Die Messermacher. Petra Mehnert

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Die Messermacher - Petra Mehnert

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ein paar Kleidungsstücke kaufen konnte. Dass momentan allerdings kein Metzger im Ort war und angeblich auch die neue Ärztin wieder aufhören wollte, war nicht so gut für die Gemeinde.

      „Lenk dich nicht dauernd mit anderen Gedanken ab, Reno!“, schimpfte sich der alte Mann leise murmelnd selbst, während er an der Kasse wartete. Nur eine Frau war noch vor ihm und erst jetzt registrierte er die weißen Haare. In diesem Moment drehte sich die Frau um und strahlte ihn an.

      „Reno! Auch hier zum Einkaufen?“, fragte sie, ohne nachzudenken, denn dass er etwas eingekauft hatte, sah sie ja an den vielen Dingen in seinem Korb. Reno jedoch war zu höflich, um so einer dummen Frage große Bedeutung beizumessen und so sagte er nur:

      „Wenn ich gewusst hätte, dass du auch einkaufen musst, hätten wir ja auch mit dem Auto gemeinsam fahren können.“

      „Nein, nein. Ich fahre, zumindest bei diesem herrlichen Wetter, sehr gerne mit dem Rad. Du bist zu Fuß hier, nehme ich an?“, fragte sie freundlich, während sie ihre Sachen einpackte und dann zu der Verkäuferin sagte, sie solle alles bitte aufschreiben. Renos fragenden Blick und den leicht genervten Blick der Verkäuferin ignorierte sie einfach. Mit Blick auf ihren draußen wie verrückt herumhüpfenden Hund verkündete sie:

      „Ich muss los – Amigo hasst es, wenn er draußen warten muss. Man sieht sich …“, und schon war sie weg.

      „Wird Zeit, dass die mal wieder einen Roman verkauft“, murmelte die Verkäuferin mehr zu sich selbst, doch Reno hatte sie genau verstanden. Seine Augen waren zwar nicht mehr ganz so gut, aber seine Ohren schon. Schriftstellerin war sie also, folgerte er aus den Worten der Dame, die nun eifrig seine Waren aus dem Korb zog und alles eintippte. Amüsiert beobachtete er sie, denn es war eine uralte Kasse, ein riesiges schwarzes Ungetüm mit hohen Tasten und einer Kurbel an der Seite. Den Betrag, den er zu bezahlen hatte, konnte er an vier nach oben gehüpften weißen Tasten mit schwarzen Zahlen ablesen. Solche Kassen waren zu seiner Jugendzeit höchst modern gewesen. Es freute den alten Mann, dass es doch noch ein paar solche urige Dinger gab, die sogar noch einwandfrei funktionierten. Beim Klingeln der Kasse sprang die Schublade auf und dieser Ton versetzte Reno wieder in seine Schulzeit. Schon wieder wollte er sich von anderen Gedanken ablenken lassen, doch die Kassiererin holte ihn in die Gegenwart zurück.

      „Haben Sie es nicht kleiner? Auf einen Zweihunderter kann ich nicht rausgeben! Wenn ich ehrlich bin, hab ich so einen noch nie gesehen“, gestand sie kleinlaut. Anscheinend schämte sie sich, das zugeben zu müssen.

      Reno schaute bestürzt in seinen prall gefüllten Geldbeutel und musste feststellen, dass er außer Zweihundertern und sogar einem Fünfhunderter nichts Kleineres dabei hatte. Bedauernd schüttelte er den Kopf.

      „Was machen wir denn nun? Kann man bei Ihnen auch mit Karte bezahlen?“, fragte er hoffnungsvoll, obwohl er nirgends ein Eingabegerät sehen konnte.

      „Nein, das haben wir auch nicht. Also entweder legen Sie die Sachen wieder zurück oder ich lege Sie Ihnen beiseite, Sie gehen zum nächsten Bankautomaten und kommen dann mit kleineren Scheinen zurück.“

      „Wo ist denn der nächste Automat? Ich bin nämlich nicht von hier“, fragte Reno schnell, denn hinter ihm wurden zwei alte Damen langsam ungeduldig. Ja, die Rentner – die hatten nie Zeit!

      „Gleich um die Ecke ist unsere kleine Sparkasse. Da gibt es auch einen Automaten. Soll ich die Sachen also zurücklegen?“, fragte die Verkäuferin nun ebenfalls etwas gereizt.

