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hatten sie es gelassen, ihn zu fragen, und seine Antwort akzeptiert.

      Sie hatten ihn trotzdem regelmäßig getroffen. Nicht jedes Mal gemeinsam, sondern auch jeder für sich. Am Anfang war Jana, Tobis Freundin und Mutter seiner Tochter Mia, häufig dabei gewesen, doch gerade in letzter Zeit hatte diese die Treffen der Kollegen untereinander genutzt, um anderen Dingen nachzugehen. Natürlich lag das vor allem daran, dass es Tobi inzwischen deutlich besser ging und er wieder allein zurechtkam. Lange Zeit hatte das anders ausgesehen. Nach seinem Unfall war es noch nicht einmal klar gewesen, ob er überleben würde. Er war allein in seinem Wagen unterwegs gewesen und von einem anderen Auto angefahren worden, sodass sich seines überschlagen hatte. Sein Unfallgegner hatte Fahrerflucht begangen und Tobi einfach sich selbst überlassen. Erst Monate später hatten sie ihn und seine Begleiter durch einen Zufall stellen können, doch das half Tobi in jenem Moment herzlich wenig. Er hatte, direkt, nachdem er sich aus seinem zerquetschten Wagen befreien konnte, das Bewusstsein verloren und war für eine lange Zeit ins Koma gefallen. Und auch nachdem er wieder daraus erwacht war, stand nicht gleich fest, ob er vielleicht den Rest seines Lebens ein Pflegefall bleiben würde. Doch er hatte fleißig seine Therapien absolviert und sich tatsächlich soweit berappelt, dass er seine Motorik wieder im Griff hatte. Dennoch würde er nie wieder der Alte sein. Das wussten sie alle. Vor allem sein Sprachzentrum war durch die vom Unfall hervorgerufene Kopfverletzung in Mitleidenschaft gezogen worden, und noch immer suchte er häufig während eines Gesprächs nach den einfachsten Wörtern, sodass er trotz regelmäßiger logotherapeutischer Behandlung nur langsam sprach.

      »Schön, dass du wieder da bist«, flüsterte sie mit rauer Stimme in Tobis Ohr. Er hatte sie eben in den Arm genommen, so wie zuvor Ben ihn.

      »So schnell wirst du mich nicht los«, erwiderte Tobi, und nun kullerte doch eine einzelne Träne Katharinas Wange hinunter. Sie schob den Kommissar von sich, murmelte »Ein Glück«, und dann sagte sie laut: »So, bevor es ans Arbeiten geht, wird erst einmal zu deinem Wiedereinstand gebührend gefrühstückt. Wer möchte einen Kaffee?«

      Sie wandte sich ab und steuerte auf den büroeigenen Kaffeevollautomaten zu, den sie bereits angestellt hatte, damit das Wasser schon einmal heiß werden konnte.

      »Ich bin zum Teetrinker geworden«, sagte Tobi und setzte fast schon entschuldigend hinzu: »Das verträgt sich besser mit meinen Medikamenten.«

      »Kein Thema«, sagte die Kommissarin, ohne sich umzudrehen, »ist sowieso gesünder. Allerdings haben wir nur Pfefferminztee hier, ist der okay?«

      »Logo«, hörte sie es in ihrem Rücken und musste schmunzeln. Selbst wenn es nur dieses eine Wort war, aber da war er wieder, der alte Tobi, der so unkompliziert war. Wenn sie ihn in den letzten Monaten getroffen hatte, hatte eine Schwermut über ihm gelegen, die ihr manches Mal das Herz zerrissen hatte. Sie war sich sicher, die Arbeit hier mit ihnen im Kommissariat würde ihm guttun. Zwar würde er nur Innendienst machen können, aber er hatte dann wenigstens wieder eine Aufgabe und weniger Zeit zum Trübsal blasen.

      »Ich hätte gern einen Cappuccino«, meldete sich nun Ben zu Wort. »Und dann lasst uns doch am besten direkt an den Besprechungstisch gehen.«

      »Ich nehme einen Latte Macchiato, aber den kann ich mir selbst machen«, erklang jetzt die Stimme von Vivien, die Tobi bei seinem Eintreten eben nur grüßend zugenickt hatte. Der Ton ihrer Stimme erschien Katharina ungewohnt unsicher. Normalerweise war die junge Kommissarin recht forsch, manchmal zu forsch für Katharinas Geschmack, doch in diesem Moment konnte sie Vivien ihre Zurückhaltung nicht verdenken. Auch für die Kollegin war die Situation sicher nicht einfach. Immerhin war sie trotz der drei Jahre, die inzwischen ins Land gezogen waren, immer noch die Neue in ihrem Team und hatte nie die Lücke füllen können, die Tobi durch seinen Ausfall hinterlassen hatte – absolut nicht, was ihre Arbeit betraf, sondern auf der persönlichen Ebene. Ben sah in Vivien Rimkus einfach nur eine Mitarbeiterin, die ihren Job gut machte und das war’s. Katharina hingegen traute Vivien nicht, was in einem Team, zumal in ihrem Beruf, eigentlich unabdingbar war. Das wusste sie selbst, doch sie konnte nicht dagegen an, obwohl sie sich reichlich Mühe gab und Vivien ihr sogar bereits einige Male in brenzligen Situationen geholfen hatte. Es lag schlicht und ergreifend an ihrem gemeinsamen Start, der recht holperig verlaufen war. Darüber hinaus war Vivien ihnen gegenüber ziemlich verschlossen. Auch Katharina schüttete nicht gleich jedem ihr Herz aus, aber darum ging es ihr auch nicht. Vivien hielt etwas vor ihren Kollegen zurück, was diese wissen sollten, das sagte ihr ihr Gefühl, und dies trog sie selten.

