Mit gläubigem Herzen und wachem Geist. Reinhold Stecher

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Mit gläubigem Herzen und wachem Geist - Reinhold Stecher

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      Als letztes Geleise in die Zukunft möchte ich das Geleise des Mutes und des Vertrauens nennen. Zukunft ist kein so eindeutig berechenbares Ding. Da braucht es auch das Geleise des geistigen und kirchlichen Wagens. Nur mit Lärmen allein wird der Zug in die Zukunft nicht abfahren. Ich hoffe, dass es in der Kirche wieder etwas mehr Mut und Vertrauen gibt. Wenn wir alles tun, um aus dem Wort Gottes und der Liturgie etwas halbwegs Vernünftiges zu machen, dann können wir uns darauf verlassen, dass uns die Gnade Gottes begleitet.

      Es stehen in der Kirche viele Fragen an. Das Erste ist die Frage: Was will Gott? Gott will, dass alle Menschen gerettet werden. Dies ist ein fundamentales Dogma. Der Heilswille Gottes ist das Erste und alles andere Menschliche das Zweite.

      Wir brauchen in der Kirche Loks, die über die Grenzen fahren. Paulus ist über die Grenzen des Judentums gefahren. Menschen in der Kirche haben oft Schallmauern durchbrochen. Sie haben dies vermocht, weil sie ein unbegrenztes Vertrauen in Gott hatten.

      Es gibt also eine Reihe Geleise in die Zukunft der Heimatkirche, die bereits mehr oder weniger stark befahren werden und Hoffnung und Zuversicht vermitteln.

       Gedanken zum Dienst der Kirche in der Welt von Arbeit und Wirtschaft

      TAGUNG

      SALZBURG (1992)

      Ich bin kein Fachmann in der komplizierten Welt des Sozialen und des Ökonomischen. Ich ahne nur, was man wissen müsste, damit man einer wäre. Ich bin von meiner Lebensgeschichte her Seelsorger, Religionslehrer, Jugendseelsorger und Beichtvater gewesen. Ich kann mich nicht für etwas ausgeben, was ich nicht bin.

      Andererseits wäre natürlich auch zu fragen, ob es unbedingt zum bischöflichen Amt gehört, in allem und jedem ein Fachmann zu sein, vorab in allen Bereichen des Weltdienstes der Kirche, wie hier, wo es um die Verwirklichung der frohen Botschaft in der Welt von Arbeit und Wirtschaft geht. Hier gibt es viele Details, für die ich beim besten Willen nicht kompetent bin. Ich möchte auch nicht behaupten, dass sozusagen Bischöfe die denkenden Organe in der Kirche sein sollten, deren Ideen dann die Laien auszuführen hätten. Das widerspräche zutiefst einem Kirchenbild, in dem ein abgestimmtes und wogendes Ineinander von Geist und Gabenverteilung, von Amt und Charisma gilt. Darum war ich ja um den Sozialhirtenbrief der österreichischen Bischöfe so froh, weil hier in einer beispielhaften Art diesem lebendigen Kirchenbild Rechnung getragen wurde.

       Aufgaben eines Bischofs

      Was kann ich nun als eine legitime Aufgabe des Bischofs in solchen Bereichen wie dem, der hier zu Debatte steht, sehen?

      Das eine, was der Bischof wohl leisten soll, ist so eine Art Wachdienst vor der Schatzkammer des Glaubens. Er muss dafür Sorge tragen, dass von dieser Substanz der Botschaft nichts verloren geht, gestohlen oder unterschlagen wird. Aber ich sehe in diesem Kreis keineswegs schwerwiegende Häresien wuchern. Hier scheint mir nur notwendig, dass man immer wieder auf die Wurzeln unserer christlichen Existenz zurückkommt, weil diese Tiefen von den Auseinandersetzungen des Alltags leicht überdeckt und überspielt werden.

