Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 14
»Noch gibt es eine Chance, dass Sie wieder ganz gesund werden«, versuchte er, seinem Patienten Mut zu machen. »Sie müssen Geduld haben.«
Seine Worte verhallten ungehört. Moritz lag im Bett und starrte aus dem Fenster. Seine Augen waren leer.
*
»Ich meine, wir wissen ja, dass er es faustdick hinter den Ohren hat.« Schwester Astrid kicherte, als sie das Büro der Pflegedienstleitung Seite an Seite mit ihrer Freundin und Kollegin Schwester Josepha verließ.
»Aber dass er es so bunt treibt, hätte ihm bestimmt keiner zugetraut.« Josepha prustete hinter vorgehaltener Hand und wollte noch etwas sagen, als sie Dr. Aydin auf dem Flur entdeckte. Sie machte den Mund wieder zu und stieß ihre Freundin in die Seite.
»Hallo, Dr. Aydin«, schallte es wie aus einem Mund.
Milan spürte, wie sich seine Nackenhaare sträubten. Statt wie geplant seinen Weg fortzusetzen, bremste er, dass die Reifen quietschten. Diesmal gelang sein Wendemanöver nicht so perfekt wie sonst. Um ein Haar wäre er am Türrahmen gelandet. Doch selbst davon nahm er keine Notiz. Ein kräftiger Schubs, und er hielt vor Schwester Elenas Schreibtisch.
»Was fällt Ihnen ein?«, donnerte er.
Langsam legte sie den Hörer auf die Gabel zurück.
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Kollege Aydin.«
»Tun Sie nicht so scheinheilig!« Wenn er gekonnt hätte, wäre er über den Tisch gesprungen. »Das Gelächter war ja wohl nicht zu überhören. Was fällt Ihnen ein, vertrauliche Geschichten unter den Kollegen auszuplaudern? Noch dazu vor den Lästerschwestern. Wollen Sie meinen Ruf ruinieren?«
Daher also wehte der Wind! Elena lehnte sich zurück.
»Ach, das meinen Sie.« Sie lächelte. »Da haben Sie etwas missverstanden. Einer unserer Patienten hat mir einen lustigen Witz erzählt, den ich bei den Kolleginnen zum Besten gegeben habe. Sie können mir glauben. Ich würde niemals Vertraulichkeiten weiterplaudern.«
Milan atmete ein paar Mal ein und aus. Sein Herzschlag beruhigte sich. Er öffnete die Fäuste und lockerte die Finger. Endlich gelang ihm ein Lächeln.
»Das Meiste von dem, was Sie heute gehört haben, ist nicht wahr. Manchmal geht die Fantasie mit meinem Bruder durch.«
»Das habe ich mir schon gedacht.«
Ein Stoßseufzer der Erleichterung.
»Ich bin wirklich froh, dass Sie sich nicht von Deniz um den kleinen Finger wickeln lassen.«
»Trotzdem finde ich es schade, dass er schon wieder abreist«, erwiderte Elena und erhob sich, um Milan hinauszubegleiten. »Wir treffen uns später noch einmal im Kiosk.« Sie hielt ihrem Besucher die Tür auf.
Diesmal zeigte Milan seinen Ärger nicht. Sein charmantestes Lächeln auf den Lippen verabschiedete er sich von Elena und fuhr davon. Er war kaum um die Ecke gerollt, als er das Handy aus der Kitteltasche nestelte.
»Ich dachte, ich hätte mich unmissverständlich ausgedrückt«, fauchte er drei Klingeltöne später ins Handy. »Was fällt dir ein, dich noch einmal mit Elena zu treffen?«
»Reg dich ab, Alter. Das gibt Falten.« Deniz stand im Wohnzimmer vor seinem gepackten Rucksack. Er schlang den bunten Schal um den Hals. »Ich nehme den Zug heute Abend und wollte mich nur von Elena verabschieden. Im Gegensatz zu dir weiß ich nämlich, was sich gehört.«
»Du reist also wirklich ab?«
»Sag bloß, du bist traurig«, spottete Deniz.
»Nicht direkt. Hoffentlich hast du aufge …«
»Ja, ja, keine Sorge. Ich habe dein Reich wieder in den spießigen Urzustand versetzt.« Die Flecken an der Wand erwähnte Deniz vorsichtshalber nicht. Es genügte, wenn Milan sie am Abend entdeckte. Dann wäre er längst über alle Berge.
Das Handy am Ohr, schulterte Deniz den Rucksack und verließ das Wohnzimmer. Aber was war das? Schnuppernd hob er die Nase.
»Was riecht denn hier so komisch?«
Am anderen Ende der Leitung rollte Milan mit den Augen.
»Wahrscheinlich dein schreckliches Essen.«
Deniz drehte sich um die eigene Achse.
»Hier brennt irgendwas.« Als er den Rauch bemerkte, rutschte ihm das Handy aus der Hand. Er rannte los.
»Wie bitte? Deniz? Hallo?«, rief Milan in den Apparat. »Kannst du mich hören? Sag doch was!«
Doch der Holzboden gab keine Antwort.
*
Rebecca saß an einem der Tische unter Palmen und leerte die Tasse Tee. Von der Schönheit um sich herum bekam sie nichts mit. Mit ausdruckslosen Augen starrte sie vor sich hin. Lauschte auf die beängstigenden Fragen, die in ihrem Kopf kreisten wie das Blut in ihren Adern. Wie ging es Moritz? Was würden ihre Freunde zu der abgesagten Hochzeit sagen? War es besser, das Kind abzutreiben? Was war das mit Moritz überhaupt? Fragen über Fragen und keine Antwort in Sicht.
»Geht es Ihnen besser?« Die Stimme der Bedienung riss sie aus ihren Betrachtungen.
Rebecca rang sich ein kleines Lächeln ab.
»Alles gut, vielen Dank.«
Ein paar Geldstücke klimperten auf der Tischplatte.
Die Bedienung achtete nicht darauf.
»So sehen Sie aber nicht aus. Soll ich einen Doktor holen?«
Rebecca schüttelte den Kopf.
»Nein, danke. Es ist wirklich alles in Ordnung«, wiederholte sie und stand auf. Mit einem »Stimmt so!« verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg zu Moritz. Hoffentlich war es Dr. Norden gelungen, ihn mit guten Nachrichten aufzumuntern. Tapfer ignorierte sie das Brennen und Stechen, das sie seit Wochen begleitete. Im Augenblick gab es wichtigere Dinge. Wie zum Beispiel Moritz, der ihr auf Krücken auf dem Flur entgegenkam.
Rebecca rieb sich die Augen. Doch sie irrte sich nicht.
»Was machst du da?«, rief sie ihm zu.
Ungeachtet ihrer Schmerzen verfiel sie in Laufschritt.
»Wonach sieht es denn aus?« Er blieb stehen. Lehnte die eine Gehhilfe an die andere und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Ich hätte nie gedacht, dass es so schwierig ist, mit Krücken zu gehen.«
»Darfst du das überhaupt schon?«
»Die Nervenenden müssen stimuliert werden, um zusammenzuwachsen. Wenn ich wieder arbeiten will, muss ich üben, üben und noch einmal üben.«
»Kannst du dir nicht wenigstens ein bisschen Ruhe gönnen? An der Schule