Zeit zählt. Andrew Abbott

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Zeit zählt - Andrew Abbott Positionen – Sozialforschung weiter denken

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Prozess mit Zeitlichkeit – und löst den Begriff auf. Das Stichwort der »Prozesssoziologie« (ebd., S. 519) wird dementsprechend als Synonym für die Arbeiten von Norbert Elias, nicht aber für eine bestimmte soziologische Perspektive oder einen Problemkomplex verwendet.

      In einigen Fällen finden sich allerdings Einträge zu »sozialem Wandel«, die zumindest einen Teilbereich der Beispiele abdecken sollen, die gemeinhin als Prozesse gefasst werden. Mit Wandel sind in der Regel lediglich großformatige gesellschaftliche Veränderungen aufgerufen, etwa im Lexikon Soziologie und Sozialtheorie von Farzin und Jordan sowie im Wörterbuch der Soziologie von Endruweit u.a. Der Begriff ist somit zu eng, um ersatzweise zu leisten, was dem Prozessbegriff in seiner vielfältigen Verwendung in Prozessdiagnosen zugemutet wird.

      11Hans Joas/Wolfgang Knöbl, Sozialtheorie. Zwanzig einführende Vorlesungen, Frankfurt am Main 2004, S. 196, 201.

      12Etwa Andrew Abbott, »Nach dem Chaos: Selbstähnlichkeiten in den Sozialwissenschaften«, in: Christian Dayé/Stephan Moebius (Hg.), Soziologiegeschichte. Wege und Ziele, Berlin 2015, S. 284–307; ders., Prozessuales Denken. Zur deutschen Rezeption siehe Frank Adloff/Sebastian M. Büttner, »Die Vielfalt soziologischen Erklärens und die (Un-)Vermeidbarkeit des Eklektizismus. Zu Andrew Abbotts Soziologie fraktaler Heuristiken«, in: Zeitschrift für theoretische Soziologie 2 (2013), 2, S. 253–267.

      13Siehe etwa jüngst die äußerst kritische und unfaire Rezension seines Buches Processual Sociology (2016) durch Nico Wilterdink (»Driving in a dead-end street: critical remarks on Andrew Abbott’s Processual Sociology«, in: Theory and Society 47 (2018), 4, S. 539–557).

      14Andrew Abbott, »Sequences of Social Events: Concepts and Methods for the Analysis of Order in Social Processes«, in: Historical Methods 16 (1983), 4, S. 129–147, und ders., »Event Sequence and Event Duration: Colligation and Measurement«, in: Historical Methods 17 (1984), 4, S. 192–204.

      15Das ist etwa in Thomas Kuhns bekannter Theorie der wissenschaftlichen Revolutionen der Fall, in der einer ruhigen »Normalwissenschaft« ein revolutionärer wissenschaftlicher Umbruch gegenübergestellt wird; siehe Thomas S. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt am Main 1967.

      16Ausnahmen bestätigen freilich die Regel, wie etwa Howard S. Beckers Analyse des Erlernens des Genusses von Marihuana und sein hier entwickeltes Theorem der Karriere eindrücklich zeigen (Howard S. Becker, Außenseiter. Zur Soziologie abweichenden Verhaltens, hrsg. von Michael Dellwing, unter Mitarbeit von Viola Abernet, 3. Auflage, Wiesbaden 2019 [2014], v. a. S. 41 ff.; siehe dazu auch Thomas Hoebel, »Verkettungen und Verstrickungen. Was wir von Howard S. Becker über die prinzipielle Prozesshaftigkeit des Sozialen lernen können«, in: Nicole Burzan (Hg.), Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018, Essen 2019, S. 1–8). Ebenso eine Ausnahme ist Diane Vaughan, Wenn Liebe keine Zukunft hat. Stationen und Strategien der Trennung, Reinbek bei Hamburg 1988.

      17Abbott, »Sequences of Social Events«, S. 131 f.

      18Ebd., S. 137.

