Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

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      Der triumphirende Indianer hatte seine strenge Haltung wieder angenommen, zog sich aber vor den drohenden Blicken aus dem feurigen Auge des jungen Mannes vorsichtig zurück. Er betrachtete beide Gefangene eine Weile mit festem Blicke, trat dann bei Seite und wälzte ein Stück Holz vor eine andere Thüre, als die, durch welche Duncan eingetreten war. Dieser begriff jetzt die Art des Ueberfalls, und da er sich unrettbar verloren glaubte, zog er Alice an seine Brust, und stand bereit, sich einem Schicksal zu unterwerfen, das ihm sehr nahe ging, da er es in solcher Gesellschaft erleiden sollte. Magua sann aber nicht auf augenblickliche Gewaltthat: seine ersten Maaßregeln gingen nur dahin, sich seines neuen Gefangenen zu versichern, ja er warf nicht einmal einen Blick weiter auf die regungslosen Gestalten in der Mitte der Höhle, bis jede Möglichkeit, durch die geheime Pforte, zu entfliehen, die er benützt hatte, abgeschnitten war. Heyward blieb ein aufmerksamer Beobachter aller seiner Bewegungen, ruhig da stehend, indem er die zarte Gestalt Alicens an sein Herz gedrückt hielt, zu stolz und zu hoffnungslos, einen so oft überwundenen Feind um Schonung anzustehen. Als Magua seine Vorkehrungen getroffen, näherte er sich den Gefangenen und sagte in englischer Sprache:

      »Die Blaßgesichter fangen die schlauen Biber; die Rothhäute aber wissen, wie man die Yengeese fängt.«

      »Hurone, thue, was Du kannst!« rief der aufgereizte Heyward, vergessend, daß er jetzt zwei Leben auf’s Spiel setzte. »Ich verachte Dich, wie Deine Rache!«

      »Wird der weiße Mann auch am Pfahle so sprechen?« fragte Magua, seine Worte mit einem Hohnlächeln begleitend, das zeigte, wie wenig Glauben er in diesen Entschluß des Andern habe. »Hier, Dir dem Einzelnen in’s Gesicht und in Gegenwart Deines Stammes!«

      »Le Renard Subtil ist ein großer Häuptling!« erwiederte der Indianer, »er wird seine jungen Leute herbeiholen, damit sie sehen, wie standhaft ein Blaßgesicht Martern verlachen kann.«

      Mit diesen Worten wandte er sich ab und war im Begriff, durch den Gang, durch welchen Duncan gekommen war, sich zu entfernen, als ein Brummen sein Ohr traf und ihn etwas zögern ließ. Die Gestalt des Bären erschien jetzt unter der Thüre, setzte sich nieder und wiegte sich wieder mit gewohnter Beweglichkeit. Magua betrachtete ihn, wie der Vater der kranken Frau, einen Augenblick scharf, als wollte er sich über seine wahre Natur in’s Klare setzen. Ueber den gewöhnlichen Aberglauben seines Stammes weit erhaben, unterschied er bald die wohlbekannte Maske des Beschwörers und wollte in kalter Verachtung an ihm vorübergehen. Doch ein lauteres und drohenderes Brummen desselben veranlaßte ihn noch einmal stille zu stehen; endlich aber schien er entschlossen, sich durch die Posse nicht länger aufhalten zu lassen und ging festen Schrittes weiter. Der kunstfertige Bär, welcher vorgetreten war, zog sich langsam vor ihm zurück, bis an den Eingang, wo er sich auf seine Hinterbeine stellte und nach der Weise seines Vorbildes in der Thierwelt mit den Tatzen in der Luft herum schlug,

      »Narr!« rief der Häuptling auf Huronisch, »geh’, spiele mit Kindern und Weibern, und mache Dich nicht an weise Männer!«

      Noch einmal versuchte er, an dem vermeintlichen Charlatan vorbeizukommen, indem er selbst eine Scheindrohung mit dem Messer oder dem Tomahawk verschmähte, der an seinem Gürtel hing. Plötzlich aber streckte das Thier seine Arme oder vielmehr Füße aus und umschloß ihn mit einer Gewalt, die sich selbst mit der des weitberühmten Riesenbären hätte messen dürfen. Duncan war allen Bewegungen Hawk-eye’s mit athemloser Erwartung gefolgt. Er ließ zuerst Alice los, haschte dann nach einem Riemen von Bocksleder, der um einen Bündel geschnürt gewesen war, und stürzte, als er seinen Feind beide Arme an die Seite gepreßt von den eisenfesten Muskeln des Kundschafters umschlungen sah, auf Magua zu, ihn festzubinden. Schneller, als wir es erzählen, hatte er ihm Arme, Beine und Füße zwanzigfach mit den Riemen umzogen. Als der furchtbare Hurone so ganz und gar gefesselt war, ließ der Kundschafter seine Beute los und Duncan legte seinen Feind, völlig hülflos, auf den Rücken.

