Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart. Polizeihistorische Sammlung

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Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart - Polizeihistorische Sammlung

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SEK selten ohne Risiko sind, bedarf es – soweit die Zeit es zulässt – einer intensiven Vorbereitung der Einsätze. Trotz allem kommt es manchmal zu unvorhergesehenen Ereignissen, die ein tragisches Ende nehmen.

      So mussten Beamte des Spezialeinsatzkommandos am 23. April 2003 gegen 16:30 Uhr in der Kienitzer Straße im Bezirk Neukölln die Vollstreckung eines Haftbefehls gegen ein Bandenmitglied wegen eines versuchten Tötungsdeliktes durchführen.

      Die SEK-Kräfte hatten gerade die Wohnungstür des Gesuchten gewaltsam geöffnet, als dieser sofort ohne jegliche Vorwarnung mit seiner Faustfeuerwaffe auf den zuerst eindringenden Beamten, den 41-jährigen Roland K., schoss und ihn tödlich traf. Der Beamte hatte keinerlei Chance, zu reagieren. Er hinterließ seine Lebensgefährtin mit dem gemeinsamen Kleinkind.

      Über diesen tragischen Todesfall wurde ausführlich in den Medien berichtet. Die Öffentlichkeit nahm in bemerkenswerter Weise Anteil.

      Der Schütze ist 2004 zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskräftig.

      Polizeilicher Staatsschutz in Berlin

      von Horst Brandt

      Den Polizeilichen Staatsschutz in seiner Vielfalt in aller Kürze darstellen zu wollen, heißt einen Parforceritt durch die Geschichte vorzunehmen. Deshalb können aus dieser Entwicklung, die durch Spannung und politische Brisanz geprägt ist, nur Ausschnitte dargestellt werden.

      Zur Verhütung von Attentaten sowie zur Ermittlung und Unterdrückung staatsgefährdender Umtriebe wurde in Preußen die Grundlage für die politische Polizei geschaffen, die jedoch, anders als die 1933 durch Göring errichtete Geheime Staatspolizei (Gestapo), zu keiner Zeit eine selbständige, der Kontrolle der Gerichte entzogene Sonderpolizei war.

      Sie war immer nur ressortmäßig abgegrenzter Bestandteil der allgemeinen Polizei, wie zum Beispiel die „Verkehrspolizei“, die „Bau- und die Gesundheitspolizei“ oder die „Fremdenpolizei“, deren interne Abgrenzung lediglich ein sachliches Arbeitsgebiet umschrieb. Damit konnten und wurden die unterschiedlichsten polizeilichen Tätigkeiten immer nur auf Grund der allgemeinen polizeilichen Vollmacht ausgeübt, und die politische Polizei wurde bereits in Preußen auch als Staatspolizei bezeichnet. Sie war aber immer Teilfunktion der Polizei. Nachdem sich in der Weimarer Republik nach dem Vorbild der Rechtsentwicklung in Preußen ein einheitlicher Polizeibegriff in allen deutschen Ländern nach Maßgabe des preußischen Rechts durchgesetzt hatte, wurde der Schutz des Staates, seiner Einrichtungen und seiner Organe nicht nur als eine legitime Funktion der Polizei im Rahmen ihrer Generalvollmacht anerkannt, sondern wegen seiner rechtsstaatlichen Methoden auch international geschätzt. Unmittelbar nach der bedingungslosen Kapitulation des „Dritten Reiches“ im Jahre 1945 war zunächst ein Stillstand der Rechtspflege in Bezug auf politische Delikte durch Suspendierung der für diesen Bereich bestehenden Straf- und Nebengesetze eingetreten, sodass die Verfolgung politischer Straftatbestände, wenn überhaupt, von alliierten Militärgerichten in den jeweiligen Besatzungszonen beziehungsweise -sektoren von Groß-Berlin durchgeführt wurde. Mit der Spaltung Berlins im Jahre 1948 übernahm der damalige Polizeipräsident für Berlin, Dr. Stumm, die Amtsgeschäfte und -befugnisse, etablierte das Präsidium am 28. Juli 1948 in der Friesenstraße in Berlin-Kreuzberg und übertrug innerhalb der Abteilung K (Kriminalpolizei) der Dienststelle KI F 5 die Bearbeitung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgrund des Kontrollratgesetzes Nr. 10. Natürlich stand bei der Neubildung der Länder und des Bundes nach 1945 der Wiederaufbau einer politischen Polizei innerhalb der allgemeinen Polizei und erst recht die Wiederentwicklung einer selbständigen mit Sonderrechten ausgestatteten Staatspolizei wegen der mit der Gestapo gemachten negativen Erfahrungen zunächst nicht zur Debatte.

