Luis Suárez. Luca Caioli

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Luis Suárez - Luca Caioli

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und ein Schnappschuss nach dem nächsten kam zum Vorschein.

      Ein Foto zeigte die Kinder von Deportivo Artigas mit Luis vor dem Tor, ein anderes den Hof des Freizeitzentrums Salto-Ost, auf dem Kinder mit verschränkten Armen und ernstem Gesichtsausdruck in die Linse schauen – genau wie die erwachsenen Spieler vor wichtigen Partien. Die Trikots waren rot mit weißen und blauen Streifen, die Hosen hellblau. „Die Hemden sind mehr oder weniger die gleichen wie bei Independiente aus Argentinien“, meinte Sergio.

      Aber wo war Luis? Den konnte man kaum erkennen. „El Chango“ deutete mit dem Zeigefinger auf einen Jungen in der zweiten Reihe: ein großer Kopf mit dunklem Haar und breitem Grinsen. „Aber hier müsstest du ihn erkennen“, meinte Sergio beim nächsten Bild. Die Kinder standen der Größe nach aufgereiht neben einem ziemlich holprigen Rasenplatz. Auf dem Foto befand sich auch Sergio, deutlich jünger und mit dunkelbraunem Haar. Luis war der Dritte von unten. Er trug ein wenig zu große Hosen und unterdrückte ein Lachen – es sah aus, als stünde er kurz vorm Platzen.

      Ein weiteres Foto des Stürmers in spe im Tor: Pilzkopffrisur, Typ Beatles in den 1960er Jahren. Auf einem anderen steht Luis in orangenem Trikot mit den Händen hinter dem Rücken in der zweiten Reihe, direkt neben seinem Onkel. Der versucht gerade verzweifelt, ein anderes Kind zu bändigen, das einfach nicht stillstehen will. Es folgte das nächste Foto, dieses Mal eines seiner eigenen Söhne, bei einem Spiel der Junioren von Nacional. „In meiner Familie spielen wir alle Fußball“, sagte er. „Mein Sohn hat es in der Jugend von Nacional versucht, aber sie haben ihn am Ende doch nicht genommen.“

      Noch ein Familienfoto, dieses Mal der Onkel mit Luis und dessen Bruder Maxi. Neben ihnen steht Braian Rodríguez, ebenfalls ein Profi aus Salto, der später in Spanien bei Betis Sevilla spielte. Dann war es Zeit für das Mittagessen. Ich wollte nicht länger stören, auch wenn Sergios Frau meinte, dass man doch nach dem Essen noch weitergucken könne. Aber bevor ich ging, hatte ich noch eine Frage: „Was ist denn deine verrückteste Erinnerung aus der Zeit?“

      Sergio lachte und antwortete: „Das Lustigste, woran ich mich erinnere, war, als Luis einmal mitten im Spiel die Hand hob. Dann fragte er den Schiedsrichter, ob er das Spiel anhalten könne, damit er mal kurz aufs Klo gehen kann. Ein anderes Mal, als er so ungefähr fünf Jahre alt war, stand er auf dem Platz und sah plötzlich seinen Bruder Paolo unter den Zuschauern, wie der gerade eine leckere heiße Pizza mampfte. Luis kickte daraufhin den Ball weg und lief zu Paolo rüber, weil er auch ein Stück abhaben wollte. Aber Paolo sagte ihm, er solle gefälligst abhauen und weiterspielen. Luis hat das überhaupt nicht eingesehen und angefangen zu heulen. Er wollte doch auch Pizza.“

      Allerletzte Frage: „Luis hat oft gesagt, dass du ihm gezeigt hast, wie man mit dem Ball umgeht. Was genau hast du ihm beigebracht?“ Sergio antwortete: „Gar nichts habe ich ihm beigebracht. Die Grundlagen hatte er ja schon. Alles, was er erreicht hat, hat er sich selbst zu verdanken.“ Bei Braian Rodríguez hörte sich das ganz anders an. Ich besuchte Braian beim Abschlusstraining vor der Partie gegen UD Almería. Der damalige Betis-Stürmer, der im Kindesalter ebenfalls bei Deportivo Artigas spielte, hatte die Ratschläge von „El Chango“ noch genau im Ohr: „Er hat uns die Liebe zum Fußball gelehrt und dass man sie mit Leidenschaft leben muss. Das waren wichtige Ratschläge, die wir seit der Kindheit verinnerlicht haben.“

      Braian weiter: „Er hat uns gezeigt, wo man auf dem Platz hinlaufen muss, wie man mit dem Ball umgeht, wie man ihn erobert, wie man sich freiläuft, wie man einen Spielzug abschließt. Er hat uns eingebläut, dass Fußball ein Mannschaftssport ist und kein Einzelwettbewerb; dass man den Ball auch abspielen muss. Alles Dinge, die ein Kind nicht unbedingt weiß und sofort versteht. Er war ein toller Lehrer. Ohne seine Hilfe wären wir keine Profis geworden.“