      Während dieser plötzlichen und unerwarteten Operation hatte Magua nicht den leisesten Ruf von sich gegeben, obwohl er sich mit Leibeskraft sträubte, bis er überzeugt war, daß er sich in den Händen eines Mannes von weit stärkeren Muskeln befinde. Als aber Hawk-eye, um sein Verfahren in Kürze zu erklären, die zottigen Bärenkinnbacken bei Seite schob, und sein eigenes, finsteres und rauhes Antlitz den Blicken des Gegners wies, war die Philosophie des Huronen so weit aus dem Feld geschlagen, daß er das nie fehlende »Hugh!« ausstieß.

      »Ja, nun bist Du wieder Deiner Zunge mächtig!« sprach der unerschütterte Sieger, »damit Du sie aber nicht zu unserem Verderben gebrauchst, muß ich mir erlauben, Dir den Mund zu stopfen.«

      Da keine Zeit zu verlieren war, so machte sich der Kundschafter sogleich herbei, diese nöthige Vorsichtsmaßregel in’s Werk zusetzen; und nachdem er den Indianer geknebelt hatte, schien dieser mit allem Fug als kampfunfähig betrachtet werden zu dürfen.

      »Wo kam der Schurke herein?« fragte der emsige Kundschafter, als er sein Werk vollendet hatte. »Seit Ihr mich verlassen habt, ist nicht eine Seele an mir vorbei gekommen,«

      Duncan wies auf die Thür, durch welche Magua seinen Eingang genommen hatte: der Rückzug durch sie bot aber jetzt zu viele Hindernisse dar.

      »So kommt mit dem Mädchen,« fuhr sein Freund fort, »wir müssen versuchen, durch den andern Ausgang in den Wald zu gelangen!«

      »Es ist unmöglich!« entgegnete Duncan, »die Furcht hat sie bewältigt. Sie kann sich keine Hülfe geben. Alice, meine süße, meine einzige Alice, raffe Dich auf! jetzt ist der Augenblick zur Flucht! – Es ist umsonst. Sie hört uns, ist aber unvermögend zu folgen. Geht, edler, würdiger Freund! Rettet Euch und überlasset mich meinem Schicksal!«

      »Jede Fährte hat ihr Ende und jedes Unglück gibt eine Lehre!« entgegnete der Kundschafter. »Da, wickelt sie in diese Indianerkleidung, doch so, daß ihre kleine Gestalt ganz unsichtbar wird! Nein, der Fuß hat seines Gleichen nicht in der Wildniß; er wird sie verrathen! Alles, auch das Geringste verborgen! Jetzt nehmt sie in die Arme und folget. Das Uebrige sey mir überlassen!«

      Duncan war, wie man aus den Worten seines Gefährten schließen wird, eifrig beschäftigt zu gehorchen, und kaum hatte der Andere ausgeredet, so nahm er die leichte Gestalt Alicens in seine Arme und folgte den Fußtritten des Kundschafters. Sie fanden die kranke Frau, wie sie sie verlassen hatten, ganz allein, und schritten schnell durch die Felsengallerie dem Ausgange zu. Als sie sich der kleinen Rindenthür näherten, verkündigte ihnen ein Gemurmel von Summen, daß die Freunde und Verwandten der Kranken außen versammelt waren, geduldig eine Aufforderung zum Wiedereintritt erwartend.

      »Wenn ich meine Lippen öffne, um zu sprechen,« flüsterte Hawk-eye, »so wird den Schelmen mein Englisch, die wahre Sprache einer Weißhaut, verrathen, daß ein Feind unter ihnen ist. Ihr müßt daher Euer Kauderwelsch preisgeben, Major, müßt sagen, daß wir den bösen Geist in die Hölle eingeschlossen haben und die Frau in die Wälder nehmen wollen, um stärkende Wurzeln für sie zu finden. Nehmt all Eure Schlauheit zusammen, denn hier ist dergleichen wohl erlaubt.« Die Thüre öffnete sich ein wenig, als ob Jemand von außen horchen wollte, was innen vorgehe. Dies nöthigte den Kundschafter, mit seinen Anleitungen zu schweigen. Ein wildes Gebrumm trieb den Lauscher zurück, der Kundschafter stieß kühn die Rindenthür auf und verließ den Ort, fortwährend die Bärenrolle spielend. Duncan ging dicht auf seinen Fersen und fand sich alsbald mitten in einem Trupp von zwanzig ängstlich neugierigen Verwandten und Freunden. Der Haufe wich etwas zurück und ließ den Vater und einen, welcher der Gatte der Frau zu seyn schien, näher treten.

      »Hat mein Bruder den bösen Geist ausgetrieben?« fragte der Erstere. »Was hat er in seinen Armen?«

      »Dein Kind!« sprach Duncan feierlich; »die Krankheit ist von ihr gewichen und ist in den Felsen eingeschlossen. Ich trage die Frau eine Strecke weit fort,

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