkeit, meine Befindlichkeit und die meiner Freunde, über Wetter, Anzahl der nach der Tour getrunkenen Biere oder die mühsamen Anfahrten in die Dolomiten mit Eisenbahn und Bus. Über das „sauschwere“ Gepäck habe ich geschimpft, über einen Sonnenuntergang vor dem Zelt habe ich gejubelt.

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       Zehn Jahre Tourenbücher: Sauschweres Gepäck, bejubelte Sonnenuntergänge und viele Biere – alles ist festgehalten.

      20. 6. 1962: Fleischbank-SO-Verschneidung, Versuch und Umkehr, dafür auf den Bauernpredigtstuhl, Rittlerkante

      21. 6. 1962: Karlsspitze Direkte Ostwand, am Nachmittag per Autostopp nach Innsbruck, da am nächsten Morgen Darstellende-Geometrie-Schularbeit, danach wieder per Autostopp nach Ellmau und auf die Gaudeamushütte

      22. 6. 1962: Fleischbank-SO-Verschneidung, diesmal hat’s funktioniert, und anschließend noch Predigtstuhl-Westverschneidung – habe alles geführt!

      7. 7. 1963: In den Kalkkögeln: In der Früh Kleine Ochsenwand: Fischer-Fohringer, am Nachmittag Riepenwand, Alte NW-Wand

      6. – 22. 8. 1962: Dolomitenurlaub:

      Schwer bepackt mit 3 Rucksäcken und einem Zelt mit dem Bus nach Misurina und zu Fuß auf die Auronzo-Hütte und weiter zur Lavaredo-Hütte, dort stellen wir das Zelt auf.

      8. 8. 1962 Kleine Zinne, Gelbe Kante

      10. 8. Westliche Zinne, Demuthkante

      11. 8. Große Zinne, Nordwand, Comiciführe

      13. 8. Weiter in die Civetta

      16. 8. Torre Valgrande NW-Wand

      18. 8. Civetta-NW-Wand: wieder habe ich fast alles geführt!

       1. Winterbegehung, Kleine Ochsenwand, Bazanellapfeiler

       aus dem vierten Tourenbuch, 1963

      Am Samstag, dem 28. 12. 1963 fahren wir mit dem Bus mit unseren Riesenrucksäcken in die Axamer Lizum, mit dem Lift geht’s auf den Hoadl und hinten hinunter auf die Kemater Alm. (Jetzt kann man wirklich singen: … Zwoa Brettln und nirgends a Schnee …)

      Diesen „schneelosen“, aber eiskalten Winter wollen wir – Heralt Schneider und ich – aber zum Klettern nützen. Bereits am nächsten Tag steigen wir in Richtung Alpenklubscharte hinauf. Wir wollen die 2. Winterbegehung der Fischer-Fohringer-Route an der Kleinen Ochsenwand machen. Erst um 11:00 Uhr steigen wir ein. Es ist saukalt (soll heißen sehr sehr sehr kalt!), 2x habe ich den „Hoanigl“, doch bald werden die Finger wieder warm. Nach 1¾ Stunden steigen wir aus. Wir queren das Band zur Alpenklubscharte hinaus, dort treffen wir Sepp und Hansjörg, die die 1. Winterbegehung der rechten Nadelsockelkante gemacht haben.

      Am Abend beim Wein kommen wir auf die verrückte Idee, uns den Bazanellapfeiler näher anzuschauen. Um halb acht wachen wir auf. Es ist schönes Wetter, jedoch viel kälter als am Vortag. Wir zögern noch kurz, dann stehen wir auf.

      30. 12. 1963 Kleine Ochsenwand, Direkter Nordpfeiler (Bazanella), 1. Winterbegehung

      Beim Einstieg zittern und frieren wir. Es fängt ziemlich schwer an. Zuerst geht’s über brüchigen Fels zu einem kleinen Standplatz (kalte Finger!). Ein feiner, überhängender Riss durchzieht den rechten Wandteil. An die Kälte hat man sich jetzt schon gewöhnt und wir klettern ziemlich schnell. Wo der Riss aufhört, quert man nach rechts auf die Kante und geht dort weiter bis auf die Schulter des Pfeilers. Der Haken, der dort angeblich stecken sollte, ist eingeschneit. 10 Meter absteigen über abschüssigen, vereisten Fels, dann spreizt man ca. eineinhalb Meter auf die Wand hinüber, da war mir nicht ganz wohl zumute. Die nächste Länge ging es dann leicht hinauf bis zu einem guten Standplatz.

