Unheimlich. Ursula Isbel-Dotzler

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Unheimlich - Ursula Isbel-Dotzler

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Schlurfen draußen auf dem Flur vor unserem Zimmer – und das Geräusch kam näher…

      Ich dachte: Wenn das so weitergeht, überlebe ich diese Nacht nicht!

      Dann klopfte jemand an unsere Tür. Ich hatte so ein Gefühl, als würde das Blut in meinen Adern stocken, so wie es immer in Romanen heißt. Kristin fuhr im Bett hoch. Im Licht eines aufzukkenden Blitzes sah ich sekundenlang ihr Gesicht und ihr wirres Haar. Ihre Augen waren weit aufgerissen.

      „Hast du das gehört?“ wisperte sie.

      „Ja“, zischte ich zurück. „Mach nicht auf!“

      „Vielleicht ist’s der Schweinepastor“, flüsterte Kristin hysterisch. „Der Pastor mit dem Kopf unter dem Arm!“

      Obwohl ich genau wußte, daß das Unsinn war, mußte ich mich doch zwingen, nicht aufzuschreien. Ich starrte in die Dunkelheit, die dem Blitz folgte, und dachte: Der Teufel soll mich holen, wenn ich noch mal freiwillig in so einem alten Haus Ferien mache. Der Teufel soll mich holen, wenn…

      Wieder klopfte es, diesmal lauter. Dann rief eine Stimme: „Hallo, Mädchen! Ist alles in Ordnung mit euch?“

      Es war Professor Zetterlund. Zum zweitenmal in dieser Nacht wurde mir ganz schwach vor Erleichterung. Kristin sprang aus dem Bett, machte Licht und öffnete die Tür.

      Ihr Vater stand im Morgenmantel auf der Schwelle, mit zerzausten Haaren und Filzpantoffeln. Ohne seine Brille sah er seltsam jung und hilflos aus, gar nicht wie ein würdevoller Professor. Er blinzelte wie ein verirrter Vogel ins Licht und sagte: „Ihr habt doch sicher auch nicht schlafen können, wie?“

      „Nein“, sagte Kristin. „Der Krach könnte Tote aufwecken.“

      Manchmal wäre es mir wirklich lieber gewesen, sie hätte sich nicht so deutlich ausgedrückt.

      Ihr Vater erwiderte: „Hoffentlich habt ihr euch nicht gefürchtet? Ich wollte mal nachsehen, ob ihr auch in Ordnung seid.“

      „Natürlich haben wir uns nicht gefürchtet“, schwindelte Kristin. „Wir haben’s lustig gefunden, was, Frankie?“

      „Sehr lustig“, sagte ich. „Haha!“

      Professor Zetterlund warf mir einen verwirrten Blick zu. „Ein derartiges Unwetter habe ich hier noch nie erlebt“, sagte er. „Hoffentlich ist der Blitzableiter noch in Ordnung. Ich habe mich leider nie darum gekümmert. Mit solchen Sachen kenne ich mich nicht aus.“ Er fuhr sich mit den Fingerspitzen durch die Haare, daß sie noch wilder nach allen Seiten abstanden. „Wenn ihr wollt, könnt ihr mit mir in mein Arbeitszimmer kommen, dann trinken wir etwas auf den Schrecken. Einen Sherry vielleicht, das beruhigt.“

      „Gute Idee“, sagte Kristin.

      Auch ich war froh über Professor Zetterlunds Vorschlag. Wahrscheinlich mochte er ganz einfach in dieser schrecklichen Nacht nicht allein sein. Auch Erwachsene sind nicht immer so stark und mutig, wie man sie sich vorstellt oder wünscht.

      Wir zogen unsere Bademäntel an und folgten Kristins Vater den Flur entlang und die Treppe hinunter. Der Regen prasselte gegen die Fensterscheiben. Die Zweige eines Baumes scharrten wie Finger über das Glas. Der Wind blies durch sämtliche Fugen, so daß die Flurlampe leicht im Luftzug schwankte.

      Als wir an dem großen Spiegel in der Halle vorüberkamen, erhaschte ich einen Blick auf mein bleiches Gesicht. Meine braunen Augen starrten mich verängstigt aus dem fleckigen Glas an, und die dunklen Haare fielen mir ins Gesicht. Ich sah aus wie eine Zigeunerin.

