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Untersuchungen zur Reaktion des Gehirns auf Gerüche hatten immer ein gemeinsames Element: das Subjekt mit irgendetwas extrem Stinkigem zu konfrontieren und das Ergebnis zu messen. Einer der frühen Wissenschaftler, der die Gehirnreaktionen auf Geruch studierte, war der Physiologe Edgar Adrian, der den bescheidenen Igel verschiedenen Gestänken aussetzte, darunter dem verwesender Würmer. „Wasser, in dem einem Regenwurm zu verwesen erlaubt wurde“ rief eine deutliche Reaktion auf Seiten des Igels hervor.
Stärker zeitgenössische Wissenschaftler konfrontierten Kaninchen mit scharf riechendem Cheddar-Käse, lockten Tsetse-Fliegen mit einem Gemisch aus Ochsen- und Büffelurin an, setzten verängstigte Ratten den Analdrüsensekreten ihrer Fressfeinde Wiesel und Rotfuchs aus oder, ein neuerer Versuch, hielten Hunden den Achselhöhlengeruch ihrer Besitzer unter die Nase.
Hier müssen wir zur Erklärung etwas weiter ausholen: Neurowissenschaftler haben oft eine Vorliebe für Versuche, die großen Fragen zum Geist und zum Denken mit Hilfe von Geräten beantworten zu wollen. Magnetresonanztomographen (MRTs) können, wenn man sich in ihnen drin befindet oder von ihnen generierte Bilder anschaut, oberflächlich betrachtet wie Gedankenleser erscheinen. Bei der „funktionellen“ MRT liegt das Subjekt auf einer Plattform, die von einer Röhre umgeben ist, in der sich ein sehr starker Magnet befindet. Durch Störungen des Magnetfelds können Bilder des Blutflusses im Gehirn (und damit der neuralen Aktivität) festgehalten werden. Legen Sie sich hin und denken Sie an Ihre Großmutter, und diejenigen Bereiche Ihres Gehirns, in dem Ihre Erinnerungen an Omas schiefes Lächeln, an ihre Brille, an den Geruch von Talkum und an die Spielzeuge sitzen, die sie für Sie gebastelt hat, als Sie noch klein waren, werden auf dem Computerbildschirm aufleuchten.
Aber eine fMRT wird niemals die Frage beantworten, wie es sich anfühlt, diese Erinnerungen zu haben oder Omas Geruch wieder in sich wachzurufen. Bilder von Gehirnbereichen erklären nicht, wie der Geruch von Talkumpuder in mir das Erinnerungsbild an meine Großmutter weckt, wie sie im dunklen, vollgestellten Wohnzimmer in ihrem Spezialsessel sitzt. Stattdessen lässt das Gerät uns die Aktivität von weitem betrachten: Man schaut dem Meteoritenschauer der Perseiden zu, ohne deshalb Antwort auf die Fragen des Universums zu finden. Und so haben auch ein paar Forschungsprogramme damit begonnen, die Gehirne von Hunden in MRTs zu betrachten. Was an sich schon für beide Spezies eine – wenn auch machbare – Mammutleistung in Sachen Training und Geduld ist, da die Hunde im Tomographen bei Bewusstsein, sprich wach sein, aber trotzdem vollkommen stillhalten müssen. In einer der ersten MRT-Studien hatte man untersucht, welche Bereiche in den Gehirnen von Hunden angesprochen wurden, denen man den Geruch ihrer Besitzer vorhielt.
„Geruch der Besitzer“ meint in diesem Fall den Geruch aus den Achselhöhlen der Besitzer, den man mit einem Gazepad abgenommen hatte und nun damit vor der Nase des bäuchlings im MRT liegenden Hundes wedelte. Man fand heraus, dass ein Gehirnbereich namens Nucleus caudatus angesichts des Achselhöhlengeruchs vor Aufregung geradezu tanzte. Die Wissenschaftler hatten nach diesem Bereich Ausschau gehalten, weil er leicht auf dem MRT-Bild zu erkennen ist und weil er mit Belohnungsempfindungen in Verbindung gebracht wird.
Ich schlage noch eine weitere Methode vor, um zu erforschen, wohin genau die Geruchsinformation im Gehirn geht: Beobachten Sie Ihren Hund. Wenn Sie Ihr Leben mit einem Hund teilen, dann wissen Sie, was passiert, nachdem sein Gehirn ein totes Eichhörnchen identifiziert hat. Kein Hund wartet und denkt über die Tragweite seines nächsten Schrittes nach, bevor er handelt.
Er wirft sich darauf und wälzt sich darin.