      Bevor er nach Trainingsende unter die Dusche ging, sinnierte Braian, den Ball zwischen den Füßen und ein Lächeln im Gesicht, noch einmal über seine ersten Fußballerjahre: „Das waren schöne Zeiten. Wir hatten einfach Spaß, und wir haben eine Menge gelernt. Wenn der Dezember vor der Tür stand und wir die Termine für die Mini-WM wussten, waren wir total aufgeregt. Alle wollten gewinnen und den Titel holen, beste Mannschaft und Torschützenkönig werden. Für uns war das einfach nur ein großes Fest.“

      Über Luis sagte Braian: „Mein Vater war auch in der Armee, genau wie der von Luis. Er stand bei Deportivo Artigas im Tor. Als Kind habe ich zusammen mit Luis im Verein gespielt. Im Tor hat er gut gehalten, draußen war er schnell und ein Schlitzohr, genau wie sein Vater. Er konnte mit seiner Spielweise locker zwei oder drei Gegenspieler stehen lassen.“

      Und weiter: „Gegen unsere Mannschaft hat keiner gewonnen. Keiner wollte gegen uns spielen. Etwas später, als Luis sieben Jahre alt war, ist er mit seiner Familie nach Montevideo gezogen. Noch ein paar Jahre später bin ich dann auch dorthin, weil ich bei Cerro angefangen habe. Viele Spieler aus Salto entwickeln sich dank der Kinderliga, der Bolzplätze und des Kickens auf der Straße super und träumen bald davon, nach Montevideo zu gehen, zu Nacional oder Peñarol. Und danach kommt vielleicht der große Sprung nach Europa. In eine andere Welt.“

      1994 tat Rodolfo Suárez dann etwas, was eigentlich nur wenige tun: Er bat um seine Versetzung zu einem Infanteriebataillon in Montevideo. Nur Luis wollte nicht aus Salto weg. Niemand konnte ihn überzeugen, weder mit Zuckerbrot noch mit Peitsche. Also blieb er noch einen Monat bei seiner Tante, bevor er dann doch der Familie hinterherzog. Danach kam er nur noch gelegentlich nach Salto.

      Heute ist Luis ganz auf Montevideo fixiert, anders als Cavani, der erst mit 16 Jahren nach Montevideo ging und bei jeder Gelegenheit wieder nach Salto kommt. Dann frönt er seinem Hobby – Angeln im Río Uruguay –, besucht die Familie, trifft sich mit Jugendfreunden und lädt seine Akkus wieder auf. Luis dagegen hat den Großteil seiner Jugend in Montevideo verbracht, dort leben seine Mutter, sein Vater und seine Geschwister. Auch Einladungen der Stadt Salto und seiner Grundschule hat er ausgeschlagen. Deshalb heißt es mitunter, er sei kein echter „Salteño“. Eigentlich aber ist es nur die klassische Geschichte von einem, der früh im Leben fortzog – er hat der Kindheit in Salto ganz einfach „adiós“ gesagt.

      KAPITEL 3

      Tapetenwechsel

      Der Umzug nach Montevideo

      Vom Norden in den Süden, von der Provinz in die Metropole zu ziehen, das tut man auf der Suche nach Arbeit, für einen Traum oder einfach, um seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Den Weg aus Uruguays Hinterland in die Hauptstadt gehen viele Uruguayer, darunter auch die Familie Suárez Díaz.

      Sie packten all ihr Hab und Gut auf einen Lastwagen, und zwei Tage später bestiegen Luis’ Mutter Sandra und die Kinder einen Bus, der sie entlang der Weiden mit grasenden Rindern in die Hauptstadt brachte. Dort wurden sie schon von Vater Rodolfo erwartet. Luis sollte eine Metropole kennenlernen, die heute Heimat von 1,4 Millionen Menschen ist, ungefähr 40 Prozent der Bevölkerung Uruguays.

      Dort sah Luis auch zum ersten Mal den Río de la Plata, diese riesige, majestätische, ja schier endlose Wasserfläche, durch deren ockerfarbene Wellen riesige Containerschiffe schneiden, mit Kurs auf den Hafen oder den Atlantik. Das Ufer der Flussmündung verläuft entlang der gesamten Stadt und wird eingefasst von der Rambla, der Uferstraße. Sie verbindet die dort gelegenen Stadtviertel miteinander und führt an zahllosen Parkplätzen, Stränden und Hochhäusern vorbei, die steil über das Wasser ragen.

      In der Ciudad Vieja, der Altstadt mit dem Hafen, umkreist die Rambla gewissermaßen die Avenida de 18 Julio, die wohl belebteste Geschäftsstraße Montevideos. Sie beginnt an der Plaza Independencia, am Übergang von der Neu- zur Altstadt. An dieser Stelle wurde 1928 der Palacio Salvo eröffnet, das damals höchste Gebäude Lateinamerikas, das nach Plänen des italienischen Architekten Mario Palanti errichtet wurde. Der exzentrische Bau ist das Wahrzeichen Montevideos und auf quasi allen Postkarten und Werbeprospekten

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