Lesbische Träume und 11 andere erotische Novellen. Sarah Skov
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„Ich muss los“, sagt er bestimmt und schaut auf seine Armbanduhr. „Schön, dass Sie hier sind.“
Ich betrachte ihn, während er die Treppe hinter mir zu seiner Kollegin herunterläuft, die ihn gerade gerufen hat. Wenn sie miteinander sprechen, lehnt er sein Gesicht zu ihrem Ohr. Allmählich herrscht Betrieb. Ein Mann fragt, ob er den Stuhl nehmen dürfe, auf dem Sebastian eben noch gesessen hat.
„Klar“, sage ich.
Als ich in die Dunkelheit des Kinos trete, reißt Sebastian meine Karte ab.
„Viel Spaß“, sagt er und zwinkert wieder.
Ich bedanke mich und erröte abermals. Die anderen Leute in der Schlange merken es nicht. Ob es Sebastian wohl aufgefallen ist? Ich nehme meinen gewohnten Platz ein. Wenn ich meine Karte am Schalter kaufe, bitte ich immer um diesen. In der Mitte, wo die anderen Zuschauer sowohl vor, als auch hinter mir sitzen. Es ist am besten, wenn man nicht zu nah aneinander sitzt. Auf der großen Leinwand läuft noch Werbung, die Beleuchtung ist gedämpft. Ich orientiere mich im Saal. Nach der Werbung öffnet sich der Vorhang ganz, und das Wort „Zentropa“ erscheint in großen Buchstaben auf der Leinwand. Dann beginnt der Film. Im Licht der Notausgangsschilder kann ich Sebastian an der Tür herumhantieren sehen, die er anschließend von außen schließt. Ich versinke in der Handlung des Films und vergesse mich selbst.
Als das Licht wieder angeht, geht Sebastian zügig durch den Saal. Er öffnet die Ausgangstür, die direkt in den Hinterhof des Kinos führt. Wie die anderen Gäste erhebe ich mich, und ziehe meine Jacke an. Ohne, dass es jemand merkt, steige ich vorsichtig wieder in meine hohen Schuhe. Nach einem langen Tag tut es gut, die Füße zu entspannen, natürlich nur, wenn man genug Abstand zu den anderen Zuschauern hat. Es hat etwas, den Teppich durch die Nylonstrümpfe zu spüren.
Die Zuschauer strömen in Richtung Ausgang. Sebastian verabschiedet sich von ihnen, wünscht ihnen noch einen netten Abend oder ein schönes Wochenende. Er lächelt strahlend. Ich fühle die kalte Luft von draußen, ehe ich mich der Tür nähere. Ich sorge dafür, dass ich den Saal als Letzte verlasse. Sebastian wünscht auch mir noch einen schönen Abend. Ich nicke und wünsche ihm noch viel Spaß bei der Arbeit.
„War schön, Sie zu sehen“, sagt er, als ich gerade an ihm vorbeigelaufen bin.
Ich drehe mich um.
„Ebenso.“
„Wir sehen uns bald wieder.“
War das eine Aufforderung? Ein Wunsch von seiner Seite, mir in diesem Rahmen wieder zu begegnen?
Auf dem Heimweg habe ich eine ungewohnte Energie. Die Fahrradtour fühlt sich kürzer an als sonst. Es nieselt, aber es macht mir nichts aus. Ich grüße alle mir entgegenkommenden Fahrradfahrer, und lasse andere vor, wenn ich die Straße überqueren muss. Mein Rock sitzt stramm, was mich normalerweise nervt, heute aber nicht. Als ich zu Hause ankomme, lasse ich mir ein heißes Bad ein. Das ist eigentlich nichts Neues, das mache ich oft am Wochenende. Während das Wasser aus dem Hahn sprudelt, hole ich Kerzen aus dem Wohnzimmer und Wein aus dem Kühlschrank. Ich überprüfe ein letztes Mal, ob ich die Tür zugeschlossen habe, und begebe mich ins Badezimmer. Bevor ich in die Wanne steige, sehe ich meinen Körper im Spiegel. Ich bekomme oft zu hören, dass ich mich gut gehalten habe, und heute sehe ich es selbst.
Wenn Sebastian zwischen den anderen Studenten sitzt, verweilt mein Blick länger als gewöhnlich auf ihm. Sein Verhalten an der Universität unterscheidet sich markant von der Autorität, mit der er mir im Kino begegnet ist. T-Shirt und Jeans. Flache Schuhe und verwuscheltes Haar. Aus den Reihen schenkt er mir ein anderes, verheißungsvolleres Lächeln.