Das passt zu einer Theorie, die von Stuart Firestein vertreten wird: „Meine verrückteste Idee – möchten Sie sie hören?“ Ja, möchte ich. „Ich denke, dass die tatsächliche Wahrnehmung eines Geruchsobjekts“ – das Gefühl, einen Geruch zu erleben – „vermutlich erst dann stattfindet, wenn sie sehr nah am oder sogar im Motorkortex auf ihn treffen,“ erklärt mir Firestein. „Denn das meiste, was wir in Sachen Geruch unternehmen, hat etwas mit dem Treffen von Entscheidungen zu tun: Soll ich es in den Mund nehmen, soll ich davor fliehen, soll ich es ficken oder was auch immer soll ich damit tun?“
Tatsächlich wandern einige der Signale des Riechkolbens direkt zum Motorkortex, demjenigen Teil des Gehirns, das die Bewegung kontrolliert. Der Motorkortex steuert die Muskeln in den Beinen des Hundes, die daraufhin elegant einknicken, den präzisen Neigungswinkel des Kopfes, um ganz genau in dem lecker riechenden Zeugs zu landen und die Intensität des Windens auf dem Rücken, die erforderlich ist, um den Geruch möglichst gleichmäßig auf sich zu verteilen. Und achten Sie einmal darauf: Das Erste, was der Hund tut, nachdem er wieder von der Eichhörnchenkadaver-Wälzorgie aufsteht, ist, einen weiteren Hauch des Geruchs zu erhaschen.
VNO
Er leckt. Er leckt mein Knie, mein Gesicht, meine Ohren. Er leckt die Luft, während er mir näher kommt und seine Zunge nach mir ausstreckt. Es fühlt sich nach Zuneigung an, und ich lächle. Aber er leckt auch die Hausecke, jenen besonders intensiv riechenden Flecken Gras und – seufz – das Hinterteil der Katze.
So viel Nase! Aber bei Hunden ist, genau wie bei vielen anderen Säugetieren auch, das olfaktorische System größer als nur die Nase. Hunde haben eine Art „zweite Nase“ direkt unter dem Knochen, der die beiden Nasenlöcher voneinander trennt und der über dem Gaumendach liegt. Zwei Knorpelschnecken beherbergen das, was man als vomeronasales Organ bezeichnet (von Wissenschaftlern, die sich vier Silben sparen wollten, kurz angebunden VNO genannt) und das ebenso sehr zum Riechen beiträgt wie die Nase selbst. Der Namensbestandteil vomer beschreibt die Form des Organs: Es ist wie eine Pflugschar, lateinisch vomer, geformt. Unter der Nase versteckt, kann das Organ durch einfaches Schnüffeln nicht erreicht werden, sondern die Gerüche müssen erst in der Schleimhaut gelöst und dann aufgesaugt werden. Dieser Pumpmechanismus entsteht entweder durch direkte Berührung des Geruchsmoleküls oder durch das Ziehen eines absolut albern aussehenden Gesichts, das man als Flehmen bezeichnet. Sollten Sie einmal ein Pferd dabei beobachten, wie es seine Oberlippe hochzieht und mit in sich gekehrtem Blick leicht zu erzittern scheint, dann sind Sie gerade Zeuge eines klassischen Flehmens: Der Geruch wird zurück zum Nasengewebe gesogen, um dort absorbiert zu werden. Das Schwein öffnet zum Flehmen sein Maul sperrangelweit, während die Katze es nur ein kleines bisschen öffnet und dabei irgendwie beunruhigend verwirrt aussieht. Bei der Schlange schnellt die gegabelte Zunge hervor, um Gerüche einzufangen und beidseits an das VMO zu senden.
Die meisten Hunde zeigen kein klassisches Flehmen mit Hochziehen der Lippe, sondern haben ihre eigenen Methoden. Manchmal kräuselt ein Hund, nachdem er an etwas geschnüffelt hat, seine Nase und klappert mit den Zähnen – das ist die hündische Version des Flehmens. Oder noch besser – sie lecken. Die extravagante, lange Hundezunge eignet sich prima, um auch die letzten Reste aus dem Erdnussbutter-Glas zu lecken und Ihnen nach dem Laufen den Schweiß von den Beinen zu lecken, ja, aber sie ist auch der perfekte Mechanismus, um Gerüche zwecks näherer Untersuchung zum VNO zu transportieren. Boden lecken, Nase lecken, riechen.
Das VNO ermöglicht es dem Hund, diejenigen Arten von Molekülen zu entschlüsseln, die auf dem normalen Geruchsweg oft nicht erkannt werden können, so zum Beispiel Pheromone. Ein Pheromon ist ursprünglich definiert als Signal, das zwischen den Mitgliedern zweier Spezies gesendet wird und das den Empfänger dieses Signals dazu bringt, sich auf eine ganz bestimmte Art zu verhalten oder zu entwickeln. So bringt das von einem Eber produzierte Androstenon zum Beispiel eine Sau dazu, mehr oder weniger roboterhaft eine Paarungshaltung einzunehmen oder das von einem weiblichen Seidenspinner produzierte Bombykol heftet