Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart. Polizeihistorische Sammlung

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Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart - Polizeihistorische Sammlung

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an einem Friedhof in Kreuzberg in eine große Kiste gesteckt und mit einem Ford Transit zur nahe gelegenen Schenkendorfstraße 7, ebenfalls in Kreuzberg, gebracht.

      Beim Tragen öffnete sich die Kiste ein wenig, so dass er einen Blick auf die Häuserfront werfen konnte. Diese Kriterien waren später wichtig bei der Suche nach dem „Lorenz-Versteck“ und führten letztendlich auch zur Auffindung dieses, wie die Terroristen es nannten, „Volksgefängnisses“.

      Die dann anlaufenden Fahndungsmaßnahmen sind als einmalig zu bezeichnen. Eine Sonderkommission, bestehend aus 133 Kriminalbeamten, übernahm diesen Part der Ermittlungen, während Hunderte von Schutzpolizisten im Stadtgebiet unterwegs waren, um das Versteck des Parlamentspräsidenten ausfindig zu machen.

      In diese Ermitt-lungstätigkeit hinein kam die erpresserische Forderung der Terroristen, „Peter Lorenz – Gefangener der Bewegung 2. Juni“ werde nur wieder freigelassen, wenn, wie bereits erwähnt, die Inhaftierten Verena Becker und andere in ein noch zu benennendes Land ausgeflogen werden würden.

      Nachdem überzeugende Beweise übermittelt worden waren, dass Peter Lorenz noch lebte, gab die politische Führung der Stadt nach. Die Terroristen wurden am 3. März 1975 ausgeflogen.

      Am Dienstag, dem 4. März, war Pfarrer Albertz, der die Terroristen begleitet hatte, wieder in Frank furt am Main, wo er eine Erklärung der „Befreiten“ in der ARD-Tagesschau verlas.

      Am 4. März 1975 meldete sich Peter Lorenz nachts aus einer Telefonzelle bei der Polizei und am 5. März 1975 um 00:03 Uhr war er im Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke.

      Nachdem der Generalbundesanwalt wegen „Nötigung von Verfassungsorganen“ das Verfahren an sich gezogen hatte, durften nach dem 6. März 1975 aus Berlin keine Erklärungen mehr an die Presse abgegeben werden, was dazu führte, dass nichts mehr über Sinn und Zweck bestimmter Maßnahmen gesagt werden durfte und recht bald der Unmut der Medien und der Öffentlichkeit über die Polizei hereinbrach. „Aktion Wasserschlag“ bezeichneten die Medien die nicht zu übersehenden Durchsuchungswellen mit über 4000 Beamten aus Berlin und anderen Bundesländern, und die linke Szene jubelte laut und voller Häme.

      Diese aber ließ schnell nach, als in den weiteren Monaten die Terroristen Klöpper, Fritzsch, Reinders, Meier, Viett, Plambeck, Teufel, Rollnick, Siepert und Dömeland der Polizei ins Netz gingen.

      Am 14. November 1975 entdeckte der Staatsschutz den Keller, in dem die Verbrecher das „Volksgefängnis“ für Lorenz eingerichtet hatten. Bis zum Ende des Jahres 1975 waren in diesem Verfahren insgesamt 23 Haftbefehle vollstreckt.

      „NS-Gewaltverbrechen“

      Die Abteilung I war weiterhin zuständig für die Bearbeitung der Straftaten, die unter der Bezeichnung „NS-Gewaltverbrechen“ geführt wurden. Man verstand darunter alle Gewalttaten, die bis 1945 von den NS-Machthabern und ihren Helfern und Helfershelfern in Deutschland und in den während des Krieges von Deutschland besetzten Ländern verübt worden waren.

      Dabei stellte neben all den von Deutschen begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor allem die, wie es die Nazis formuliert hatten, „Endlösung der Judenfrage“ eine der größten Herausforderungen für die Ermittlungstätigkeit dar.

      Die am 20. Januar 1942 von Heydrich in eine Villa am Wannsee eingeladenen 15 Staatssekretäre, von denen sieben Doktortitel, hauptsächlich der Philosophie, der Medizin und der Jurisprudenz hatten, beschlossen gemeinsam mit Eichmann und Gestapo-Chef Heinrich Müller die „Endlösung des jüdischen Problems“, ohne Rücksicht auf geographische Grenzen.

      Diese Maßnahme, die das Zusammentreiben aller Juden und deren Tötung nach sich zog, sollte den größten Massenmord aller Zeiten zur Folge haben.

