Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton
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»Moment – da geschieht doch irgend etwas!«, sagte Mitani plötzlich atemlos, und ihre Hand wies hinaus in den Cañon.
Die Luft über dem Wasser schien auf einmal zu flimmern, das Sonnenlicht, das sich in den Wellen brach, wurde zusehends schwächer. Dann breitete sich langsam ein bläulicher Nebel aus, der aus dem Nichts zu entstehen schien. Er wallte auf und ab, verdichtete sich immer mehr und drang auch in die Höhlung unter dem Felsüberhang vor.
Taff schnupperte misstrauisch.
»Das Zeug riecht nach nichts und kann uns, soweit ich das zu beurteilen in der Lage bin, auch in keiner Weise nützlich sein. Es sei denn, dass es sich zu einer Brücke verdichtet, über die wir entkommen können. Warten wir also zunächst einmal ab.«
Seine ohnehin reichlich utopische Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Der blaue Nebel wogte zwar weiterhin auf und ab, veränderte seine Konsistenz aber nicht. Dafür bemerkte Taff wenig später, wie sich seine Sinne zu verwirren begannen. Er sah zu den anderen hinüber und stellte fest, dass es ihnen ebenso erging.
»Was geht hier vor?«, presste Lars mit blassem Gesicht hervor. »Taff, dieser Nebel bringt nichts Positives für uns, das fühle ich. Vielleicht hast du durch das Cavora erst die Zauberer auf uns aufmerksam gemacht, und nun ...«
Er verstummte mitten im Satz, sein Kopf fiel auf die Brust. Caine bemerkte alarmiert, wie auch ihn eine bleierne Müdigkeit überkam, die keinesfalls auf die überstandenen Strapazen zurückzuführen war. Er sah, dass auch die anderen zusammensackten und stellte noch verwundert fest, dass keiner von ihnen die Augen schloss, obwohl sie zweifellos eingeschlafen waren.
Im nächsten Moment setzte auch sein Denken aus. Die sieben Menschen schliefen fest – schliefen mit offenen Augen.
6
Taff Caine träumte so lebhaft wie nie zuvor.
Es erging ihm so, wie vielen Menschen kurz vor dem Erwachen: Er wusste, dass er nur träumte, dass alles, was nun geschah, nicht Wirklichkeit war. Es gelang ihm jedoch nicht, sich aus diesem Traum zu lösen, obwohl er es unbewusst versuchte. Der Bann, dem er unterlag, war selbst für seinen starken Willen zu mächtig.
Im Traum erhob er sich, und alle anderen folgten seinem Beispiel. Er drehte sich um und sah die Felswand der Höhlung vor sich, vom bläulichen Nebel umwallt. Seine blicklosen, offenen Augen waren imstande, metertief durch den Felsen zu sehen und die Gesteinsadern darin zu erkennen. Dann zwang ihn irgend etwas, nach rechts zu gehen, die schlüpfrige Felsleiste entlang, und die anderen kamen hinter ihm her. Er sah auch sie, obwohl sie sich hinter ihm befanden.
Er erreichte das Ende des schädelartigen Überhangs, ging langsam weiter und stand dann vor der steilen Felswand, zwei Meter vor dem Ende der Leiste. Hier drangen die Sonnenstrahlen schwach durch den Nebel und ließen ihn wie ein sich bewegendes Wesen aus lichtblauem Nichts erscheinen.
Irgend etwas sagte Taff, dass er in Wirklichkeit noch immer am alten Platz saß, doch in diesem seltsamen Traum stand er vor der Wand. Er starrte sie lange an, und irgend etwas ging in seinem willenlosen Hirn vor. Erneut sah er die Felsstrukturen ganz deutlich, doch dann begannen sie plötzlich zu verschwimmen. Der skurrile Traum trat in eine neue Phase.
Caine träumte, dass in dem soliden Felsen übergangslos ein fast zwei Meter breiter Spalt erschien, oben durch einen Spitzbogen begrenzt. Wieder veränderte sich etwas in seinem Hirn, eine fremde Kraft verlieh ihm eine bisher ungeahnte Macht. Er träumte eine Fortsetzung des Spaltes, die schräg in die Höhe führte. Er stieg diese Schräge hinauf und sah wieder auf unbegreifliche Weise, dass ihm die anderen folgten. Sie schritten im Gänsemarsch durch eine Spalte, die es nicht gab, gar nicht geben konnte!
