Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

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Kopf so dünn mit Haaren besät gewesen wie der deinige, so könnte er heutigentags noch leben.«

      Richards Scherze verfehlten nie, ein Gelächter zu veranlassen; denn gewöhnlich erwies er schon in eigener Person seinem Witz diese Ehre, und auch diesmal begleitete er seine Worte mit einem herzlichen Lachen, während Monsieur Le Quoi mit einer höflichen Erwiderung dieses Heiterkeitsausbruches seinen früheren Platz einnahm. Der Geistliche – denn ein solcher war das als Herr Grant bezeichnete Glied der Gesellschaft – begrüßte die Ankömmlinge gleichfalls, zwar bescheiden, aber herzlich, und Richard schickte sich nun an, die Köpfe seiner Pferde der Heimat zuzuwenden.

      Nur der Steinbruch setzte ihn instand, diese Bewegung auszuführen, ohne daß er ganz den Berg hinauffahren mußte. Eine sehr beträchtliche Vertiefung, die an jenem Teil des Berges lag, wo Richard die Gespanne hatte haltmachen lassen, und von wo aus die Bauten des Dorfes gewöhnlich mit dem nötigen Gestein versehen wurden, diente zur Ausführung dieses Versuchs, welcher jedoch nicht ganz leicht und des engen Pfades wegen mit einiger Gefahr verbunden war, um so mehr, da Richard mit vieren umzuwenden hatte. Der Neger bot seine Dienste an, um die Vorderpferde auszuspannen, – eine Maßregel, die von dem Richter sehr ernstlich angeraten, von Richard aber mit großer Verachtung abgelehnt wurde.

      »Warum und weswegen, Vetter Duke?« rief er etwas unmutig. »Die Pferde sind so sanft wie die Lämmer. Du weißt ja, daß ich die vorderen selbst eingefahren habe, und die an der Deichsel sind meiner Peitsche zu nahe, um nicht bewältigt werden zu können. Frage nur den Monsieur Le Quoi, der doch etwas vom Kutschieren verstehen muß, weil er so oft mit mir gefahren ist; er soll sagen, ob auch nur die mindeste Gefahr besteht.«

      Es lag nicht in der Natur des Franzosen, so zuversichtlich ausgesprochene Erwartungen zu täuschen, obgleich er, als Richard mit den Grauschimmeln nach dem Steinbruch einlenkte, mit ein Paar Augen, welche ihm wie die eines Hummers aus dem Gesichte hervorstanden, in den vor ihm liegenden Abgrund hinunterblickte. Die Gesichtsmuskeln des Deutschen blieben ruhig, aber sein rascher Blick bewachte jede Bewegung. Herr Grant stemmte seine Hände an die Wände des Sleighs, um sich für den Sprung bereitzuhalten, aber seine natürliche Schüchternheit hielt ihn von der Ausführung ab, obgleich ihn die Angst stark dazu drängte.

      Inzwischen war es Richard durch eine plötzliche Anwendung der Peitsche gelungen, die Vorderpferde nach dem Schneedamm zu drängen, der den Steinbruch bedeckte; sobald aber die ungeduldigen Tiere fühlten, daß sie bei jedem Schritt tiefer einsanken, weigerten sie sich entschieden, in dieser Richtung auch nur einen Zoll weiter vorwärts zu gehen, indem sie sich im Gegenteil, durch das verdoppelte Rufen und Drauflosschlagen ihres Treibers in Verwirrung gebracht, gegen die Deichselpferde zurückbäumten, die ihrerseits den Sleigh rückwärts drängten. Nur ein einziger Holzbalken lag gegen das Tal hin als Schranke an dem Weg und war jetzt im Schnee begraben. Der Sleigh wurde leicht über ein so schwaches Hindernis weggeschoben, und noch ehe Richard sich der Gefahr bewußt wurde, ragte bereits die Hälfte des Schlittenkastens über einem Abgrund, der mehr als hundert Fuß senkrecht abfiel. Der Franzose, der vom Rücksitz aus die volle Gefahr des drohenden Sturzes vor Augen hatte, schob unwillkürlich seinen Körper so weit wie möglich vor und rief:

      » Ah, mon cher Monsieur Dihk! mon Dieu! que faites-vous!«

      »Donner und Blitz, Richard«, rief der deutsche Veteran in ungewöhnlicher Bewegung über die Seite des Sleighs hinaussehend; »wollen Sie denn den Schlitten samt den Pferden in den Abgrund werfen?«

      »Lieber Herr Jones«, sagte der Geistliche, »seien Sie doch klug – nehmen Sie sich in acht.«

      »Vorwärts, ihr störrischen Teufel!« rief Richard, der sich aus der Vogelperspektive von der ganzen Gefahr seiner Lage überzeugte und, in ungeduldiger Hast, vorwärts zu kommen, mit den Füßen gegen den Bock, auf dem er saß, trommelte, »vorwärts, sag’ ich – Vetter Duke, ich werde die Grauschimmel auch verkaufen müssen; sie sind die am schlechtesten eingefahrenen Pferde, die mir je vorgekommen. Monsieur Le Quaw« – Richard war zu aufgeregt, um es mit der Aussprache genau zu nehmen, auf die er sich sonst ein bißchen zugute tat – »Monsieur Le Quaw, ich bitte, lassen Sie mein Bein los; wenn Sie es so fest anfassen, so ist es kein Wunder, daß die Pferde zurückgehen.«

      »Barmherziger Himmel!« rief der Richter, »sie sind alle verloren.«

      Elisabeth stieß einen durchdringenden Schrei aus, und der Schwarze, der die Pferde des andern Sleighs lenkte, veränderte seine Farbe zu einem schmutzigen Weiß.