Ich werde unruhig, wenn ich an ihn denke. Das liegt nicht nur an der überschüssigen Energie des Kinoabends. Immer häufiger sehe ich sein Gesicht vor mir, wenn ich allein im Büro bin. Ich sehe ihn mit anderen Augen. In meinen Gedanken betrachte ich mich nicht länger als seine Dozentin. Dennoch spreche ich an der Universität nicht mit ihm. Er ist immer von Freunden umgeben. Er ist beliebt, und ich verstehe, warum. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass er mich häufiger als sonst ansieht, wenn er sich mit seinen Freunden unterhält, auch wenn ich mir nicht sicher sein kann. Diese Unsicherheit ist merkwürdig. Ich bin eine ganze Ecke älter als er. Ich bin Dozentin. Er ist Student. Ich war verheiratet. Das war er ganz sicher nicht. Ich habe noch nie die Grenze zu einem jungen Mann überschritten, erst recht nicht zu einem Studenten. Früher habe ich so etwas keinen Gedanken geschenkt.
Mir fällt auf, dass Sebastian jeden Freitag Schicht hat. Wenn ich ihm im Foyer begegne, grüßt er mich, ab und zu wechseln wir ein paar Worte. Er ist immer gut gelaunt, als ließe er sich von nichts und niemandem aus dem Konzept bringen. Seine Fragen drehen sich meistens um das Hier und Jetzt. Keine Vergangenheit. Keine Zukunft. Keine Universität. Wenn ich mich für den Weg zum Kino auf mein Fahrrad schwinge, merke ich, dass ich mich genauso auf Sebastian freue wie auf den Film. Ich bilde mir meine Gefühle nicht länger nur ein.
Vor der Vorstellung bestelle ich mir immer ein Glas Wein. Wenn Sebastian keine Zeit hat, sich zu mir zu setzen, nutze ich die Zeit zu beobachten, wie er sich verhält, wie er mit anderen umgeht. Wie er sein Haar zurechtstreicht, an seinem Gürtel zupft, während er sich unterhält. Immer ganz diskret. Seine Uniform ist verhältnismäßig schlicht. Schwarz von oben bis unten, nur mit dem kleinen Logo des Kinos auf der rechten Brust.
Ich glaube, es gibt ein System. Freitags, wenn die Filme Premiere feiern, tragen sämtliche Kartenabreißer ein Jackett, damit das ganze Szenario authentischer, formeller wirkt. Sebastian steht das Jackett unglaublich gut. Er hat einen geraden Rücken und er überspielt die sprunghaften Bewegungen, die ihm im T-Shirt manchmal unterlaufen. Seine Kolleginnen betrachten ihn mit großen Augen, wenn sie miteinander reden. Er ist eindeutig ein begehrter Mann. Das ist er auch an der Universität. Da schmeichelt es mir umso mehr, wenn er sich an meinen Tisch setzt und einen Teil seiner Zeit opfert, um sich mit mir zu unterhalten. Nach einer Weile kann ich die Diskretion nicht länger einhalten. Wenn Sebastian herschaut, wende ich den Blick nicht mehr ab. Ich halte den Augenkontakt lange aufrecht.
Eines Nachmittags klopft es an meiner Bürotür. Ich habe keine Sprechstundentermine. Es kommt manchmal vor, dass ein Student anklopft, weil er Hilfe bei einem Projekt benötigt.
Ich rechne mit einem Kollegen, also schaue ich vom Computer auf und sage Herein. Sebastian steckt den Kopf durch die Tür. Er fragt, ob er störe, und ob ich ein paar Minuten Zeit hätte. Ich ahne nicht, worum es geht. Er sieht etwas beklommen aus.
Ich setze meine Lesebrille ab und zupfe meine Bluse zurecht, während er eintritt. Er lässt sich viel Zeit. Er schließt die Tür hinter sich und setzt sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tischs. Es ist still. Hin und wieder hören wir andere Studenten draußen den Gang entlanggehen, sonst nichts. Ich neige den Kopf ein wenig und lächle leicht, um ihm klarzumachen, dass er an der Reihe ist, etwas zu sagen.
Sebastian sagt, ich solle ihn unterbrechen, wenn sein Vorschlag verrückt sei, aber es habe sich da etwas ergeben, und er wolle mich gern dazu einladen. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Ich erinnere mich nur zu gut daran, wie es sich anfühlt, wenn man etwas Schwieriges sagen muss, etwas, das abgelehnt werden könnte. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Sebastian schaut mir nicht in die Augen. Er beginnt die Geschichte an anderer Stelle, holt etwas weiter aus. Er erzählt, er habe manchmal Schlussschicht