Schreiben und Lesen im Altisländischen. Kevin Müller

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Schreiben und Lesen im Altisländischen - Kevin Müller Beiträge zur nordischen Philologie

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nach Skálholt einlud, und er meinte, dass es besser sei, sich in Skálholt als in Skagafjǫrðr aufzuhalten‘ (Übers. KM). Hier ist das Lexem bréf nun explizit im Akkusativobjekt von rita erwähnt und durch einen Explikativsatz ergänzt, welcher wieder die BOTSCHAFT paraphrasiert. Subjekt ist Þórðr Hítnesingr, ein angeheiratener Verwandter der Sturlungenfamilie (vgl. StS2 136), der somit der Oberschicht angehörte und auch lesen konnte (vgl. StS2 152). Es gibt jedoch keine Hinweise auf einen geistlichen Rang. Offen bleibt, ob Þórðr als Wert des Attributs ABSENDER oder SCHREIBER betrachtet werden kann. Der EMPFÄNGER des Briefes ist Þorgils im Präpositionalobjekt mit til. Der Brief musste auch hier von einem Boten transportiert werden, der nicht erwähnt ist. Es ist auch nicht bezeugt, ob der Brief ein Siegel trug.

      Dem dritten Beleg aus einem späteren Teil der Íslendinga saga, der nur in Papierabschriften erhalten ist, fehlt wiederum das Lexem bréf:

      c) Hallvarðr flutti ok konungsmál við Vestfirðinga ok kom því svá, at allir hétu at koma til Þórsness-þings um várit ok sverja konunginum þar land ok þegna. Var þetta þá ritat norðr til jarls ok neitt ǫllum þeim álǫgum, sem áðr hafði hann samit við bændr norðr þar. (StS2 318).

      Hallvarðr [gullskór] trug die Sache des Königs mit den Leuten aus den Westfjorden vor und erreichte dann, dass alle versprachen, im Frühling an den Þórsnes-Thing zu kommen und dem König die Gefolgschaft zu schwören. Das wurde dann nach Norden an den Jarl geschrieben und alle Bedingungen wurden abgelehnt, die er vorher mit den Bauern im Norden vereinbart hatte (Übers. KM).

      Rita ist passiv und sein Subjekt ist das Demonstrativpronomen þetta, welches auf den vorhergehenden Satz verweist. Es steht also für den INHALT des Schreibens, der mit dem folgenden Satz noch ergänzt wird. Der EMPFÄNGER ist Jarl Gizurr Þorvaldsson, wiederum im Präpositionalobjekt mit til. Ausserdem gibt es das Richtungsadverb norðr ‚nach Norden‘, welches auf das ZIEL, den Aufenthaltsort des Empfängers im Norden Islands verweist. Somit kommt hier ein neues Attribut hinzu. Der SCHREIBER ist unbekannt, dürfte aber im Gefolge von Hallvarðr gullskór, einem Gesandten des norwegischen Königs gewesen sein, welcher wohl der ABSENDER des Schreibens war. SCHRIFTTRÄGER und BOTE sind Leerstellen, die auch im Kontext nicht zu finden sind.

      Alle drei Belege haben ein Präpositionalobjekt mit til für den EMPFÄNGER gemeinsam mit den Werten jarl und sturlungr. Neben dem Empfänger, welcher eigentlich schon ein Ziel darstellt, kommt zusätzlich noch ein Attribut ZIEL hinzu mit dem Adverb norðr als Wert, um zwischen einem personellen und einem lokalen Ziel zu unterscheiden. Die anderen Ergänzungen sind zum Teil Leerstellen. Das Lexem bréf ist nur einmal explizit erwähnt und kommt bei den anderen beiden Belegen im Kontext nicht vor. Es steht für das SKRIPT, das in der Regel auf einem Pergamentblatt mit Siegeln steht. In zwei Fällen kommt ein Objekt- bzw. Explikativsatz mit der BOTSCHAFT des Briefes vor, in einem wird hingegen mit dem Demonstrativpronomen þetta auf sie verwiesen. Das Agens kommt nur in zwei Belegen vor. Es kann im Gegensatz zur Jóns saga helga sowohl für den SCHREIBER als auch den ABSENDER stehen. Die Werte sind höhergestellte Laien. Es bleibt offen, ob sie schreiben konnten, man darf aber annehmen, dass sie Schreiber in ihrem Gefolge hatten, vermutlich Geistliche. Allen drei Belegen gemein ist also eine Konstellation von ABSENDER, BOTSCHAFT bzw. SKRIPT und EMPFÄNGER als Füllungen in einer Konstruktion rita e-t til e-s. Die anderen Attribute des Frames aus der Jóns saga helga BOTE, SKRIPT, SCHRIFTTRÄGER und SIEGEL sind Leerstellen.