      Hier Aufklärungsarbeit nach dem Krieg zu betreiben, stellte deshalb hohe Anforderungen an Kriminalbeamte und Justiz.

      Wenngleich wir wissen, dass viele Nazi-Verbrecher unter falschem Namen in Deutschland, vor allem aber auch in Südamerika, untertauchen konnten, war der Beitrag der Abteilung I zur Aufklärung dieser Verbrechen ein nicht unwesentlicher Teil zur Aufarbeitung der Deutschen Geschichte.

      Alle Erkenntnisse über nationalsozialistische Verbrechen gingen in die Zentrale Stelle in Ludwigsburg, die 1958 auf Veranlassung der Justizminister der Länder eingerichtet worden war. Sie hatte die Aufgabe, alle bekannt gewordenen NS-Gewalttaten, die bis 1945 außerhalb der alten Reichsgrenzen verübt worden waren, zu erfassen und sie nach Beendigung der Vorermittlungen an die zuständigen Staatsanwaltschaften des jeweiligen Landes abzugeben.

      Berliner Buchhändler von Neonazi niedergeschossen

      Am 19. Februar 1997 betrat der Neonazi Kai Diesner, mit Sturmhaube über dem Gesicht und einem halbautomatischen Gewehr in der Hand, den Laden des 65-jährigen Buchhändlers Baltruschat in Alt-Marzahn. Ohne ein Wort zu sagen, schoss Diesner, der die DDR immer gehasst hatte, dreimal mit seiner Waffe auf ihn.

      Diesner, der das Haus in Alt-Marzahn als Geschäftsstelle der PDS und als Wahlkreisbüro Gregor Gysis kannte, legte sich an diesem Tage auf die Lauer und wartete auf PDS-Mitglieder. Baltruschat, der der erste an diesem Morgen war und das Haus betrat, wurde deshalb auch ein willkürliches Opfer.

      Diesner, der, wie das Gericht in Lübeck später feststellte, aus hemmungsloser Rachsucht und Hass gegen die von ihm abgelehnte Partei PDS handelte, hätte auch auf jeden anderen geschossen, denn schließlich galt sein Angriff der PDS.

      Baltruschat überlebte diesen Überfall schwer verletzt, verlor dabei aber seinen linken Unterarm und einen Finger der rechten Hand.

      Diesner flüchtete nach der Tat und konnte zunächst nicht ermittelt werden. Am 23. Februar 1997 wurde er auf einem Autobahnparkplatz in Schleswig-Holstein erneut zum Täter. Diesmal schoss er bei einer Routine-Verkehrskontrolle ohne Vorwarnung auf die ihn überprüfenden Polizeibeamten.

      Ein Polizist verstarb noch am Ort, der zweite erlitt schwerste Verletzungen.

      In einer sich anschließenden Großfahndung wurde Diesner überwältigt, festgenommen und später wegen Mordes von der großen Strafkammer des Landgerichts Lübeck zu lebenslanger Haft verurteilt.

      Berliner Kameradschaften

      Aus der Entwicklung der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ seit Anfang 1997 ergaben sich tiefgreifende Auswirkungen auf die Situationen der seit 1992 agierenden neonazistischen unabhängigen Kameradschaften in Berlin, die sich vor allem unter dem Eindruck des Verbots der neonazistischen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) nach dem Vorbild der linksextremistischen autonomen Szene etabliert hatten.

      Anfang Dezember 1997 stellten Kriminalbeamte des Polizeilichen Staatsschutzes in den Wohnungen der Mitglieder der Berliner „Kameradschaft Treptow“ Messer, Gaspistolen sowie Materialien zum Bau von Rohrbomben sicher. Einer der Festgenommenen gestand bei der Polizei, mit seinen Kumpanen einen Anschlag auf ein PDS-Mitglied geplant zu haben, wobei eine Bombe am Balkon des Mannes gezündet werden sollte.

      Noide, Kameradschaftsführer der Treptower, war jahrelang Schulungsleiter der Berliner FAP, der seine Mitglieder zum Aufbau einer „Feierabend-Gestapo“ trieb und schwarze Listen von politischen Gegnern anlegen ließ. Am 17. April 1997 überfielen Noide sowie der Neonazi Schillok zwei Gesinnungsgenossen, mit denen sie über Zuständigkeiten in der Kameradschaft in Streit geraten waren. Schillok, der auf die beiden einstach und sie tötete,

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