Klein-Doritt. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Klein-Doritt - Charles Dickens страница 54

Автор:
Серия:
Издательство:
Klein-Doritt - Charles Dickens

Скачать книгу

und aufmerksame Fremde wünschte z. B. zu erfahren, ob sie die Kartoffeln gereicht wünsche. Seine ausdrucksvollste Bewegung wäre jedoch gänzlich an ihr verloren gewesen, und was sollte er tun? Niemand konnte sagen: »Mr. Finchings Tante, wollen Sie mir erlauben?« Jeder ließ den Löffel liegen wie Clennam und war verwirrt und verlegen.

      Nun kam Hammelbraten, Beefsteak und Apfelpastete – nichts was in entfernter Beziehung zu einem Gänserich stand, und das Diner ging fort wie ein verzaubertes Fest, was es wirklich war. Es hatte eine Zeit gegeben, wo Clennam an diesem Tisch saß und Flora allein seine Aufmerksamkeit zugewandt hatte. Jetzt bemerkte seine Aufmerksamkeit wider seinen Willen bei Flora nichts, als daß sie dem Porter sehr zugetan war, daß sie eine große Menge Sherry mit ihrem Gefühl in Verbindung zu bringen wußte, und daß, wenn sie etwas stark geworden, dies auf sehr materiellen Gründen beruhte. Der letzte der Patriarchen war immer ein großer Esser gewesen, und er vertilgte eine ungeheure Masse solider Nahrung mit dem Wohlwollen einer guten Seele, die jemand andern füttert. Mr. Pancks, der immer große Eile hatte und zuweilen zu einem kleinen, schmutzigen Notizbuche griff, das er neben sich liegen hatte (vielleicht enthielt es die Namen der Verbrecher, auf die er zum Dessert seine Blicke richten wollte), Mr. Pancks verschlang seine Speisen, als ob er Kohlen einnähme, mit großem Geräusch, vielem Fallenlassen, und ab und zu mit einem Schnauben und Prusten, als ob er im Begriffe wäre fortzudampfen.

      Während des ganzen Essens verglich Flora ihren gegenwärtigen Appetit nach Speise und Trank mit ihrem früheren Appetit nach romantischer Liebe, und zwar in einer Weise, daß Clennam kaum die Blicke von seinem Teller erhob. Er konnte sie nicht ansehen, ohne daß sie ihm einen Blick geheimnisvoller Mahnung zuwarf, als wenn sie in einem Komplott miteinander wären. Mr. Finchings Tante saß mit dem Ausdruck der größten Bitterkeit ihn herausfordernd da, bis das Tischtuch weggenommen wurde und die Karaffen erschienen, worauf sie eine zweite Bemerkung vorbrachte, die wie eine Uhr in das Gespräch schlug, ohne an irgend jemanden gerichtet zu sein.

      Flora hatte gesagt: "Mr. Clennam, wollen Sie mir ein Glas Portwein für Mr. Finchings Tante geben?"

      »Das Monument bei der Londoner Brücke«, warf die Dame plötzlich ein, »wurde nach dem großen Londoner Brande errichtet, und der große Londoner Brand war nicht der Brand, bei dem Ihres Oheims George Werkstätten niederbrannten.«

      Mr. Pancks sagte mit seinem früheren Mut: »Wirklich, Madame? Schon gut.« Mr. Finchings Tante jedoch, die durch eingebildeten Widerspruch oder andere Ungerechtigkeit gereizt war, brachte, statt zu schweigen, folgende Kundgebung zum besten:

      »Ich hasse einen Narren!«

      Sie gab dieser Sentenz, die an und für sich beinahe salomonisch war, einen so außerordentlich beleidigenden und persönlichen Ausdruck, indem sie sie dem Fremden gerade ins Gesicht schleuderte, daß es notwendig wurde, Mr. Finchings Tante aus dem Zimmer zu führen. Das geschah in aller Ruhe von Flora; Mr. Finchings Tante leistete keinen Widerstand, sondern fragte ihrerseits, »weshalb der denn hier sei«, mit der unversöhnlichsten Animosität.

      Als Flora zurückkehrte, erklärte sie, daß ihr Legat eine gescheite Frau, aber bisweilen etwas sonderbar sei und leicht Abneigungen fasse – Eigentümlichkeiten, auf die Flora eher stolz zu sein schien, als nicht. Da Floras Gutmütigkeit bei der Angelegenheit an den Tag trat, hatte Clennam nichts mehr gegen die alte Frau, die sie ans Licht gebracht, nun, da er von ihrer unheimlichen Gegenwart befreit war; und sie tranken ein bis zwei Gläser im Frieden. Da er voraussah, daß der Pancks in kurzem unter Segel gehen, und daß der Patriarch sich schlafen legen werde, so erklärte er, daß er notwendig seine Mutter besuchen müsse, und fragte Mr. Pancks, wohin er gehe.