      Als sich aber nach Entstehen der Bundesrepublik Deutschland, dem sich daraus entwickelnden politischen Leben und dem Wirksamwerden der Einrichtung östlicher Nachrichtendienste erkennen ließ, dass erneut Straftatbestände wie Hochverrat, Staatsgefährdung, Landesverrat etc. berührt werden würden, wurde die Schaffung adäquater Gesetze erforderlich. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951 wurden deshalb neue Rechtsvorschriften über politische Delikte in das StGB eingefügt und beim Polizeipräsidium Berlin aus der Abteilung V heraus das Dezernat V1 (S) geschaffen und ihm auf Grund der BK/O (49) 123 die Aufgabe übertragen, alle polizeilichen Maßnahmen gegen Gefahren zu treffen, die die verfassungsmäßige Ordnung bedrohen, wie sie letztlich in der amtlichen Nachricht des Polizeipräsidiums Berlin, Akte 12/51, vom 7. Dezember 1951 bekannt gemacht worden sind. Im Oktober 1955 entstand daraus die Abteilung 1, die in Berlin die Aufgabe der politischen Polizei wahrzunehmen hatte.

      Der ehemalige Polizeivizepräsident in Berlin, Dr. Bernhard Weiß (1927 bis 1932), definierte „Politische Polizei“ als den Inbegriff derjenigen polizeilichen Tätigkeit, die auf den polizeilichen Schutz des Staates gerichtet ist und als knappste Formulierung die Bezeichnung „Polizeilicher Staatsschutz“ tragen sollte. Neben der Bearbeitung allgemeiner Staatsschutzdelikte, wie sie in den Paragrafen 80-109a, 130 und 141 StGB, dem Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 14. Juni 1951, dem Gesetz über die Vereins- und Versammlungsfreiheit vom 29. September 1950, der Verordnung Nr. 501 vom 11. September 1950 nebst Änderungsverordnung Nr. 504 vom 19. Dezember 1950 geregelt waren, hatte die Abteilung 1 alle übrigen Straftaten, die sich nach dem jeweiligen Stand der Ermittlungen als strafbare Handlungen mit politischem Einschlag darstellten, zu bearbeiten, für die es in der Bundesrepublik keine Parallelen gab.

      So gehörten gewaltsame Entführungen ebenso dazu wie organisierter Menschenraub von Personen, die für die östlichen Machthaber von großem Interesse waren. Beispielhaft für die Vielzahl von verschleppten Menschen, 600 bis zum Jahre 1949 und 262 von 1949 bis 1962, davon 76 gewaltsam und 186 mit List, soll die Geschichte des Dr. Linse stehen.

      Entführung des Dr. Walter Linse

      Am 8. Juli 1952 wurde Dr. Walter Linse, Mitarbeiter des Untersuchungsausschusses „Freiheitlicher Juristen“, in der in Berlin-Lichterfelde West gelegenen Gerichtstraße überfallen und gewaltsam in die sowjetische Besatzungszone verschleppt.

      Dr. Walter Linse, Abteilungsleiter des oben angegebenen Ausschusses, wurde auf dem Weg zu seiner Dienststelle in der menschenleeren Straße von zwei jungen Männern angesprochen, von denen einer der beiden ihn um Feuer bat. Nachdem er hilfsbereit nach seinem Feuerzeug griff, erhielt er von hinten einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf, der ihn zunächst taumeln ließ. Als er sich dann zur Wehr setzte, umklammerte ihn ein Täter – ein Berufsringer, wie sich später herausstellte – von hinten, brachte ihn gemeinsam mit dem zweiten Täter in Richtung eines als Taxi getarnten Opel „Kapitän“. Dr. Linse verlor dabei seine Brille und einen Schuh und wurde in den Wagen gestoßen.

      Da die Verbrecher wegen der Gegenwehr seine Beine nicht in das Fahrzeug bekamen, schossen sie ihm zweimal ins Bein. Erst dann war sein Widerstand gebrochen. In rasender Fahrt ging es in Richtung Zonengrenze. Da sie von einem jungen Mann, der den Menschenraub bemerkt hatte, in einem Auto verfolgt wurden, schossen die Täter mehrfach auf das Fahrzeug des sie Verfolgenden, allerdings ohne ihn zu verletzen, und entkamen mit ihrem Opfer über die Zonengrenze bei Teltow, wo sich ihnen der sowjetzonale Schlagbaum öffnete. Die Täter und ihre Hintermänner wurden ermittelt. Sie gehörten ausnahmslos einer Bande von Berufsverbrechern an, die im Auftrag des Staatssicherheitsdienstes nach dessen Weisung laufend Verschleppungen organisierte und ausführte. Lange blieb das Schicksal des Dr. Linse im Dunkeln. Auch die weltweite Empörung änderte nichts daran. Fest steht heute jedoch, dass er nach seiner Entführung sofort von den Sowjets verhört, dann längere Zeit im NKWD-Gefängnis Karlshorst festgehalten und 1953 in das sowjetische Militärgefängnis Lichtenberg verlegt wurde.

      Hier wurde er zu einer 25-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt und anschließend in die Sowjetunion abtransportiert, wo er schließlich verstarb. Das Schicksal

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