      Und eine andere Aufgabe des Bischofs im Bereich der Verkündigung ist sicher im Wort „Bischof“ angedeutet. „Episkopos“ heißt griechisch doch „der, der darüber hinschaut“, und ich lege das in besonderer Weise dafür aus, dass die kirchengeschichtliche Stunde immer dort schlägt, wo die ewige Botschaft und die Ströme der Zeit ineinanderfließen. Und da braucht es vielleicht doch so etwas wie einen „Dienst der Übersicht“, ein weitgespanntes Hineinhorchen in ebendiese Ströme der Zeit, in ihre trüben Defizite und ihre klaren Chancen und Hoffnungen, und auch in die Veränderungen, die heute in den Menschen und Gesellschaften schneller vor sich gehen als in vergangenen Jahrhunderten. Natürlich müssen wir diese Wachheit der Zeit gegenüber allen üben, ja ich bin in meinem Dienst auf viele, viele angewiesen, die da mithelfen zu erhellen, was sich so geändert hat in Bedürfnissen und Sehnsüchten des Einzelnen, in den Erwartungen und Haltungen in der Gesellschaft, an den soziologischen Daten und an den technischen und ökonomischen Entwicklungen. Vielleicht darf und soll der Bischof aus dem Überblick heraus diesen Dienst versuchen, den ihm nun einmal sein Amt heute präsentiert. Ich hielte das für sehr wichtig in der Kirche von heute, und es belastet mich, wenn in unserer Kirche diese Wachheit und nachdenklich-fromme Offenheit verschwindet.

      Vielleicht darf ein immerhin alter Bischof auch noch ein Drittes einbringen: ein Stück Erfahrung. Erfahrung aus Tausenden von Briefen und Gesprächen, aus dem Besuch von Hunderten von Pfarrgemeinderäten und Gremien, aus unzähligen Kontakten mit allen Arten und Gruppierungen beruflicher und weltanschaulicher Prägung, aus vielen tausend Beichten, aus der Geschichte seelsorglicher und organisatorischer Initiativen, aus ihrem Gelingen und Scheitern, und aus einer großen Literatur.

      Aus allem zusammen ergibt sich ein Dienst der Ermutigung, der – so Gott will – nicht in Illusionen, sondern in jener Wahrheit gründet, die frei macht.

      Das musste ich vorausschickend bedenken, damit Sie, liebe Schwestern und Brüder, wissen, wie ich meine Rolle hier verstanden wissen wollte.

       Anruf aus der Offenbarung

      Gerade wenn man ein so schwieriges Feld christlicher Initiative vor sich hat, ist es wichtig, sich mit den in der Heiligen Schrift vorgezeichneten Grundlinien des Heilswirkens vertraut zu machen.

      Und ich möchte dies vor allem hinsichtlich einer Spannung tun, die immer wieder, bei jedem Dienst des Christen an dieser Welt auftritt und die vielleicht beim sozialen Engagement ganz besonders ausgeprägt sein kann, wie die Geschichte beweist. Ich meine die Spannung zwischen horizontal und vertikal, zwischen Glaubenstiefe und gesellschaftlichem Einsatz, zwischen Formung der Überzeugung und Engagement und sozialpolitischem Alltag, zwischen Meditation und Aktion.

      Vertikales

      Es gibt in der Kirche entsprechend der Verschiedenheit der Aufgaben, Herausforderungen und Geistesgaben verschiedene Akzentuierungen von horizontal und vertikal, und es muss sie immer geben. So braucht jede Zeit, auch die unsere, den spirituellen Akzent, das Mühen um persönliche Tiefe, das Ergreifen der ewigen Hoffnung, der unendlichen Motivation und des tröstenden Geheimnisses. Jeder Karmel, jede charismatische Gruppe, jeder meditative Fotoband verfolgt diesen Akzent. Natürlich heißt das nicht, dass Christen mit diesem Akzent sozial desinteressiert sein müssten. Die frommen Frauen im Karmel wissen über Sandlerschicksale oft besser Bescheid als so mancher Sozialbürokrat. Aber gerade eine Zeit wie die unsere schreit nach dieser vertikalen Linie. Ich werde noch in einem anderen Zusammenhang darauf zurückkommen.

      Horizontales

      Und dann gibt es den anderen Akzent, nach dem die Situation unserer Welt auch schreit, den Akzent, den Sie in besonderer Weise zu verwirklichen suchen: das konkrete Sich-Kümmern um die Gestalt der Welt, um die Wahrung familiengerechter Löhne und Freizeitordnungen, um die Chancen der Frauen in der Arbeitswelt und die Asylgesetzgebung, um ein menschliches Betriebsklima und die Eindämmung des Nur-Ökonomischen, um das Fingerlegen auf das Unrecht und die Lücken der sozialen Sicherheit, um die Erhaltung eines Gesprächsklimas ohne Rückgriff auf Klassenkampf-Mentalitäten, um die Situation der Dritten und ehemaligen Zweiten Welt. … Aber auch dieses Engagement kann und muss verbunden sein mit dem Gang in die Stille, mit dem Lesen der Schrift, und zwar der ganzen, nicht nur jener Stellen, die man für das Sozialengagement auswerten kann. Auch beim Dienst an der Welt wissen wir uns auf die Quellen des Heils hin verwiesen.

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