      »Nach der City, Sir«, sagte Pancks.

      »Gehen wir zusammen?« sagte Arthur.

      »Sehr angenehm«, sagte Pancks.

      Indessen murmelte ihm Flora in raschen abgebrochenen Sätzen ins Ohr, daß es eine Zeit gegeben und daß die Vergangenheit ein gähnender Schlund sei, daß ihn keine goldene Kette mehr binde, und daß sie das Gedächtnis des verstorbenen Mr. Finching ehre, und daß sie halb zwei Uhr andern Tags zu Hause sei, und daß die Schicksalsfügungen unwiderruflich seien, und daß sie nichts für so unwahrscheinlich halte, als daß er je pünktlich um vier Uhr nachmittags auf der nordwestlichen Seite von Gray's Inn Garden spazierengehe. Er versuchte beim Scheiden seine Hand offen der Flora von heute – nicht der verschwundenen Flora oder der Sirene – zu geben, aber Flora wollte sie nicht nehmen, konnte sie nicht nehmen, sie fühlte sich außerstande, sich und ihn von ihren früheren Existenzen loszuschälen. Er verließ das Haus in sehr peinlicher Stimmung und um so viel verwirrter als je, daß, wenn er nicht glücklicherweise ins Schlepptau genommen worden wäre, er für die erste Viertelstunde irgendwohin sich hätte treiben lassen.

      Als er in der kälteren Luft und entfernt von Flora wieder zu sich zu kommen begann, fand er Pancks in voller Arbeit, die magere Weide der Nägel, die er an seinen Fingern fand, abnagend und bisweilen schnaubend. Dies, in Verbindung mit seiner einen Hand in der Tasche und seinem gegen den Strich gebürsteten Hut, der nach vorne gedrückt war, dies alles waren offenbar die Umstände, unter denen er nachdachte.

      »Eine frische Nacht!« sagte Arthur.

      »Ja, es ist sehr frisch«, stimmte Pancks bei, »als Fremder fühlen Sie das Klima mehr als ich. Ich habe wahrhaftig auch gar nicht die Zeit, mich darum zu kümmern.«

      »Sie führen ein so geschäftiges Leben?«

      »Ja, ich habe immer etwas zu besorgen, immer nach etwas zu sehen. Aber ich liebe die Geschäfte«, sagte Pancks, etwas näher kommend. »Wozu ist der Mensch sonst da?«

      »Zu sonst nichts?« fragte Clennam.

      Pancks stellte die Gegenfrage: wozu sonst? Auf dem engsten Raume war damit eine Last, die auf Clennams Leben geruht, zusammengefaßt. Er antwortete darum nicht.

      »Das ist es, was ich unsre Wochenmieter frage«, sagte Pancks. »Einige von ihnen machen lange Gesichter und sagen: So arm, wie Sie uns sehen, Herr, arbeiten, placken und quälen wir uns doch jede Minute, die wir wachen. Ich antworte ihnen: Wozu seid ihr sonst da? Das schneidet alles ab. Sie haben nicht ein Wort, das sie antworten könnten. Wozu seid ihr sonst da? Das trifft den Nagel auf den Kopf.«

      »Schlimm, schlimm, schlimm!« seufzte Clennam.

      »Hier bin ich«, sagte Pancks, seine Verhandlung mit dem Wochenmieter fortsetzend. »Wozu glaubt ihr denn, daß ich sonst da sei? Für nichts sonst. Mich frühzeitig aus dem Bett aufzuraffen, mich in Bewegung zu setzen, mir so kurze Zeit wie möglich zum Essen zu gönnen und immer in dieser Lebensweise auszuharren. Halten Sie mich immer dabei fest, ich werde Sie dabei festhalten. Das ist die ganze Pflicht eines Mannes in einem Handelslande.«

      Als sie schweigend etwas weiter gegangen, sagte Clennam: »Finden Sie keinen Geschmack an irgend sonst etwas, Mr. Pancks?«

      »Was meinen Sie mit Geschmack?« versetzte Pancks trocken.

      »Lassen Sie uns Neigung sagen.«

      »Ich habe eine Neigung, Geld zu gewinnen, Sir«, sagte Pancks, »wenn Sie mir zeigen wollen, wie.« Er blies wieder einen Ton von sich, und sein Begleiter merkte zum ersten Male, daß dies seine Art sei zu lachen. Er war in jeder Beziehung ein eigentümlicher Mann: er mochte es nicht gerade ernst meinen; aber die kurze, harte, rasche Weise, wie er diese Schlacken von Grundsätzen auswarf, als geschähe es durch mechanische Umdrehung, schien unvereinbar mit einem Scherz zu sein.

      »Sie sind vermutlich kein großer Leser?« sagte Clennam.

      »Ich lese nie etwas als Briefe und Rechnungen. Ich sammle

Скачать книгу