Heideopfer. Kathrin Hanke
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Heideopfer - Kathrin Hanke страница 9
»Patrick?«, hakte Tobi nach.
»Patrick Peters. Entschuldige, ich hab vergessen, dass du ihn noch nicht kennst. Er ist der neue Leiter der Spurensicherung. Guter Mann«, informierte Benjamin Rehder ihn.
»Stimmt, ich glaube, ihr habt ihn einmal erwähnt«, antwortete Tobi. Dann fuhr er fort: »Erinnert ihr euch noch an den Schädelfund in der Ilmenau vor ein paar Jahren? Ich habe gerade Vivien davon erzählt.«
»Ja, jetzt, wo du es sagst … Wir wurden doch auch dorthin gerufen, aber dann hat ein anderes Dezernat den Fall übernommen, oder?«, erinnerte sich Katharina, und auch Ben nickte.
»Ja, stimmt. Die Kollegen haben damals in der Nähe des Schädels noch irgendeine Klamotte gefunden, was für eine, das stand nicht in den Akten, und sie konnte auch dem Schädel nicht zugeordnet werden. Na ja, ihr wisst ja, was die sonst auch noch jedes Jahr bei der Aktion in unserem schönen Flüsschen finden. Fahrräder oder auch Kühlschränke sind da keine Seltenheit. Darum sind die Kollegen seinerzeit wohl auch nicht näher auf das gefundene Kleidungsstück eingegangen. Sie haben auch noch andere Knochenfragmente gefunden. Die waren jedoch von Tieren. Der Schädel war aber eindeutig menschlich. Wer weiß, vielleicht gehört er ja zu der Hand aus Wilschenbruch. Auf jeden Fall konnte nicht geklärt werden, zu wem er gehört. Es war auch kein Vermisstenfall bekannt, zu dem der Fund passte, abgesehen davon, dass auch nicht herausgefunden werden konnte, ob der Schädel zu einer Frau oder einem Mann gehört hatte. Genauso war auch nicht klar, ob ein Verbrechen oder Suizid vorlag, denn der Schädel hatte keine Verletzungen. Einige vermuteten sogar in ihm eine Theaterrequisite, oder dass Schüler das gute Stück aus dem Biologieunterricht mitgehen ließen und in der Ilmenau versenkt haben, wobei hier in der Gegend wohl kein echter Schädel irgendwo fehlte. Meistens sind die ja auch sowieso nachgemacht … Die Aufräumarbeiten haben allerdings um Halloween stattgefunden. Darum hielt sich das Gerücht, dass sich einfach jemand einen üblen Scherz erlaubt und den Schädel kurz zuvor ins Wasser geworfen hatte.« Puh, so viel am Stück hatte Tobi lange nicht mehr gesprochen, aber zu seiner eigenen Überraschung war es ganz gut gegangen, und er war gar nicht so häufig ins Stocken geraten.
»Ach, die Diskussion wegen Halloween und dass er auch aus irgendeinem Fundus stammen könnte, habe ich damals gar nicht mitbekommen«, sagte Katharina interessiert. »Ich frag Frauke da mal, die wird ja ihre Unterlagen dazu noch haben.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, legte Tobi seine Stirn zweifelnd in Falten. »Die rechtsmedizinischen Untersuchungen sind damals in Hamburg gemacht worden. Ich schätze mal, weil unsere Frau Doktor keine Kapazität mehr hatte und das Institut für Rechtsmedizin in Hamburg ja sowieso für unseren Kreis zuständig und unsere Lüneburger Rechtsmedizin nur eine kleine Außenstelle ist.«
»Na, das mit dem klein lass mal Frauke nicht hören«, griente Ben, und auch Tobi musste grinsen, denn sein Chef hatte recht: die Lüneburger Rechtsmedizinerin fand es seit jeher überflüssig, dass das Institut in Hamburg ihr vorgesetzt war, da sie sowieso eigenständig arbeitete. Dies wiederum lag nicht zuletzt an der Tatsache, dass man ihren Fähigkeiten in Hamburg mehr als vertraute, und so hatte sie im Grunde alle Freiheiten, die sie sich auch nahm. Nichtsdestotrotz musste sie regelmäßig an die Hamburger berichten.