      Jetzt beginnen die Hauptschwierigkeiten: Man quert circa 4 Meter nach links, dann geht es in einen überhängenden Riss hinein. Zuerst stecken noch drei Haken, dann geht’s ca. 8 Meter überhängend, kleingriffig und abdrängend hinauf bis zum nächsten Haken. Dann steckt noch ein Haken, aber es wird noch schwerer! Für die rechte Hand ist ein Griff da, für die linke Hand ein paar kleine Griffe (… du hast ja nur zwei linke Hände, schreit Heralt herauf! …). Tritte sind keine da. Beim nächsten Haken muss ich mich erst einmal erholen. Heralt fotografiert fleißig. Auf den nächsten 5 Metern bis zum Standplatz unter dem Dach sind nur ein paar Miniaturgriffe vorhanden, für die Füße nichts! Der Standplatz ist sehr klein und vor allem luftig. Heralt kommt nach. Den Riss ist er bald heroben, da er eine Fifi hat, doch dann geht ihm bald das Schmalz aus (… die Liesl wird ihn in der Nacht schon nicht schlafen lassen haben, ich hab halt doch die bessere Kondition …). Zuerst zaubert er mit seiner Fifi herum, dann streckt er sich bis zum nächsten Haken, schreit: „ Pass auf, i fliag! …“

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       Kalte Finger und ein Krampf in den Händen: Heralt Schneider bei der ersten Winterbegehung des Bazanellapfeilers in den Kalkkögeln

      Ich rede ihm noch gut zu, jedoch 1½ cm vor dem Haken ist es endgültig aus, Heralt hängt 2 Meter tiefer und flucht! Ich habe ihn ganz gut gehalten, und er versucht jetzt verzweifelt, sich hinauf zu hanteln, doch sein Schmalz lässt immer mehr nach, und nach 45 Minuten kann ich ihn auch nicht mehr halten. Ich lasse ihn noch bis auf ein Band (nach meiner Aussage), Griff (nach Heralts Aussage) hinunter und fixiere dann die Seile. Jetzt habe ich einen Krampf in den Händen und spüre die Finger nicht mehr vor lauter Kälte, und Heralt muss selber schauen, wie er mit seinem Salat zurechtkommt. Er flucht, schimpft, ächzt, wirft mir alle Schimpfworte dieser Welt zu, aber schließlich prusikt er sich zu mir herauf. Inzwischen habe ich meine Finger wieder warm bekommen. Der Standwechsel ist ziemlich schwierig.

      Nun geht es über das weit ausladende Dach in einen engen Kamin (ich blieb zuerst mit dem Kopf stecken!) und weiter in einen Riss. Dieser endet nach circa 15 bis 20 Metern in schwieriger Freikletterei auf einem guten Standplatz. Heralt, der noch immer nicht viel Schmalz hat, kann ich nachziehen. Langsam kommt er auch wieder zu Kräften! Nun geht es in eine Höhle und weiter oben aus dieser wieder hinaus. Langsam wird es dunkel. In der darauffolgenden Schlucht ist es saukalt, wirklich saukalt, vereist und dunkel. In einem Riss sehe ich einen Haken stecken. Der Riss wird immer brüchiger, und beim nächsten Haken hänge ich mich hinein, um meine Finger zu wärmen. Beim Weitergehen halte ich mich kurz daran – und habe ihn auch schon in der Hand! Die nächsten 10 Meter bis zum Band sind noch äußerst schwierig und sehr brüchig. Am Band angelangt kann ich endlich aufatmen. Heralt kommt schnell und bald nach und wir queren das Band hinaus zur Alpenklubscharte.

      Gewonnen!

      Heralt schuldet mir 5 Schnäpse: 2x hat er das Knie verwendet, 1x für den Flug und 2x fürs ziehen! Es sind aber mehr geworden …

      P. S. Gagga und Spitz ärgern sich, dass wir ihnen am Bazanellapfeiler zuvorgekommen

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