Fürstenkrone Box 15 – Adelsroman. Maria Czigler Bianca
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»Dann gibt es nichts, was für mich wichtiger ist auf dieser Welt.«
»Es gibt etwas, und deshalb bitte ich Eure Majestät, darauf zu verzichten, mir Rosen zu schenken.«
Rudolf ging langsam zu seinem breiten Schreibtisch. Eine Hand auf die blanke Platte gestützt, sah er sie an und sagte ruhig: »Ich habe es immer besonders genossen, sehr früh am Tage durch den Forst zu streifen. Es war für mich die Erholung, die ich brauchte. Doch seit einigen Tagen wird mir der Streifzug zur Qual, da ich allein und einsam bin und auf die Begleitung einer bezaubernden Frau verzichten muß. «
»Eure Majestät sprechen von Prinzessin Angelika.«
»Ich wäre sehr glücklich, wenn Sie, Christina, einem einsamen König auf seinen Spaziergängen Gesellschaft leisten würden.«
»Eure Majestät handeln nicht edel an mir. Eure Majestät üben mit dieser Bitte einen Zwang auf mich aus, indem Sie meine Liebe zu Angelika ausnutzen.«
»Es ist ein eigen Ding mit dem Glück, Christina. Manche Menschen erkennen es nicht, manche lassen es vorübergehen, und dann gibt es Menschen, die muß man zu ihrem Glück zwingen. Sie gehören dazu, Marquise.«
»Majestät!« bat Christina mit ersterbender Stimme.
»Ich habe, bevor ich Sie kannte, Christina, eine Frau geliebt, wie nur ein Mann eine Frau lieben kann. Und ich war fest entschlossen, ihretwegen notfalls auf den Thron zu verzichten, denn sie war das Glück meines Lebens. Aber eines Tages erhielt ich von ihr einen Abschiedsbrief, aus dem ich entnehmen mußte, daß sie ihr Herz einem anderen geschenkt hatte. Damals folgte ich in meiner grenzenlosen Erbitterung dem Wunsch meines Vaters und heiratete eine ungeliebte Frau, die Mutter des jetzigen Thronfolgers. Es war ein Fehler. Zu spät erst stellte ich Nachforschungen an und erfuhr, daß die Frau meiner Liebe das Land verlassen hatte, ohne zu heiraten, und ruhelos in der Welt umherstreifte.
Einmal habe ich den Worten einer liebenden Frau getraut und nicht begriffen, daß sie nur ein Opfer brachte. Diesen Fehler werde ich nicht noch einmal begehen.
Fast zwanzig Jahre regiere ich nun dieses Land, und ich bin dessen so müde geworden, um ihm noch einmal eine Liebe zu opfern. Und der Thronfolger wartet nur darauf, an meine Stelle zu treten. Bedenken Sie auch das, Christina, wenn Ihr Herz für mich schlägt.«
Christina ließ den Kopf noch um ein weniges tiefer sinken.
»Mein Herz gehört Eurer Majestät, aber ich werde den König niemals erhören.«
»Wir werden sehen«, entgegnete Rudolf leichthin, »ich habe Geduld.«
Christina wußte später nicht zu sagen, wie sie nach Rothenstein zurückgekommen war. In ihr tobte ein Sturm von Gefühlen und versetzte sie in heillose Verwirrung. Hoffnung und Verzweiflung stritten in ihr. Süß und schmerzlich zugleich war es für sie, die Liebe eines Königs zu besitzen.
Doch da war Angelika.
Und da war das Unheil, das über dem Haupt des Königs schwebte, ein Unglück, das von Rudolf abzuwenden nur sie, Christina, in der Lage war.
Ihre Liebe würde sie ihm zum Opfer bringen müssen.
Sie weinte, als sie daran dachte.
*
»Die Gräfin von Bärwalde ist auf ihr Schloß zurückgekehrt«, sagte der Kammerherr des Königs, »ich dachte, es würde Eure Majestät interessieren.«
Rudolf ließ die Jagdbüchse sinken, die er gerade geprüft hatte.
