Wolf unter Wölfen. Ханс Фаллада
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Читать онлайн книгу Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада страница 34
Der Ida blieb die Luft fort, als habe sie einer derb vor die Brust gestoßen.
Den haste wech, Mächen! kicherte die Thumann.
Eener, Fräulein?! sagte da die Ida mit erhobener Stimme. Eener – saren Se?! Hundert sollten Se saren! Da reichen keene hundert Male, det ick mir Eisbeene und dicke Knie stehe, und der Seejer uff de Normaluhr jeht und jeht, bis ich dußlijet Aas endlich merke: mir hat wieda eena vasetzt! Aber, ging sie aus den wehmütigen Erinnerungen zum Angriff über, desderwejen brauch mir so eene, die nich mal am Hochzeitstag was uff ’en Leib zu ziehen hat, det noch lange nich vorzuhalten! Eene, die mir nur mit Jieroojen die Schnecken ins Maul kiekt und de Kaffeeschlucker zählt. So eene wie …
Feste, feste! freute sich die Thumann.
Und überhaupt! Is det denn ’ne Sache für ’n anständijet Mächen, det sie in so ’ne bedrängte Laje hochnäsig in ’ne fremde Küche kommt und fracht wie Jräfin Hochkotz: Hamm Se wat for mir zu tun?! Wer nicht hat, muß betteln jehn, det hat mein Vata mir schon mit ’em Scheit auf ’en Buckel jeschrieben, und hätten Se jesacht: Ida, ick schiebe Kohldampf, jib mir ’ne Schnecke, du hätt’st längst eene jehabt! Und überhaupt, Frau Thumann! Ick zahle Sie einen Doller täglich für Ihren Wanzenstall und nich mal Nachtlicht uff de Treppe, wo die Herren imma üba meckern – da hamm Se jarnischt zu lachen und zu schreien: den haste wech, Mächen! Da hamm Se mir jefälligst in Schutz zu nehmen, und wenn so eene keß wird, die janz for umsonst mit ihrem Louis schläft, zum Vajniejen, und de Thumann kann ja sehn, wo se de Pinke herkriegt, wir arbeeten nich, wir jehn doch nich uff den Strich und schaffen nich an – dafor sind wir doch zu fein – nee, Thumann, ich muß mir doch sehr über Sie wundern, und wenn Se det freche Aas, det mir vorwirft, det ick nich imma Jlück mit die Herren habe, wenn Se die nich uff de Stelle rausschmeißen – denn zieh ick!
Die rassige Ida stand zornrot da, eine Schnecke hatte sie noch in der Hand, hochrot war sie und immer röter wurde sie noch, je mehr ihr klarwurde, wie schwer sie beleidigt worden war. Die Thumannsche und Petra sahen ganz fassungslos auf diesen Sturm, der entstanden war; kein Mensch wußte woher und warum. (Und die rassige Ida, hätte sie nur nachdenken können, war sicher über den Schluß ihrer Rede genauso überrascht wie die beiden andern.)
Petra wäre ja am liebsten aufgestanden und in ihr Zimmer geschlüpft, hätte abgeschlossen und sich aufs Bett geworfen – oh, das gute Bett! Aber es wurde ihr immer schwächer und schwächer, es brauste manchmal in ihren Ohren und vor ihren Augen drehte es sich, dann sprach die zornige Stimme ganz ferne. Aber plötzlich kam sie wieder nahe, sie schrie direkt in ihre Ohren, und vor ihren Augen drehte es sich von neuem. Dann lief Feuer über ihren Nacken, den Rücken hinab, schwächender Schweiß brach aus … Wenn sie es genauer rechnete, hatte sie ja lange Tage nichts Rechtes mehr gegessen; immer nur, wenn Wolf grade Geld hatte, eine Bockwurst mit Salat, oder Schrippen und Leberwurst auf der Bettkante. Und seit gestern früh überhaupt nichts mehr, wo es so darauf ankam, daß sie sich gut nährte –! Sie mußte versuchen, schnell in ihr Zimmer zu kommen, und dann abschließen, vor allem fest zuschließen; selbst wenn sie mit Polizei anklopften, nicht öffnen; erst wieder aufmachen, wenn Wolfgang kam …
Jotte doch! hörte sie ganz in der Ferne die Thumann jammern, wat machste mir doch for Stunk mit deine freche Schnauze, Mächen! Solche, die nischt haben, müssen andern ooch nicht det Brot vom Tische quasseln, und de Ida is eene prima Dame, die jeden Tach mit ihrem Doller kommt – so eener haste gar nischt vorzuwerfen, vastanden?! Und nu mach, daß de aus meine Küche kommst, und een bißken dalli, sonst wackelt was …
Nee! schrie die Ida unerträglich scharf. Det jilt nich, Thumann! Entweder jeht die oder entweder ick! Beleidijen lasse ick mir nich von so einer – raus mit ihr aus de Wohnung oder ick ziehe noch diese Minute.
