Limoncellolügen. Gudrun Grägel

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Limoncellolügen - Gudrun Grägel

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      »Okay, aber dann müssen wir reden.«

      »Versprochen.«

      Alles ist ruhig. Vermute mal, sie küssen sich.

      Hmm, Mia und Niveo. Ist mir echt nicht aufgefallen. Aber gut, ich bin erst zwei Tage hier und es war ja einiges los. Und selbst ich kann meine Antennen nicht nach allen Richtungen justieren, bin schließlich kein Satellit. Endlich! Die beiden traben ab und ich kann mich aus meiner unwürdigen Position befreien. Ich leg mich aufs Bett und verschränke die Hände im Nacken. Was wollte Niveo Mia so Dringendes sagen? Was ist so wichtig, dass die Nachricht über die Schwangerschaft fast untergeht? Überhaupt, Schwangerschaft … Heißt das jetzt, dass Niveo …? Mir fällt das Telefonat von gestern ein. Hat er doch etwas mit dem Tod von Julian Weigel zu tun? Wovor hat er Angst? Ich mein, heute mit den zwei Typen, da hat er ja auch komisch reagiert. Wird Zeit, dass Vinc morgen kommt, ich brauche jemanden, mit dem ich meine Beobachtungen besprechen kann. Greta will ich nicht damit behelligen, die hat genug am Hals.

      Ich spring wieder aus dem Bett. Bin viel zu unruhig zum Entspannen. Ich schlüpf in meine Espadrilles und spaziere durch die Olivenhaine nach oben, Richtung Tremosine. Das laute Geschrei der Zikaden beruhigt mich, bin gerade lieber hier oben als unten zwischen fröhlich lauten Touris am Strand. Ich bleib stehen und lausche. Das Geräusch verstummt. Aber nur für ein paar Sekunden. Dann geht’s wieder los, gefühlte Lautstärke eines Hubschraubers. Na ja, fast. Nach einer Weile kann ich das Tier orten. Unscheinbar graubraun und kleiner als erwartet zirpt es sich, getarnt am Baumstamm, die Seele aus dem Leib. Ich leg mich ins Gras und mach die Augen zu. Die Luft ist unbeschreiblich … warm, würzig, weich, ich kann’s nicht besser benennen. Egal, auf jeden Fall mega. Als ich wieder aufwache, knallt mir die Sonne ins Gesicht. Okay, noch ein paar Minuten, bevor die Küche ruft. Ich rutsche in den Schatten und verfolge die vereinzelten Wölkchen, die am Himmel vorbeiziehen. Schönwetterwolken – sag ich mal, bin aber kein Experte auf dem Gebiet.

      Die Pause war wie ne Regenerationsdusche. Der Apfelkuchen fürs Frühstück morgen ist fertig, grünen Spargel und Frühlingszwiebeln für den Rotbarsch im Gemüsesudpäckchen vorbereiten, Alufolie für die Schiffchen ist ausreichend da. Okay. Curry-Huhn-Ananas-Soße für die Farfalle köchelt vor sich hin, ich nehm ne Kostprobe – passt. Fast. Vielleicht noch ne Prise Muskat, ich schnuppere am Glas. Na ja, das Aroma schwächelt … Egal, nehm ich halt ne Prise mehr, was Paps nicht weiß … Hmm, perfekt. Ich stell den Topf bis zum Abend in den Kühlraum. Wo ist die Tomatensoße? Steht eine ausreichende Menge im Kühlschrank. Ja dann, um den Rest soll sich Niveo kümmern.

      Ist zwar kein Fünf-Sterne-Menü, aber ich bin zufrieden. Die Gäste offensichtlich auch, die Auswahl der drei Menü-Alternativen wird relativ ausgeglichen angenommen. Beim Hauptgang schielen ein paar Fleischfetischisten neugierig, wenn nicht sogar neidisch von ihrem Kalbsschnitzel in Weißweinsoße auf die Teller mit den Alupäckchen samt Rotbarbe und Spargel. Ohne falsche Bescheidenheit – es schmeckt so gut, wie es aussieht. Hat Niveo bestätigt, Carlo hat’s gnädig abgenickt und die Gäste loben den Koch in den höchsten Tönen. Ich bewahr mir natürlich absolutes Pokerface. Wenn die wüssten, dass seit gestern eine 26-jährige Deutsche den Chefkochposten übernommen hat! Na ja, das Geheimnis wird sich früh genug rumsprechen, einige von den Stammgästen wissen es eh schon.