      19Der Aufsatz aus dem Jahr 1983 enthält bereits alle Grundzüge dieser Kritik. Sehr viel systematischer wird Abbott sie in seinem prominenten Aufsatz »Transcending General Linear Reality«, in: Sociological Theory 6 (1988), 2, S. 169–186, entwickeln, der in diesem Band übersetzt vorliegt.

      20Andrew Abbott, »Prologue: An Autobiographical Introduction«, in: ders., Time Matters. On Theory and Method, Chicago/London 2001, S. 1–33, hier S. 11; Abbott, »Transcending General Linear Reality«; kommentierend vgl. auch Jean-Louis Fabiani, »Pour en finir avec la réalité unilinéare. Le parcours méthodologique de Andrew Abbott, in: Annales. Histoire Sciences Sociales 58 (2003), 3, S. 549–565, hier S. 556 ff.; Ivan Ermakoff, »La causalité linéare. Avatars et critique«, in: Didier Demazière/Morgan Jouvenet (Hg.), Andrew Abbott et l’heritage de l’école de Chicago, Paris 2016, S. 397–417, hier S. 399 ff.

      21Didier Demazière/Morgan Jouvenet, »Introduction: Andrew Abbott et sa sociologie«, in: dies. (Hg.), Andrew Abbott et l’heritage de l’école de Chicago, Paris 2016, S. 13–31, hier S. 20 f.; zu den Ursprüngen des Ökologiekonzepts bei den Gründervätern des Amerikanischen Pragmatismus und der Chicago School of Sociology vgl. Daniel Cefaï, »Social Worlds: The Legacy of Mead’s Social Ecology in Chicago Sociology«, in: Hans Joas/Daniel R. Huebner (Hg.), The Timeliness of George Herbert Mead, Chicago/London 2016, S. 165–184.

      22Andrew Abbott, The System of Professions. An Essay on the Division of Expert Labor, Chicago 1988.

      23Lawrence Stone, »The Revival of Narrative: Reflections on a New Old History«, in: Past & Present 85 (1979), 85, S. 3–24.

      24Siehe dazu etwa Marc Rölli (Hg.), Ereignis auf Französisch. Von Bergson bis Deleuze, München 2004; Hans-Dieter Gondek/László Tengelyi, Neue Phänomenologie in Frankreich, Berlin 2011.

      25Abbott, »Event Sequence and Event Duration«, S. 193.

      26Abbott, »Prologue: An Autobiographical Introduction«, S. 8; siehe dazu jüngst ganz ähnlich Tulia G. Falleti und James Mahoney (»The Comparative Sequential Method«, in: James Mahoney/Kathleen Thelen (Hg.), Advances in Comparative-Historical Analysis, Cambridge 2015, S. 211–239), die durchaus in großer Nähe zu Abbott davon sprechen, dass Events im Prinzip wiederholbar seien, Occurrences hingegen nur einmal auftreten (S. 213).

      27Abbott, »Prologue: An Autobiographical Introduction«, S. 8.

      28Insofern unterscheidet sich hier Abbotts Position von derjenigen des Historikers und Soziologen William Sewell, der ihm ansonsten durchaus theoretisch nahesteht. Sewell spricht im Hinblick auf die Events, die für Sozialwissenschaftler von Interesse sind, von »eventful events«, womit er solche Ereignisse meint, die soziale Strukturen grundlegend transformieren (William H. Sewell, »Historical Events as Transformations of Structures: Inventing Revolution at the Bastille«, in: Theory and Society 25 (1996), 6, S. 841–881; ders., »Three Temporalities: Toward an Eventful Sociology«, in: Terence McDonald (Hg.), The Historic Turn in the Human Sciences, Ann Arbor 1996, S. 245–280; siehe dazu auch Robin Stryker, »Beyond History versus Theory«, in: Sociological Methods & Research 24 (1996), 3, S. 304–352). Dieser Ansatz wirft freilich die kritischen Fragen auf, ab wann von einer zureichenden Strukturveränderung zu sprechen ist, wie

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