Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton
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Die anderen kamen nach und gesellten sich zu ihnen. Der Traum war von ihnen gewichen, aber ihr freier Wille war noch nicht vollständig zurückgekehrt. Sie vermochten zwar die Veränderung und ihre seltsamen Begleitumstände zu erkennen, doch noch immer spürten sie in ihren Hirnen einen fremden Einfluss, der sie hemmte und sich nicht verdrängen ließ.
Dann, von einem Augenblick zum anderen, ergriff er wieder die volle Herrschaft über sie.
Diesmal blieben sie bei vollem Bewusstsein, der Realtraum kehrte nicht zurück. Sie spürten nur den brutalen Zugriff eines fremden Willens, der ihnen einen Befehl erteilte. Dieser war nicht klar akzentuiert, aber seine Tendenz war nicht zu verkennen. Jemand oder Etwas befahl ihnen, sich umzudrehen und loszugehen, in jene Richtung, aus der gedämpft das Rauschen des Flusses zu ihnen drang.
»Taff!«, stieß Mitani alarmiert hervor. »Das Fremde will uns in den Abgrund treiben – wir sollen über den Rand des Schädelfelsens in die Tiefe springen, in den reißenden Strom!«
Die Raumfahrer zuckten zusammen, denn was das für sie bedeuten musste, war ihnen klar. Sie befanden sich jetzt in schätzungsweise siebzig Meter Höhe über dem Flussniveau. Ein Absturz oder Sprung in die tosenden Fluten war gleichbedeutend mit einem Todesurteil für alle sieben Personen!
Caine und seine Gefährten versuchten sofort, sich gegen diese Vergewaltigung ihres Willens aufzulehnen. Sie waren durch ausgezeichnete psychische Schulungen gegangen – vor langer Zeit, noch unter Marschall Drechsler – und geistig besonders stabil. Sie stemmten sich gegen den fremden Befehl und errangen auch einen Anfangserfolg.
Ihre Füße, die sich ohne ihr Zutun bereits in Bewegung gesetzt hatten, stockten wieder. Nur Alexandros Demosthenes ging wie in Trance weiter, Taff griff rasch zu und hielt ihn zurück.
Der Minister wehrte sich jedoch heftig. Orvid Bashkiri kam dem Commander zu Hilfe, erhielt einen Stoß vor die Brust und stolperte über irgendeinen in der Dunkelheit unsichtbaren Gegenstand. Orvid schlug zu Boden und war für kurze Zeit benommen, was bewirkte, dass sich die geistige Fessel in seinem Hirn lockerte. Während Caine weiter mit Demosthenes rang, lag er auf dem Rücken, atmete schwer, und seine Augen starrten in den Nachthimmel.
Er sah eine Gruppe hell leuchtender Sterne, und sein geschultes Astrogatorenhirn identifizierte sie sozusagen automatisch als bekannt. Doch irgend etwas störte ihn an diesem Bild, etwas daran war durchaus nicht so, wie es hätte sein sollen. Als er endlich erfasst hatte, was es war, stieß er einen lauten Schrei aus, denn zu ungeheuerlich war die Schlussfolgerung, die sich aus dem Vorhandensein dieses Störfaktors ergab.
Dieser Schrei riss die anderen wieder aus dem fremden Bann, dem sie erneut zu unterliegen drohten. Statt weiterzugehen, wie es ihnen der oder das Fremde diktieren wollte, wandten sie sich Bashkiri zu, und Taff fragte besorgt: »Was ist los, Orvid? Hast du dich verletzt?«
Er hielt Demosthenes mit einem festen Hebelgriff am gesunden Arm, sein Blick suchte die nur undeutlich wahrnehmbare Gestalt des Astrogators. Lars half Orvid auf die Beine, und dann erklärte der Astrogator aufgeregt: »Da oben – seht ihr die Formation der hellen Sterne? Dies sind die Plejaden, und wir können sieben dieser Sonnen sehen!«
*
»Moment mal«, sagte der Commander und ignorierte weiterhin den fremden Befehl, während er hastig überlegte. »Stimmt, das ist der offene Sternhaufen der Plejaden, dessen hellste Sterne auch auf der Erde zu sehen sind. Weshalb erregt dich ihr Anblick so sehr?«
»Weil ich eben etwas begriffen habe«, gab der kleine Astrogator zurück. »Man nennt dieses Bild auch das Siebengestirn, obwohl wir auf Terra paradoxerweise mit bloßem Auge nur sechs seiner Sonnen sehen können. Zählt einmal nach – wie viele sind es jetzt?«
»Sieben«, sagte Dorit lakonisch und leicht befremdet. Immerhin wurde sie durch den Vorfall, genau wie die anderen, soweit abgelenkt, dass sie dem Befehl zum Selbstmord widerstehen konnte. »Das kann aber daran liegen, dass wir uns hier in einem fremden System befinden, wo die Gegebenheiten anders sind.«
Orvid schüttelte entschieden den Kopf.