      In diesem bedenklichen Augenblick sprang der Jäger, der während der gegenseitigen Begrüßungen in stummem Schweigen dagesessen, aus Marmadukes Schlitten und eilte zu den widerspenstigen Grauschimmeln. Die Pferde, auf welche Richard noch immer unbarmherzig und unverständig lospeitschte, drängten noch immer zurück und drohten, der Quälerei ein schleuniges und schreckliches Ende zu machen. Der Jüngling versetzte denselben einen kräftigen Schlag vor den Kopf, daß sie zur Seite prallten und wieder in den früheren Weg einbogen. Der Sleigh wurde dadurch zwar seiner gefährlichen Lage entrissen, schlug aber nichtsdestoweniger um, so daß der Deutsche und der Geistliche ohne viele Umstände, jedoch auch ohne Gefährdung ihrer Knochen, auf die Landstraße geworfen wurden. Richard beschrieb ein Kreissegment durch die Luft, von dem die Zügel die Radien bildeten, und langte in einer Entfernung von ungefähr fünfzehn Fuß mit in die Höhe gestreckten Beinen auf demselben Schneedamme an, vor dem die Pferde gescheut hatten. Da er bei dieser Luftfahrt, wie Ertrinkende den Strohhalm, instinktiv die Zügel festgehalten hatte, so wirkte er auf bewunderungswürdige Weise wie ein Anker. Der Franzose, der sich in dem Schlitten sprungfertig gemacht hatte, kam fast in der Stellung der Knaben, wenn sie Laubfrosch spielen, gleichfalls zum Fliegen, geriet in die Tangente zur Bogenlinie seiner Flugbahn und fuhr mit seinem Kopf in den Schneedamm, wo er liegenblieb und seine dünnen Beine wie eine im Kornfeld stehende Vogelscheuche in die Höhe reckte. Major Hartmann, der während des ganzen Vorganges seine Geistesgegenwart auf eine bewundernswürdige Weise bewahrt hatte, war der erste in der Gesellschaft, der wieder auf seine Beine und zum Gebrauch seiner Stimme kam.

      »Den Teufel, Richard!« rief er in halb ernstem, halb komischem Ton, »Ihr habt da eine saubere Methode, Euern Schlitten auszuladen!«

      Es ist zweifelhaft, ob die Lage, in welcher Herr Grant einen Augenblick nach seinem Umsturz verblieb, eine Folge des stattgehabten Unfalls oder eine freiwillig angenommene war, um sich vor der Macht, die er verehrte, zu beugen und ihr für seine Rettung zu danken. Als er sich aber von seinen Knien erhob, begann er ängstlich und am ganzen Leibe bebend, um sich zu blicken, um sich von dem Zustand seiner Gefährten zu überzeugen. Auch Herrn Jones’ Geistesvermögen war in einiger Verwirrung; als sich aber der Nebel vor seinen Blicken allmählich klärte und er gewahr wurde, daß niemand Schaden genommen hatte, rief er mit großer Selbstzufriedenheit aus:

      »Nun, wir sind doch ordentlich davongekommen. Es war ein glücklicher Gedanke von mir, die Zügel nicht fahren zu lassen, sonst wären die wilden Teufel schon lange den Berg hinuntergerumpelt. Habe ich mich nicht wacker gehalten, Duke? Im nächsten Augenblicke wäre es zu spät gewesen; aber ich wußte wohl den rechten Fleck, wo ich die Vorderpferde treffen mußte. Der Schlag in die rechte Seite und der plötzliche Ruck an den Zügeln brachte sie schnell wieder in Ordnung; das wird mir niemand streitig machen.«

      »Es hat sich was mit deinem Ruck und deinem Wackerhalten, Dick«, sagte der Richter. »Ohne jenen wackeren Jungen dort wäre weder von dir noch von deinen – oder vielmehr von meinen Pferden ein Stück ganz geblieben. Aber wo ist Monsieur Le Quoi?«

      » Oh! mon cher juge! Mon ami!« rief eine erstickte Stimme, »gottlob! ich leb’; well’ Sie, liebster Agamemnon, so gefällig sein, su komm ici und su helf mir auf die Bein?«

      Der Geistliche und der Neger ergriffen den mit Schnee bedeckten Gallier an den Füßen und zogen ihn aus dem drei Fuß tiefen Damm heraus, aus dem seine Stimme wie aus

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