Gloria!
Gloria von Bärwalde!
Stieg die Vergangenheit wieder herauf? Hatten seine Worte zu Christina sie heraufbeschworen? Hatte Glorias ziellose Wanderung ein Ende genommen, war sie zur Ruhe gekommen?
Er dachte mit Wehmut und Zärtlichkeit im Herzen an vergangene Zeiten, horchte in sich hinein, aber nichts als Trauer um Unwiederbringliches war in ihm.
Trotzdem beschloß er, sie aufzusuchen. Er wollte sie wiedersehen, mußte mit ihr sprechen nach so vielen Jahren. Er mußte wissen, ob sie noch unglücklich war, denn er fühlte sich schuldig.
Zwei Stunden später stand er einer schlanken mittelgroßen Frau mit kastanienbraunem Haar gegenüber, die seinen forschenden und erstaunten Blick ruhig erwiderte.
Rudolf brauchte einige Zeit, um sich zu fassen.
Nein, das war nicht die Frau, die er einmal geliebt hatte. Vor ihm stand eine völlig Fremde.
»Eure Majestät haben mich niemals geliebt«, sagte Gloria von Bärwalde mit einiger Mühe, »Eure Majestät sind einer Komödie zum Opfer gefallen.«
»Gräfin, wägen Sie Ihre Worte! Ich dulde nicht, daß man das Andenken, das ich an eine Frau hege, beschmutzt. Sie hat mich geliebt, wer immer es auch gewesen sein mochte, der sich Ihres Namens bedient hat, Gräfin von Bärwalde. Und sicherlich nicht ohne Ihr Wissen.«
»Zunächst schon«, gab Gloria zurück und wich seinem Blick aus. »Sie war meine beste Freundin und lernte Eure Majestät auf einem Maskenfest im königlichen Schloß kennen. Sie verliebte sich Hals über Kopf in den Thronfolger, der Eure Majestät damals noch waren, aber sie hatte niemals Hoffnung, seine Liebe zu erringen, noch weniger seine Hand.«
»Und doch errang sie beides«, murmelte Rudolf.
Gloria von Bärwalde überhörte es.
»Aus Furcht vor ihrer eigenen Liebe nannte sie meinen Namen als den ihren und wagte später, als sie die Liebe Eurer Majestät besaß, nicht mehr, dies zu berichtigen. Sie fürchtete, Eure Majestät könnten sich enttäuscht über diese kleine harmlose Lüge von ihr abwenden. Sie liebte Eure Majestät zu sehr.«
»Mein Gott!«
»Eure Majestät wissen selbst am besten, wie es dann weiterging.«
»Aber Sie, Gräfin, weshalb spielten Sie dieses Spiel mit? Weshalb reisten Sie zu dem gleichen Zeitpunkt ins Ausland, da ich in Ihrem Namen den entsetzlichen Brief erhielt?«
»Ich wußte nichts davon. Meine Abreise hatte mit dem allen nicht das geringste zu tun. Es war reiner Zufall, dieses Zusammentreffen. Später erst erfuhr ich diese Zusammenhänge, aber da hatte meine Freundin bereits einen anderen geheiratet, und ich hielt es daher nicht mehr für richtig, Eure Majestät zu informieren.«
»Ich verstehe! Und wie war ihr richtiger Name?«
»Eure Majestät sollten die Vergangenheit ruhen lassen.«
»Ich werde die Vergangenheit nicht aufrühren, Gräfin, nur wissen will ich, ob sie glücklich geworden ist. Ich habe sie geliebt«, fügte er leiser hinzu.
Gräfin von Bergwalde zögerte, dann gab sie sich einen Ruck.
»Eure Majestät liebten Christina von Rothenstein, die jetzige Marquise de Roussillon.«
Rudolf erstarrte, als habe der Blitz vor ihm eingeschlagen, denn auch Christina de Roussillon war nicht