Aber, Mächen, Ida, Herzenskindting! jammerte die Thumann. Du siehst doch, wie se is: Spucke an ’ne Kalkwand, und nischt uff ’en Leib und nischt im Leib – so kann ick se doch nich türmen lassen …
Können Se nich, Thumann? Nee, det können Se nich? So – det wollen wir sehen – da können Se mir jleich in Ihre Entreetüre sehen, Frau Thumann –!
Mächen, Ida, bat die Thumann, warte doch bloß, bis ihr Kerl wiedakommt, tu mir die Liebe! – Dann sollen se ooch jleich beide dieselbe Minute noch jehn müssen! – Mache doch, dat de ihr aus de Oojen kommst, du dußlije Jans, du! flüsterte sie aufgeregt zu Petra. Wenn se dir bloß nich mehr sieht, wird se schon ruhich!
Ich gehe ja schon, flüsterte Petra und stand auf. Plötzlich konnte sie stehen und sie sah auch gut das schwarze Loch der offenstehenden Küchentür in den dunklen Flur hinein, aber die Gesichter der Frauen sah sie nicht. Sie ging langsam, die sagten noch etwas, immer schneller, immer lauter, aber sie hörte es nicht genau, konnte es darum auch nicht verstehen …
Dafür konnte sie aber gehen, und sie ging langsam aus der hellen, heißen Schwüle auf das schwarze Loch zu. Dahinter kam der fast dunkle Flur mit ›ihrer‹ Tür; sie brauchte nur einzutreten, zuzuschließen – und dann das Bett …
Aber sie ging vorüber, es war wie in einem Traum, ihre Glieder gingen anders, als der Kopf es ausdachte. Sie warf im Vorübergehen noch einen Blick in das Zimmer –›das Bett hätte ich doch noch machen müssen‹, dachte sie, und schon war sie vorüber. Schon war die Eingangstür da, und sie machte sie auf, tat einen Schritt über die Schwelle und zog sie hinter sich wieder zu.
Das Helle rechts und links waren Gesichter von Nachbarinnen.
Wat is denn det for Krach bei Ihnen? fragte die eine.
Die haben Sie woll rausjeschmissen, Fräulein?
Jotte doch! Wie ’ne aufjewärmte Leiche!
Aber Petra bewegte nur leise verneinend den Kopf. Sie durfte nicht sprechen, sonst wachte sie auf und saß wieder in der Küche, und die stritten und schrien sie an … Leise, nur leise, sonst schwindet der Traum … Sie faßte vorsichtig das Geländer, sie trat eine Stufe tiefer – und sie kam wirklich tiefer. Es war eine richtige Traumtreppe, man kam auf ihr tiefer, nicht höher.
Dann stieg sie weiter hinab.
Sie mußte sich eilen. Oben hatten sie die Tür wieder aufgemacht, sie riefen irgend etwas hinter ihr her: Mächen, mach doch keene Zicken! Wo willste denn hin, so nackig? Komm wieda ruff, die Ida vazeiht dir ooch …
Petra machte eine verneinende Bewegung mit der Hand und stieg tiefer. Sie stieg und stieg – auf den Grund eines Brunnens. Aber unten war ein helles Tor – wie im Märchen. Es gab so ein Märchen, Wolfgang hatte es ihr erzählt. Und nun ging sie durch das helle Tor in die Sonne hinaus, durch Gänge, über sonnige Höfe … und nun war da die Straße, eine fast leere, sehr sonnige Straße –
Petra sah sie hinauf und hinunter – wo war Wolf?
3
Feldinspektor Meier – Negermeier – ist nun doch gleich nach dem Arbeitsanfang um eins draußen auf dem Zuckerrübenschlag gewesen. Es war genau, wie er es sich gedacht hatte: der Vogt Kowalewski hatte in seiner Schlappheit die Weiber nur so obenhin kratzen lassen, die Hälfte des Unkrauts saß noch fest in der Erde.
Sofort hatte sich der kleine Meier aufgepustet, war rot angelaufen und hatte zu schimpfen angefangen: verfluchte Schweinerei, rumstehen und mit den Weibern poussieren, statt