      „Ich glaube, das Schlimmste ist vorüber“, sagte Professor Zetterlund über die Schulter. „Wenn der Regen richtig einsetzt, gehen kaum noch Blitze nieder.“

      Ich hoffte, daß er recht hatte; doch als wir ins Arbeitszimmer kamen, sahen wir hinter den Fenstern noch immer ferne Blitze zucken. Im Garten war ein junger Baum umgestürzt.

      „Was für eine Nacht!“ sagte Kristins Vater. Wir setzten uns in die großen Ledersessel. Der milde Schein der Arbeitslampe auf dem Schreibtisch wirkte anheimelnd und beruhigend.

      Professor Zetterlund brachte Decken, in die wir uns einwickelten, und ging dann in den Keller, um eine Flasche Sherry zu holen. Ich sah mich in seinem Arbeitszimmer um. Es war das erstemal, daß ich es betreten hatte. An den Wänden hingen große Fotos von Ausgrabungsstücken – alten Ringen und Spangen, Vasen und Münzen. Der Schreibtisch war unter einem Wust von Papier kaum noch zu sehen. Ich fragte mich, wie sich der Professor in dem Berg von Papieren, Büchern, Schriftstücken und Briefen zurechtfand.

      „Immer noch die gleiche alte Schreibmaschine!“ sagte Kristin und deutete kopfschüttelnd auf ein Tischchen am Fenster. „Auf der hab ich schon herumgehackt, als ich noch ein Knirps war.“

      Ihr Vater kam mit dem Sherry und drei Gläsern auf einem Tablett zurück, und sie fügte hinzu: „Daß du dir keine elektrische Schreibmaschine kaufst, Vater!“

      Er suchte zwischen den Büchern und Papieren nach einem Platz, um das Tablett abzustellen. „Wieso? Das alte Ding da hilft mir beim Denken“, sagte er fast liebevoll.

      „Was schreibst du denn gerade?“ fragte Kristin.

      „Ein Buch über die Wikingerfunde in Gotland.“ Er ließ sich im Sessel hinter seinem Schreibtisch nieder, und wir tranken vom Sherry. „Das waren Ausgrabungen an einer uralten Siedlungsstätte. Wir haben bedeutende Funde gemacht.“ Er stockte. „Leider hatten wir Pech. Die kostbarsten Stücke sind gestohlen worden.“

      „Gestohlen?“ wiederholte ich.

      „Ja“, sagte der Professor. „Während der Ausgrabungsarbeiten hatten wir die wichtigsten Fundstücke im Raum einer Baubaracke verwahrt, der verschlossen und bewacht war. Eines Tages fanden wir den Wächter bewußtlos vor. Man hatte ihn niedergeschlagen, die Tür aufgebrochen und die Fundstücke gestohlen.“

      „Toll! Was waren denn das für Sachen?“ fragte Kristin interessiert und goß sich ein zweites Glas Sherry ein.

      „Oh, Spangen, Reife und Broschen aus Gold und Silber, mit farbigen Steinen und Perlen verziert, kleine Figuren, Amulette mit Runenzeichen, die man früher für zauberkräftig hielt – lauter wunderbare Dinge von unschätzbarem Wert.“ Professor Zetterlund seufzte. „Immerhin waren die Fundstücke schon fotografiert und registriert. Wir haben also wenigstens Bildmaterial davon. Der Raub ist damals durch alle skandinavischen Zeitungen gegangen.“

      „Hat man den Dieb je gefunden?“ fragte Kristin.

      Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Nein, bis jetzt nicht. Vielleicht hat er im Auftrag eines leidenschaftlichen Sammlers gehandelt, wer weiß. Es wurde sogar vermutet, daß einer von uns – ich meine, ein Mitglied des Ausgrabungsteams – die Fundstücke an sich genommen hätte. Aber das ist natürlich barer Unsinn.“

      „Hm“, sagte Kristin. „Archäologen sind auch bloß Menschen; was weiß man? Du hast das Zeug doch wohl nicht im Keller versteckt, wie?“

      Sie grinste ihren Vater wie ein Kobold an. Der Professor fand wohl, daß seine Tochter manchmal einen etwas seltsamen Humor hatte, denn er lachte nicht.

      „Was redest du da für dummes Zeug!“ sagte er ungewöhnlich scharf. „Laß mich das nie wieder hören, verstehst du! Natürlich weiß

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