»Die Sonne Alderamin ist nur etwa vierzig Lichtjahre von der Erde entfernt, und der Blickwinkel auf die Plejaden ist fast derselbe. Diese sind aber vierhundert Lichtjahre weit weg, hier wie bei uns, es ist also völlig ausgeschlossen, dass wir unter normalen Umständen plötzlich einen Stern mehr sehen können. Es gibt nur eine einzig mögliche Erklärung für das Phänomen: Wir befinden uns weit in der Vergangenheit!«
»Entschuldige, wenn ich immer noch begriffsstutzig bin, Freund«, meldete sich Taff wieder zu Wort. »Vielleicht liegt es an dem blauen Nebel oder dem Fremden in meinen Gedanken, dass ich dir im Augenblick nicht folgen kann. Sei also bitte so nett und erlöse mich und die anderen aus der Unwissenheit.«
Bashkiri nickte eifrig.
»Faktor Eins: Seitdem Menschen systematisch Sternenbeobachtung betrieben haben, waren von den etwa 250 Sonnen dieses Haufens stets nur die sechs hellsten ohne Instrumente sichtbar. Faktor Zwei: Es müssen aber vor langer Zeit einmal sieben gewesen sein, sonst hätte das Bild nie den aus grauer Vorzeit überlieferten Namen eines Siebengestirns erhalten können! Aus diesem ergibt sich Faktor Drei: Wir müssen uns weit, zumindest einige Jahrtausende in der Vergangenheit befinden, als es diesen siebenten Stern noch gab. Leuchtet euch das jetzt ein?«
»In etwa schon«, sagte Luca, ehe Caine etwas erwidern konnte. »Einer dieser hellen Sterne muss also irgendwann erloschen oder sonst irgendwie abhanden gekommen sein. Dass wir ihn jetzt und hier sehen, bedeutet also, dass wir uns in einer Zeit befinden, als es ihn noch in voller Pracht gab. Habe ich das korrekt formuliert, Herr Sternengucker?«
»Gut nachgebetet, möchte ich sagen«, schwächte der Astrogator ironisch ab. »Jetzt erhebt sich aber folgende Frage: Wie sind wir so weit in die Vergangenheit gelangt?«
»Durch den Transmitter in der Kuppelhalle!«, sagte Taff, denn der Begriff »Zeitreise« war ihm wie der übrigen Crew seit diversen Erlebnissen durchaus nicht mehr fremd. »Er hat uns nicht nur auf diesen Mond hier gebracht, sondern auch in eine andere Zeit. Das erklärt auch, weshalb es auf diesem Trabanten der Rhea noch eine Atmosphäre und Leben in vielerlei Formen gibt.«
Es gab eine plausible Erklärung, und das milderte den sonst unausbleiblichen Schock für die Menschen um einiges ab. Sie dachten intensiv über ihre Lage nach und verdrängten dadurch völlig den fremden Einfluss auf ihre Hirne. Er wurde zu einem fernen Ruf irgendwo im Hintergrund, den sie mühelos ignorieren konnten.
Das gelang sogar Demosthenes, der nun fragte: »Wie kommen wir aber jetzt wieder in unsere Zeit zurück?«
Das war eine Frage, die unausbleiblich auch die anderen beschäftigte.
Sie waren, auf dem Umweg über die Unterwelt auf Nimboid, in all dies buchstäblich hineingestolpert, ohne es zu wollen. Ihre Lage war alles andere als beneidenswert, aber keiner dachte daran, sich einfach mit ihr abzufinden. Dieser fremde Mond war nicht ihre Welt, sie gehörten weder auf ihn noch in die Vergangenheit!
Ihre Erlebnisse mit den Amazonen, die gespenstische Fahrt auf dem subplanetaren Fluss und das, was danach gekommen war, wurden für sie bedeutungslos. Ihr Überlebenswille erwachte, der Wille, in die Zeit zurückzukehren, in der sie ihre Aufgabe als »Hüter der Menschheit« wahrzunehmen hatten.
Es würde neue Gefahren für sie geben, aber daran waren sie längst gewöhnt. Sie brannten nun förmlich darauf,