»Aber du hast recht, Katharina, frag Frauke trotzdem. Vielleicht kann sie ja in Hamburg mal nach deren Unterlagen fragen. Unsere Kollegen haben den Fall damals zumindest schnell zu den Akten gelegt, wenn ich mich richtig entsinne.«
»Gute Vorarbeit, Tobi, danke. Wer weiß, vielleicht hat ja tatsächlich das eine mit dem anderen zu tun, wir werden sehen«, lobte Ben und ging einen Schritt in Richtung seines Büros, doch Tobi hielt ihn auf: »Warte noch, Ben. Ich glaube, Vivien hat auch was für euch, oder?« Zwar hatte Vivien ihm eben nichts dazu gesagt, aber sie hatte wie er ebenfalls die ganze Zeit an ihrem Computer gesessen und sich zwischendurch immer wieder Notizen gemacht. Natürlich hätte sie sich auch von allein zu Wort melden können, aber er wollte ihr und auch Ben und Katharina zeigen, dass er Viviens Arbeit ernst nahm und sie nicht in Konkurrenz zueinander standen, sondern Hand in Hand arbeiteten.
»Ja, ich hab etwas«, meinte Vivien und warf Tobi einen herzlichen Blick zu. »Ich hab mal recherchiert, wer so in den letzten Jahrzehnten in dem Haus gewohnt hat beziehungsweise wem es gehört, aber vielleicht wisst ihr das ja schon?«
»Ja«, bestätigte Katharina, »die neuen Hausbesitzer waren heute durch Zufall vor Ort. Ein junges Ehepaar mit zwei Kindern. Reimann heißen die. Sie wollten ein bisschen beim Abriss zuschauen, und dann kam die böse Überraschung mit der Hand. Das Haus gehört der Frau, die dann jedoch mit den kleinen Kindern weggegangen ist, als die Spusi ihre Arbeit aufgenommen hat. Ihr Mann hat uns dann den Namen der ehemaligen Besitzerin genannt, eine Frau … Moment …«
Katharina zückte ihr kleines Notizbüchlein, blätterte es auf und meinte dann: »Frau Adler, Evelyn Adler. Mehr wissen wir noch nicht.«
»Das deckt sich mit meinen Informationen«, bestätigte Vivien und wollte gerade weiterreden, als Ben sagte: »Lasst uns doch bitte an den Besprechungstisch gehen, dann muss ich hier nicht so herumstehen. Und wie es scheint, habt ihr uns ja so einiges zu berichten. Wie gesagt haben Katharina und ich noch nicht so viel. Die Befragungen der Anwesenden vor Ort haben bisher nichts ergeben. Wir müssen einfach mehr über die Hand wissen und erst einmal die Ergebnisse der Spusi und Rechtsmedizin abwarten.«
Keine zwei Minuten später am Besprechungstisch versammelt, forderte Ben Vivien auf, weiter zu berichten, vorab fragte diese jedoch in die Runde: »Ich mache das chronologisch und fange von hinten an, ist das okay für euch?«
»Ja, sicher, leg einfach los«, antwortete Katharina für sich und ihre beiden männlichen Kollegen.
»Gut, vorweg noch eines: Die Grundstücke in Wilschenbruch sind größtenteils Erbbaugrundstücke. Unseres im Spechtsweg auch. Darum habe ich zum einen eine Liste der Hausbesitzer und zum anderen eine der Pachtzahler angelegt, wobei die sich nur in einem Fall unterscheiden, aber vielleicht ist das ja mal wichtig für uns.«
»Soll ich an der Glaswand mitschreiben, dann haben wir die Namen alle vor Augen?«, bot Katharina an.
»Ich denke, das brauchst du nicht, so viele Personen habe ich gar nicht, aber klar, wenn du möchtest«, antwortete Vivien.
»Kann ja nicht schaden«, erwiderte Katharina, erhob sich und stellte sich mit gezücktem Stift, den sie sich vorher von Bens Schreibtisch gegriffen hatte, an die Wand.
»Gut«, sagte Vivien und begann: »Ich überspringe mal den historischen Teil über Wilschenbruch und insbesondere den Spechtsweg, in dem 1920 die ersten Häuser errichtet wurden, aber ich denke mal, so lange müssen wir auch nicht zurückgehen.«
»Wahrscheinlich nicht«, gab Benjamin Rehder ihr mit einem zustimmenden Lächeln recht.
»Für das besagte Grundstück im Spechtsweg hatten wir übrigens Glück«, fuhr Vivien fort, »hier ist die Stadt Lüneburg Erbbaurechtgeber. Es gibt auch private Erbbaurechtsgeber in Wilschenbruch, und dann hätte es sicher länger gedauert, bis ich Informationen bekommen hätte.«
»War das immer schon so mit diesen Erbbaugrundstücken?«, wollte Katharina wissen.
»Nicht immer, aber in den letzten 60 Jahren«, antwortete Vivien »und die bin ich ungefähr auch zurückgegangen. Damals gehörte das Haus Jürgen Kruse, der im Übrigen auch als Pachtzahler gelistet ist.«
Katharina schrieb an die Glaswand »Hausbesitzer« und daneben