Das Vorankommen auf dieser steilen Schräge war nicht einfach, zumal der Fels unter ihren Füßen seltsam nachgiebig schien. Taffs Hirn schuf jedoch bald Abhilfe. Er träumte Stufen auf den Grund der Felsspalte, und sie bildeten sich auch prompt aus. Es war wie in einem Märchen, in dem jeder Wunsch in Erfüllung ging.
Wie lange noch – wann würde das Erwachen in der alten, trostlosen Umgebung kommen?
Noch kam es nicht. Caine stieg die Stufen empor und träumte immer weitere dazu. Seine Freunde waren dicht hinter ihm, er sah ihre blicklosen, weit geöffneten Augen, ihre starren Gesichter. Ein seltsames Gefühl der Zeitlosigkeit kam über seinen träumenden Geist. Jeder Schritt voran schien eine Ewigkeit zu dauern, obwohl er das Gefühl hatte, sich in normalem Tempo vorwärts zu bewegen. Doch was spielte das schon für eine Rolle – dieses seltsame Geschehen war in Wirklichkeit ja nur ein Traum.
Immer wieder schien der Fels vor Taff zurückzuweichen, er wurde zuerst durchsichtig und verschwand dann ganz. Immer wieder entstanden neue Stufen unter seinen Füßen, und er stieg sie geduldig empor. Dann überkam ihn plötzlich eine seltsame Unruhe, und er spürte, dass er nahe daran war, zu erwachen.
Er sträubte sich dagegen, denn irgend etwas sagte ihm, dass er sich dann unten auf der Felsleiste wiederfinden würde, ohne jede Aussicht, der trostlosen Lage zu entkommen. Sein Geist flüchtete sich förmlich in den Traum und erzwang seine Fortsetzung. Wieder wurde der Fels vor ihm instabil, weitere Stufen formten sich, und er erstieg sie.
Dann öffnete sich die Wand plötzlich über ihm, es gab nichts mehr, das es fortzuräumen galt. Eine letzte Stufe entstand vor ihm, er erstieg sie und sah dann eine ebene Fläche vor sich. Sie war nur undeutlich zu erkennen, denn ringsum war es fast vollkommen dunkel. Nur das schwache Licht von Sternen und das eines nahen Mondes erhellten die unwirkliche Szene.
War sie wirklich so unwirklich?
Erstmals kamen Taff Zweifel daran, dass dies alles nur ein Traum sein sollte. Sein Geist löste sich ein wenig aus der Fesselung und vermochte in beschränktem Rahmen wieder eigene Denkprozesse zu vollziehen.
Das Fremde, das Taff bisher beherrscht hatte, schien zumindest teilweise die Macht über ihn zu verlieren. Plötzlich war er gar nicht mehr so sicher, noch immer auf der Felsleiste zu sitzen und alles nur geträumt zu haben. Dort war es feucht und kalt gewesen, hier aber strich ein warmer Wind um sein Gesicht und erinnerte ihn wieder an die Wüste, die nicht allzu weit entfernt war.
Gleichzeitig schwanden die Fähigkeiten, die er in seinem Traum besessen hatte. Er sah nicht länger seine Gefährten hinter sich, sondern hörte nur ihre Schritte und ihre schweren Atemzüge. Das löste einen weiteren Teil des Bannes, dem er zuvor unterlegen war. Taff Caine drehte sich um, das Leben kehrte in seine Züge zurück, seine blicklosen Augen wurden wieder halbwegs klar. Er sah Mitani, die dicht hinter ihm stand und ihn wie erwachend anblickte.
»Was war das, Taff?«, flüsterte sie stockend. »Mein Verstand will mir einreden, dass ich noch immer unten auf der Felsleiste sitze und träume, aber meine Augen zeigen mir etwas ganz anderes. Wie kommen wir hier herauf, Taff?«
Caine zuckte hilflos mit den Schultern.
»Frage mich nicht, ich weiß es selbst nicht«, gab er mit tonloser Stimme zurück. »Das, was wir alle nur zu träumen glaubten, scheint auf irgendeine Art doch Realität gewesen zu sein. Aber wie soll es möglich sein, dass in der stabilen Felswand ein Gang entsteht, dass sich Stufen bilden? Habe ich dies alles tatsächlich geschaffen, auf eine mir selbst unbegreifliche Weise, unter dem Einfluss unbekannter fremder Mächte?«
Lars Gunnarsson erschien neben dem Mädchen und nickte.
»Es muss wohl so gewesen sein, Taff. Das Cavora hat etwas ausgelöst,