Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart. Polizeihistorische Sammlung

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Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart - Polizeihistorische Sammlung

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des Schahbesuches waren durch Senat- und Polizeiführung Signale gesetzt worden, alle als Störungen betrachtete Kundgebungen gegen den diktatorischen Machthaber aus Persien weitgehend zu unterbinden.

      So wurden Plakate, die sich kritisch mit der Rolle des Schahs in Persien auseinander setzten, durch die Polizei entfernt und sichergestellt.

      Nachdem der Schah gemeinsam mit seiner Gattin am 2. Juni 1967 in Berlin-Tempelhof eingetroffen war, besuchte er mittags das Schöneberger Rathaus, vor dem so genannte „Jubelperser“, mitgebrachte Bodyguards aus Persien, mit Holzlatten und Stahlruten auf Demonstranten einschlugen. Abends besuchte das Ehepaar die Deutsche Oper, wo es zu den folgenschweren Auseinandersetzungen und dem Tod des jungen Studenten kam.

      Was war geschehen? Die Auseinandersetzungen vor der Deutschen Oper beziehungsweise deren unmittelbarer Umgebung sind auch heute nicht bis ins Detail geklärt.

      Kurras behauptete in der Gerichtsverhandlung, durch junge Leute in die Enge getrieben worden zu sein und in dieser Situation aus Notwehr geschossen zu haben. Die „Saat der Gewalt“, so äußerte er sich vor Gericht, sei aufgegangen. Er bedauerte den Tod des Studenten, fühlte sich „auch heute (1967) noch unschuldig und mochte weitere Erklärungen im Gerichtssaal nicht abgeben und weitere Fragen auch nicht mehr beantworten“.

      Der Kriminalobermeister Kurras wurde dreieinhalb Jahre später nach dem tödlichen Schuss erneut, diesmal durch die 10. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin, freigesprochen, weil das Gericht eine strafrechtliche Schuld nicht nachweisen konnte. Dagegen wurde er von dem moralischen Vorwurf, den Tod eines Menschen möglicherweise durch „ungesteuertes Fehlverhalten“ verursacht zu haben, ausdrücklich nicht entlastet. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass Kurras ein mögliches moralisches Verschulden mit sich selbst abzumachen habe.

      Doch vor diesem Problem stehen nahezu alle Polizeibeamten, die entweder in eigener Notwehrsituation oder unter Einsatz ihres Lebens für andere einen Verbrecher erschießen mussten. Nur selten werden sie mit dieser Situation und der Tatsache, für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein, fertig.

      Sozialistischer Deutscher Studentenbund

      Zurück aber zur Konstellation des Linksextremismus Ende der sechziger Jahre, die in vielerlei Hinsicht aufschlussreich für die Entwicklung in der Bundesrepublik war.

      Es ergaben sich Umwälzungen und Neuerungen, und die Bildung linksextremistischer Gruppierungen waren von einer enormen Intensität geprägt. Wie in anderen Ländern auch (allerdings mit erheblichen Unterschieden zur Bundesrepublik), entstand eine studentische Protestbewegung, in der der Überdruss an der Demokratie ebenso zum Ausdruck kam wie das Unbehagen über die als satt empfundene Wohlstandsgesellschaft.

      Darüber hinaus bewirkte sie gravierende Veränderungen im kulturellen Milieu und verkündete linke Theorien, die sie entweder selbst entwickelt oder aber wieder entdeckt hatte.

      In dieser Bewegung kam dem von der SPD ausgeschlossenen SDS eine besondere Stellung zu, wobei die dem SDS beigetretene anarchistisch-revolutionäre „Subversive Aktion“, die Rudi Dutschke, Dieter Kunzelmann und Bernd Rabehl entwickelt hatten, den Versuch unternahm, den SDS zu unterwandern und ihm eigene Aktionsformen aufzuzwingen.

      Mit dem Tod von Benno Ohnesorg nahm der SDS eine dominierende Rolle in der studentischen Bewegung ein, die antiautoritär eingestellt war und mit den unterschiedlichsten Revolutionstheorien und - bewegungen der Dritten Welt sympathisierte.

      Führender Ideologe und gleichzeitiger Repräsentant dieser Bewegung wurde der 1940 geborene Rudi Dutschke, der wie kein Zweiter in der Lage war, seine rhetorischen Fähigkeiten einzusetzen und durch sein Charisma auch Andersdenkende in seinen Bann zu ziehen. So lehnten er und seine Anhänger das System in toto ab, entschieden sich für eine Art Doppelstrategie und propagierten „den Marsch durch die Institutionen“, der nur als „Mittel zum Zweck“ und letztlich zur Destabilisierung der Macht „der Herrschenden“ dienen sollte.