      3.2.6. láta rita/ríta e-t ‚etw. schreiben lassen‘

      Das Verb rita/ríta kommt in der Sturlunga saga dreimal in der Kausativkonstruktion láta ‚lassen‘ + Inf. vor. Bei diesen drei Belegen kommen wegen des Infinitivs immer rita und ríta in Frage. In der Diathese Kausativ werden die thematischen Rollen verschoben: Das Agens kommt in ein zweites Akkusativobjekt, während das Subjekt eine weitere Rolle, den Causer, ausdrückt. Dieser Causer steht im Schreibframe für das Attribut AUFTRAGGEBER. Auf diesen wurde in der Jóns saga helga mit dem Dativobjekt verwiesen.

      Der erste Beleg aus der Íslendinga saga erwähnt als einziger Snorri Sturlusons Tätigkeit als Autor oder Kompilator in der Sturlunga saga:

      a) Nv tok at batna með þeim Snorra ok Sturlu, ok var Sturla lǫngvm þa i Reykia-hǫllti ok lagði mikinn hvg aa at lata rita sogv-bækr eptir bokvm þeim, er Snorri setti saman (StS1 421).

      Nun begann es zwischen Snorri [Sturluson] und Sturla [Sighvatsson] besser zu werden und Sturla war dann lange in Reykjaholt und war sehr daran interessiert Geschichtenbücher von den Büchern, die Snorri verfasste, (ab)-schreiben zu lassen (Übers. KM).

      Causer und Subjekt von láta rita/ríta ist Snorri Sturlusons Neffe Sturla Sighvatsson. Das Agens, also der SCHREIBER, bleibt eine Leerstelle. Ein möglicher Wert wäre ein Geistlicher, der sich in Reykholt aufhielt. Das eigentliche Akkusativobjekt bzw. das Thema ist sǫgubók ‚Buch mit Sagas, Sagabuch‘ (vgl. Baetke 2002: 513), ein Determinativkompositum bestehend aus dem Modifikator saga und dem Kopf bók. Der Kopf steht für den SCHRIFTTRÄGER. Beim Wert saga kommen mehrere Attribute in Frage. Im rita-Frame trifft sicher das Attribut SKRIPT zu, beim Kompositum sǫgubók handelt es sich allerdings um einen Kodex, der Texte einer bestimmten Sorte enthält. Folglich gehört saga zum Attribut TEXTSORTE. Weil sich die Textsorte u.U. im Skript äussert, hängen diese beiden Attribute eng zusammen. Der INHALT des Skripts bzw. der Textsorte bleibt dagegen offen (vgl. Kap. II.8.2.b.). Wie in der Jóns saga helga kommt auch hier ein Präpositionalobjekt mit eptir für die QUELLE mit dem Wert bók vor, welches vermutlich eine Ellipse von sǫgubók ist, zumal im Falle einer Abschrift die Textsorten mit der Vorlage übereinstimmen. Mit dem Schriftträger bók wird auf ein neues Attribut des QUELLE-Frames verwiesen, welcher die Kriterien einer VORLAGE erfüllt. Das Präpositionalobjekt verweist entweder auf ein Attribut QUELLE oder spezifischer auf ein Attribut VORLAGE.

      Der zweite Beleg stammt aus der Þórðar saga kakala und ist in der Króksfjarðarbók überliefert:

      b) Ok aa stefnunni lét Þorðr lesa upp rollu langa, er hann hafði laatið rita vm skipti þeira Hauk-dæla ok Sturlunga. Birtiz þar aa margr skaði, er Þorðr hafði fengit i manna-láatum (StS2 100).

      Und auf der Versammlung liess Þórðr eine lange Rolle verlesen, die er über die Händel der Haukadaler und Sturlungen schreiben lassen hatte. Darauf wurde ein grosser Schaden kundgetan, den Þórðr an gefallenen Männern erlitten hatte (Übers. KM).

      Der Causer ist hier Þórðr kakali (hann), das Agens wie vorher eine Leerstelle, Thema ist rolla ‚(Schrift-)rolle, Pergamentrolle‘ (Baetke 2002: 505), auf welches die Relativpartikel er referiert. Rolla wäre eigentlich ein SCHRIFTTRÄGER, steht aber metonymisch für das SKRIPT. Das Adjektiv langr ‚lang‘ kann sich sowohl auf die Länge des SKRIPTS als auch des SCHRIFTTRÄGERS beziehen. Zusätzlich gibt es ein Präpositionalobjekt um skipti, welches sich auf den INHALT des Skripts bezieht und den Wert skipti ‚Händel‘ enthält. Im Gegensatz zur Konstruktion rita e-t á e-u, welche die Perspektive auf die Attribute INHALT und SCHRIFTTRÄGER lenkt, verbindet rita/ríta e-t um e-t SKRIPT und INHALT.

      Der dritte Beleg aus der Þorgils saga skarða ist nur in den Papierabschriften erhalten:

      c) Þá er skip tóku at búaz um várit, lét Þorgils rita á vaxspjǫld ok sendi konungi; var þat þar á, at hann beiddi, at konungr leyfði honum at fara til Íslands eða ella til annarra landa, kvaz eigi lengr vera vilja í ófrelsi (StS2 143).

      Als die Schiffe sich im

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