Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 214
»Ich mußte glauben, er habe das unglückliche Weib da gemeint.«
»Der einfältige Mann hatte Angst und plumpte mit seiner Botschaft heraus; sicher lag mehr darin. Hier sind Wände genug, die ganze Dorfschaft getrennt unterzubringen. Ein Bär muß klettern können; ich will ‘mal hinüber spioniren, es sind vielleicht Honigtöpfe in diesen Felsen verborgen, und ich bin eine Bestie, die auf solche Süßigkeiten erpicht ist.« Der Kundschafter sah zurück, seinen eigenen Einfall belachend, während er unter beständigem Nachahmen der linkischen Bewegungen eines Bären die Scheidewand hinaufkletterte. Sobald er den Gipfel erreicht hatte, winkte er Heyward zu schweigen und glitt so schnell als thunlich wieder herab.
»Sie ist hier!« flüsterte er: »und durch diese Thüre könnt Ihr zu ihr kommen. Gern hätt’ ich ein Wort des Trostes zu dem betrübten Kinde gesprochen; aber der Anblick eines solchen Ungeheuers hätte ihren Verstand gefährdet. Uebrigens – Major, Ihr seyd in eurer Malerei eben auch nicht der Einladendste.«
Duncan, der bereits hastig vorgeeilt war, zog sich bei dieser entmuthigenden Rede alsbald wieder zurück. »Seh’ ich denn wirklich so abstoßend aus?« fragte er ärgerlich.
»Ihr würdet damit keinen Wolf schrecken, noch ein Regiment der königlichen Amerikaner vom Angriffe abhalten, aber ich weiß eine Zeit, wo Ihr besser in die Augen fielet. Solche gestreifte Gesichter stehen den Squaws wohl an, aber Mädchen von weißem Blute ziehen ihre eigene Farbe vor,«
»Seht,« fügte er hinzu, auf eine Stelle weisend, wo das Wasser aus einem Felsen rieselte, ein kleines Krystallbecken bildend, ehe es einen Ausfluß durch die nahen Felsenspalten fand; »da werdet Ihr leicht des Sagamoren Tünche los, und wenn Ihr zurückkommt, will ich meine Kunst zu einem neuen Schmuck versuchen. Es ist so gewöhnlich bei einem Beschwörer, daß er die Malerei wechselt als wenn ein Windbeutel in den Colonien seinen Putz ändert.«
Der besonnene Waidmann konnte nicht viel Argumente suchen, um seinem Rathe Nachdruck zu geben. Er hatte noch nicht ausgesprochen, als Duncan sich bereits das Wasser zu Nutze machte. In einem Augenblick war jeder schreckhafte oder zurückstoßende Zug verwischt, und der junge Mann erschien wieder in der Gesichtsbildung, mit welcher ihn die Natur begabt hatte. So zu dem Besuche bei seiner Geliebten vorbereitet, nahm er hastig Abschied von seinem Begleiter und verschwand durch den bezeichneten Gang. Der Kundschafter sah sein Weggehen mit Wohlgefallen, nickte freundlich mit dem Kopfe und murmelte seine besten Wünsche, worauf er mit aller Kaltblütigkeit die Speisekammer der Huronen untersuchte, da die Höhle unter Anderem dazu diente, den Ertrag der Jagden aufzubewahren.
Duncan hatte keinen andern Führer als ein entferntes flimmerndes Licht, das dem Liebenden jedoch den Dienst des Polarsterns vertrat und ihm in den Hafen seiner Hoffnungen einlaufen half. Dieser war nur eine andere Abtheilung der Höhle, einzig zum Gewahrsam einer so wichtigen Gefangenen, wie die Tochter des Commandanten von William Henry war, in Stand gesetzt. Der Raum war voll von zerstreuter Beute aus der unglücklichen Festung. Mitten unter diesem Chaos fand er sie, die er suchte, bleich, ängstlich, erschrocken, aber immer liebenswürdig. David hatte sie auf einen solchen Besuch vorbereitet.
»Duncan!« rief sie mit einer Stimme, die über ihrem eigenen Klange zu zittern schien.
»Alice!« antwortete er, sorglos über Koffer, Kistchen, Waffen und Hausgeräthe hinwegspringend, bis er an ihrer Seite stand.