      Vivien trat jetzt neben sie, während Ben und Tobi zum Besprechungstisch in Bens Büro gingen, das lediglich durch eine dicke Glaswand vom Gemeinschaftsbüro getrennt wurde. Gleichzeitig war es die Glaswand, an die sie schrieben, wenn sie einen Fall aufzuklären hatten. Heute stand jedoch auch hier, wie auf der Girlande im Gemeinschaftsbüro, in großen Buchstaben »Herzlich Willkommen, Tobi!«.

      »Ich kann dir deinen Latte machen, kannst du dafür die Franzbrötchen auf einen Teller legen? Sie sind in meiner Tasche«, sagte Katharina zu Vivien.

      »Okay«, antwortete Vivien und machte sich ans Werk.

      9:37 Uhr

      Die junge Familie – Mutter, Vater, zwei kleine Kinder – stand am Rand des Grundstücks und schaute gebannt den Arbeiten zu. Achim Brenner hatte sie eben kurz begrüßt, bevor er seine Leute eingewiesen hatte und diese losgelegt hatten.

      In der letzten Woche hatten sie bereits das Haus von allem befreit, das nicht zur Bausubstanz gehörte, damit sie heute mit den eigentlichen Abrissarbeiten beginnen konnten und diese reibungslos vonstattengingen. Sie hatten das in einen kleinen Hügel hineingebaute Haus entrümpelt, die Heizung, das Bad, die Einbauküche und noch einiges mehr entfernt und fachgerecht entsorgt. Achim tat dies jedes Mal in der Seele weh. Natürlich wollte es jeder modern und vor allem nach seinem eigenen Stil haben, wenn er sich ein Haus kaufte. Das konnte er verstehen, und oft waren das Entrümpeln und Entkernen notwendig, da in den vergangenen Jahrzehnten viele Schadstoffe wie Asbest, Blei und Quecksilber verbaut worden waren. Das war auch bei diesem Haus so gewesen. Dennoch hätte man es anders handhaben können, und er fragte sich, woher die junge Familie das Geld hatte, sich das neue Haus leisten zu können. Zumal auch die Wohngegend hier nicht gerade günstig war. Der Lüneburger Stadtteil Wilschenbruch, in dem die meisten Straßen nach Vogelarten benannt worden waren, war nicht nur mit seinen weniger als 1000 Anwohnern der kleinste, er gehörte vor allem zu einem der nachgefragtesten in der Salz- und Hansestadt. Umsäumt von einem ausgedehnten Wald, in dem auch er manchmal mit seiner Frau spazieren ging und durch das die Ilmenau sich ihren Weg bahnte, hatte man hier alles, was man zum Wohlfühlen brauchte: die Natur direkt vor der Haustür und das Stadtzentrum nur knapp drei Kilometer entfernt. Gut, die meisten Wilschenbruch-Häuser standen auf Erbbaugrundstücken, die der Stadt gehörten, was die Sache etwas günstiger in der Anschaffung machte. Allerdings würde er sich gerade deswegen kein neues Haus hinstellen, sondern versuchen, das alte herzurichten. Schließlich konnte man nie sicher sein, bei einem Verkauf seine Kosten wieder reinzubekommen. Andererseits könnte er sich sowieso niemals einen Neubau leisten und auch kein altes Haus. Schon gar nicht in dieser Gegend. Dabei war er mindestens doppelt so alt wie der junge Kerl, der da hinten mit seiner Familie stand. Aber er wollte nicht neidisch sein, dann hätte er viel zu tun! Immerhin wimmelte Lüneburg inzwischen von jungen Familien, die aus Hamburg hierherzogen, weil sie ihre Kinder nicht in einer Metropole aufwachsen lassen wollten und in der Regel von ihren Eltern ein ordentliches Startkapital zu Verfügung gestellt bekommen oder geerbt hatten.

      Achim konzentrierte sich wieder auf das vor ihm liegende Grundstück, auf dem sich ihm das Haus nur noch als Gerippe präsentierte, bereit zum endgültigen Abriss. Das Einzige, was sie heute vorher noch schnell erledigen mussten, war die Entsorgung des Schuppens hinten im Garten. Das hatte ihm die Baufirma, die ihn beauftragt hatte, gestern am späten Nachmittag mitgeteilt. Ursprünglich hatten sie den Schuppen stehen lassen sollen, doch der Bauherr hatte es sich kurzfristig anders überlegt. Natürlich hatte

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