      Das Attentat auf Rudi Dutschke

      Am 4. November 1968 erschien ein zunächst Unbekannter in der Wohnung des „Kommunarden“ Rainer Langhans und befragte ihn, wo er Rudi Dutschke erreichen könne. Nachdem er die gleiche Frage auch in der SDS-Zentrale, Kurfürstendamm/Ecke Joachim-Friedrich-Straße, gestellt und erfahren hatte, dass dieser im Hause sei, wartete er so lange vor diesem Gebäude auf ihn, bis Rudi Dutschke es verließ.

      Als Dutschke auf sein Fahrrad stieg, stieß der Täter ihn Sekunden später vom Rad und feuerte aus nächster Nähe mit einem Neun-Millimeter-Trommelrevolver auf sein am Boden liegendes Opfer.

      Dutschke, von Schüssen in die rechte Wange, die rechte Brustseite und in den Kopf getroffen, brach zunächst zusammen, raffte sich wieder auf, taumelte zur SDS-Zentrale zurück und brach vor dem Haus zusammen.

      Die nur wenige Minuten später eintreffende Feuerwehr übernahm die Rettung des Schwerverletzten, während die zugleich eintreffenden Funkwagen die Verfolgung des Täters aufnahmen.

      Der Täter, der einige Zeit später als Josef Bachmann identifiziert werden konnte, hatte sich nach dem Verbrechen in den Keller eines Neubaus in der Nestorstraße geflüchtet, wo er auf die ihn verfolgenden Polizeibeamten mindestens 15-mal geschossen hatte, die daraufhin das Feuer erwidert hatten. Von zwei Kugeln der Polizei in Brust und Arm getroffen, konnte Bachmann überwältigt und ebenfalls in ein Krankenhaus transportiert werden.

      Der 23-jährige Josef Bachmann, ein junger Rechtsextremist aus München, wurde, offensichtlich aufgewiegelt durch einen provozierenden Artikel in der „Deutschen Nationalzeitung“, den man bei ihm gefunden hatte, zum Attentäter, der mit seinen Schüssen den „studentischen Aufwiegler“ zur Strecke bringen wollte. Bachmann überlebte seine Verletzungen, Rudi Dutschke aber starb, nachdem er sich zunächst von seinen schweren Verletzungen erholt hatte, elf Jahre später, am 24. Dezember 1979, an den Spätfolgen des Attentats.

      Während der SDS unmittelbar nach den Schüssen auf Rudi Dutschke behauptete: „Ungeachtet der Frage, ob Rudi das Opfer einer politischen Verschwörung wurde: Man kann jetzt schon sagen, dass dieses Verbrechen nur die Konsequenz der systematischen Hetze ist, welche der Springerkonzern und der Senat in zunehmendem Maße gegen die demokratischen Kräfte dieser Stadt betrieben haben“, kam es zu Protestversammlungen an der TU, warfen Demonstranten dort Scheiben ein und gerieten mit Druckereiarbeitern und Angestellten in handgreifliche Auseinandersetzungen.

      Auf den Fuhrpark des Springer-Konzerns flogen Molotow-Cocktails, es wurden Fahrzeuge in Brand gesetzt, was ein „Fanal“ für die deutsche und französische Studentenbewegung sein sollte.

      Erste Straßenschlachten in Berlin

      Zu den Osterfeiertagen 1968 entwickelten sich Straßenschlachten, wobei allein in Berlin bis zu 10 000 Polizisten im Dauereinsatz waren, 388 Demonstranten festgenommen, unbeteiligte Spaziergänger und über 200 Polizisten verletzt wurden. Der Staatsschutz hatte Hochkonjunktur.

      Eine weitere Eskalation erlebte die Stadt am

      4. November 1968, als es immer mehr zu Anarchismus und ersten militanten Aktionen gegen polizeiliche Einsatzkräfte kam. Den Anlass bildete das Ehrengerichtsverfahren gegen Rechtsanwalt Horst Mahler beim Berliner Kammergericht.

      Mahler wurde vorgeworfen, die Standesehre und seine Berufspflichten als Anwalt verletzt zu haben, als er sich am Gründonnerstag nach dem Attentat auf Rudi Dutschke an einem Marsch auf das Axel Springer-Haus beteiligte und von Axel Springer wegen der bei der Demonstration entstandenen Schäden

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