»Ich wußte, daß Sie mich nie verlassen würden,« sprach sie, zu ihm aufblickend, während eine flüchtige Röthe über ihr bekümmertes Antlitz lief. »Aber Sie sind allein! So dankenswerth es ist, in solchem Andenken zu stehen, so wünschte ich doch, Sie wären nicht ganz allein.«
Duncan, welcher sah, daß sie zitterte und nicht länger im Stande war, aufrecht zu bleiben, nöthigte sie sanft zum Sitzen und erzählte ihr die Hauptbegebnisse, die wir bereits zu schildern hatten. Alice horchte mit athemloser Aufmerksamkeit, und obgleich der junge Mann der Sorge des niedergebeugten Vaters nur leicht erwähnte, doch immer so, daß er die Selbstschätzung seiner Zuhörerin nicht verletzte, so rannen doch die Thränen so reichlich über die Wangen der Tochter, als ob sie noch nie zuvor geweint hätte. Die besänftigende Zärtlichkeit Duncan’s stillte jedoch bald den ersten Ausbruch ihres Schmerzes und sie hörte ihm mit ungetheilter Aufmerksamkeit, wenn nicht mit Fassung zu, bis er mit seiner Erzählung zu Ende war.
»Und jetzt, Alice,« fügte er hinzu, »werden Sie sehen, wie viel wir noch von Ihnen erwarten müssen. Mit Hülfe unseres erfahrenen und unschätzbaren Freundes, des Kundschafters, könnte es möglich werden, den Händen dieses wilden Volkes uns zu entziehen. Sie werden aber alle Ihre Seelenstärke aufbieten müssen: bedenken Sie, daß Sie den Armen Ihres ehrwürdigen Vaters zueilen, und wie sehr sein und Ihr Glück von Ihren Anstrengungen abhängt.«
»Kann ich anders für einen Vater handeln, der so viel für mich gethan hat?«
»Und auch für mich,« fiel der Jüngling ein, ihre Hand, die er zwischen den seinigen hielt, sanft drückend.
Der Blick der Unschuld und Ueberraschung, der aus ihrem Auge auf Heyward fiel, sagte diesem, daß er sich deutlicher erklären müsse.
»Hier ist weder Ort noch Zeit, Sie mit selbstischen Wünschen bekannt zu machen,« fügte er hinzu, »aber welches Herz, so gepreßt, wie das meinige, sollte nicht wünschen, seine Bürde abzuwerfen? Unglück, sagt man, sey das mächtigste aller Bande; was wir gemeinschaftlich um Ihretwillen erduldet haben, ließ nur wenig zwischen Ihrem Vater und mir dunkel.«
»Und meine theuerste Cora, Duncan; gewiß ist Cora nicht vergessen worden?«
»Nicht vergessen! nein, sie ist bemitleidet, betrauert worden, wie selten ein Mädchen zuvor. Ihr ehrwürdiger Vater kannte keinen Unterschied zwischen seinen Kindern; aber ich – Alice, Sie werden mir vergeben, wenn ich sage, daß für mich ihr Werth in etwas verdunkelt – « »Dann haben Sie den Werth meiner Schwester nicht kennen gelernt,« sprach Alice, ihre Hand zurückziehend, »sie spricht immer von Ihnen, als von ihrem theuersten Freunde,«
»Mit Freude darf ich sie dafür halten,« versetzte Duncan hastig, »ich wünschte, sie wäre es mir in noch höherem Grade; aber mit Ihnen, Alice, darf ich nach Ihres Vaters Erlaubniß noch auf ein näheres, theureres Band hoffen.«
Alice zitterte heftig und wandte ihr Gesicht einen Augenblick bei Seite, einer ihrem Geschlechte so natürlichen Empfindung nachgebend: doch bald schwand dieser Eindruck und sie war wieder Herrin ihrer Fassung, wenn nicht ihrer Gefühle.
»Heyward,« sprach sie, ihn mit einem rührenden Ausdruck von Unschuld und Vertrauen anblickend, »geben Sie mir die heilige Gegenwart und die Einwilligung meines ehrwürdigen Vaters, bevor Sie weiter in mich dringen,«
»Mehr durfte und weniger konnte ich nicht sagen,« war der Jüngling im Begriff zu antworten, als ihn ein leichter Schlag auf seine Schulter unterbrach. Er sprang auf, wandte sich gegen den Eindringling, und seine Blicke fielen auf die dunkle Gestalt und das boshafte Gesicht Magua’s. Das gedämpfte Lachen aus der Kehle des Wilden tönte in einem solchen Augenblick für Duncan wie der höllische Hohn eines Dämons. Wäre er dem ungestümen, heftigen Drange des Augenblicks gefolgt, so hätte er sich auf den Huronen geworfen, und sein Schicksal dem Ausgang eines Kampfes um Leben und Tod anvertraut. Da er aber keine Waffen hatte und nicht wußte, welche Hülfe dem listigen Feind noch zu Gebote stehe – da er zudem für die Sicherheit eines Wesens zu wachen hatte, das eben jetzt seinem Herzen theurer als je geworden war, gab er diesen verzweifelten Entschluß eben so schnell auf, als er ihn gefaßt hatte,
»Was hast Du vor?« fragte Alice, ihre Hände sanft