      Endlich. Der Speisesaal ist verlassen, die Tische bereits eingedeckt fürs Frühstück, die meisten Gäste sind unten im Ort, ein Elvis-Presley-Imitator macht die Promenade unsicher und sorgt für leere Hotelterrassen. Verschnaufpause fürs Personal, wozu ich mich seit zwei Tagen auch zählen darf. Ich bereu’s nicht, wäre aber nix für immer. Die Hände im Nacken verschränkt, lehn ich mich im Stuhl zurück und strecke die Beine unterm Tisch aus. Tut gut, war ein ereignisreicher Tag. Ich gähne ausgiebig. Von den anderen lässt sich keiner blicken, nur Greta wirft ab und zu einen Blick raus zu den Gästen, zwei Pärchen, Mitte 50, die einträchtig unter der Markise sitzen und am Wein nippen. Sie macht aber keine Anstalten, sich zu mir zu gesellen. Was treiben die lieben Kollegen alle? Ich steh auf. Müdigkeit kontra Neugier. Vinc würde bös ablästern, so viel ist klar. Aber er ist nicht da, also kann er mich auch nicht aufhalten. Noch ein Brüller für Vinc. Die Idee, dass er mich aufhalten könnte, würde seinen Spott über meine Neugier noch toppen. Vinc’ Quasi-Anwesenheit belebt mich. Gut gelaunt mach ich mich auf die Suche nach den Rinaldis. Keiner da im gesamten Rezeptionsbereich. Auch Greta ist wieder verschwunden. Okay, dann sind sie sicher oben, in den privaten Räumen der Familie. Ein Appartement für Mia, eine Wohnung für Greta und Adriano, plus Laura und Davide. Und einen Bereich für die Eltern. Nach der Saison ziehen die Alten in ihr Haus in Tremosine, Mia will nach Mailand, hat Greta mir erzählt … Beim jetzigen Stand der Dinge hab ich da allerdings Zweifel. Aha, die Tür zum Privatbereich steht offen, aus dem hinteren Teil dringen Stimmen. Unschlüssig bleib ich vor der angelehnten Tür stehen. Sie sind in Gretas Wohnung, was mir irgendwie die Legitimation zum Eintreten erteilt, wie ich finde. Die Tür wird von innen aufgerissen, ich spring erschrocken zur Seite. Greta stürmt an mir vorbei. »Dicke Luft«, raunt sie mir zu und eilt nach unten. Ich geh rein und bleib erst mal im Flur stehen. Die Versammlung findet in der Wohnküche statt.

      »Was willst du uns so dringend sagen, Mia?«, fragt Adriano.

      Den gestressten Ton kenne ich von heute früh, am Pool. Klar, unten warten die Gäste.

      »Beruhige dich!«, ruft Mia aufgebracht. »Ich habe gesagt, dass ich auf Niveo warte.«

      »Niveo, Niveo, draußen sitzen Gäste, die wollen bedient werden. Wir leben schließlich alle von ihnen.«

      »Jaja, die Leier kenn ich!« Mia scheint jetzt wirklich wütend zu sein. »Einmal! Einmal bitte ich euch um etwas! Und das ist schon zu viel!«

      »Entschuldige, Schwesterchen«, beschwichtigt Adriano, »aber du weißt ja, wie das ist. Uns gibt es halt nicht während der Saison.«

      Greta erscheint wieder auf der Bildfläche, im Schlepptau Niveo. Na endlich, denk ich, und quetsch mich unauffällig hinter ihnen in die Küche.

      »Doro, gut, dass du da bist«, platzt Adriano heraus, als er mich sieht – so viel zum Thema unauffällig! –, »kannst du unten übernehmen?«

      »Nicht nötig«, wehrt Greta ab, »ich habe die Klingel auf die Theke gestellt und den Gästen Bescheid gesagt. Die sind erst mal versorgt. Wenn es läutet, kannst du ja gehen, okay?«

      Die Frage gilt mir, ich nicke, will die Aufmerksamkeit nicht weiter auf mich lenken, sonst kommt noch einer auf die Idee, dass ich nicht zur Familie gehöre – wo ich das Ganze doch nur ungern verpassen würde. Ist ja irgendwie auch ne Personalversammlung …

      Niveo lehnt neben Mia an der Küchenzeile, Adriano und Greta sitzen mit den Eltern am Tisch und schauen die beiden gespannt an. An den Türrahmen gelehnt, harre ich der Dinge. Wenn die wüssten, was ich weiß, dann wären sie nicht so ruhig.

      Mia fasst nach Niveos Hand. Mir entgeht das minimale Zucken von Vittorios Augenbrauen nicht.

      Mia räuspert sich. »Papà, mamma, ich wollte es allen zusammen sagen, um den ewigen Heimlichkeiten ein Ende zu machen. Niveo und ich, wir lieben uns und wir wollen heiraten.«

      Stille. Jetzt zucken nicht nur die Augenbrauen vom alten Rinaldi, sein ganzes Gesicht ist in Aufruhr. Aber er sagt keinen Ton. Kein gutes Zeichen, befürchte ich. Mia schluckt, wirft einen kurzen Blick zu Niveo. Der drückt ihre Hand, überlässt aber ihr das Reden. Ist wahrscheinlich auch gesünder für ihn, wenn ich das aufziehende Gewitter in Vittorios Miene richtig interpretiere. Die Ruhe vor dem Sturm.

      Mia räuspert sich. »Tut mir leid, wenn es für euch überraschend kommt, aber es ist beschlossene Sache. Fürs Erste wollen wir bei Niveos Familie leben. Vielleicht eine Pizzeria eröffnen oder ein kleines Hotel.

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