      „Ja bitte. Das wäre wirklich sehr freundlich von Ihnen und entschuldigen Sie nochmals die Unannehmlichkeiten“, sagte er auch mit Blick auf die wartenden Frauen. Wie erwartet erlagen alle drei Damen seinem Charme und sie beteuerten, das wäre doch nicht so schlimm. Mit einem freundlichen Gruß verließ Reno das Lädchen, um draußen sofort wieder den Kopf hängen zu lassen und schwer seufzend den Bankautomaten anzusteuern. Da hatte man nun über tausend Euro in der Tasche und konnte erst nichts damit anfangen! Wo gab`s denn so was? Doch beim Automaten tat sich ihm die nächste Hürde auf, denn er hatte zwar seine Karte dabei, aber die Pin-Nummer vergessen! Er brauchte sie so gut wie nie, da er sein Geld meist am Schalter seiner Hausbank in Ottenbach abholte und dann immer bar bezahlte. Obwohl er kein waschechter Schwabe war, sah er es trotzdem nicht ein, für jede Zahlung mit der Bankkarte Gebühren zahlen zu müssen. Das hatte er nun davon – hier kam er nicht an Geld heran. Doch plötzlich musste er laut lachen und mit Schwung stieß er die Türe zum Schalterraum auf.

      „So schwungvoll heute schon, der Herr?“, fragte eine hübsche junge Dame freundlich. „Was kann ich für Sie tun?“

      „Ich wollte nur schnell einen Fünfhunderter kleinmachen. Können Sie mir den bitte in Fünfer, Zehner, Zwanziger und Fünfziger wechseln?“, fragte Reno hoffnungsfroh und knallte mit einem entwaffnenden Lächeln den lila Schein auf die Theke.

      „Sie sind kein Kunde unserer Bank?“, fragte Frau Heimlich (so stand es auf ihrem Namensschild).

      „Nein, ich bin normalerweise bei der Volksbank, aber diese haben Sie hier im Ort ja nicht. Ich bin hier auf Urlaub“, stellte Reno klar und sah nun besorgt in das skeptische Gesicht des jungen Fräuleins. Diese war sich anscheinend nicht sicher, ob der Schein echt war, und entschuldigte sich mit den Worten: „Bin gleich wieder da.“

      Was sollte das nun wieder? War der Schein etwa gefälscht? Das konnte doch nicht wahr sein! Diesen Schein hatte er doch direkt aus den Händen seines Hausbankers erhalten. Oder doch nicht? Wo könnte er ihn sonst herhaben? Während die Bankangestellte anscheinend ihren Vorgesetzten konsultierte, verfiel Reno in fieberhaftes Grübeln. Wo hatte er diesen Fünfhunderter her? Er überlegte hin und her und so ganz allmählich kam die Erinnerung zurück: Er hatte ein Messer nach München in seine Stammkneipe mitgenommen und dort verkauft. Schwarz natürlich, also ohne Rechnung und der Typ hatte damals in bar bezahlt – mit einem Fünfhunderter! Niemals wäre Reno auf die Idee gekommen, dass der Schein eine Fälschung sein könnte! Auch das noch – das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt machte er sich durch diesen blöden Schein zusätzlich verdächtig! Ob er einfach ohne diesen vermaledeiten Schein abhauen sollte? Würde er sich dadurch nicht noch verdächtiger machen? Aber er brauchte das Geld dringend für die Bezahlung des Campingplatzes, für die Sachen im kleinen Lädchen um die Ecke und natürlich für Benzin und was zum Essen und Trinken. Schöner Mist! Wurde man für den Besitz eines gefälschten Scheines eigentlich gleich verhaftet oder konnte er sich rausreden, dass er den Schein von seiner Bank erhalten hatte? Würde diese Bank hier den Schein einfach einbehalten?

      Mitten in seine Grübeleien kam die Dame mit einem breiten Lächeln zurück und Reno fiel dabei ein ganzer Felsbrocken vom Herzen. So lächelte nur jemand, wenn alles in Ordnung war, oder wollte sie ihn nur in Sicherheit wiegen und hatte bereits die Polizei angerufen? Dem armen alten Mann brach der kalte Schweiß aus, doch er versuchte, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Krampfhaft lächelnd sah er Frau Heimlich in die Augen und diese erklärte:

      „Alles in Ordnung, mein Herr. Wir sind nur angehalten, solche großen Scheine genauestens zu prüfen, da in letzter Zeit immer mal wieder gefälschte im Umlauf waren. Aber Ihren kann ich nun gerne wechseln. Sagen Sie mir bitte nochmals die gewünschte Sortierung der kleinen Scheine? Brauchen Sie auch ein paar Münzen?“

      Einen tiefen Seufzer unterdrückend meinte Reno nur:

      „Machen Sie einfach, wie Sie denken. Hauptsache, ich kann endlich die kleinen Beträge in den diversen Geschäften bezahlen.“

      „Mit so großen Scheinen ist das wirklich fast überall ein Problem. Vielleicht lassen Sie sich in Zukunft gleich die kleinen Scheine geben?“, versuchte Frau Heimlich ihrem Kunden einen Rat zu erteilen und Reno versprach ganz artig, das in Zukunft zu tun. Natürlich würde er das nicht tun,

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