Hund-Nase-Mensch. Alexandra Horowitz

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Hund-Nase-Mensch - Alexandra Horowitz

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ermöglichen würden, Hitze über ihre Hautporen loszuwerden. Sie haben nur ihre beweglichen, pulsierenden Zungen. Sie müssen also hecheln – und das Hecheln drückt, wie die Schlierenfotografie zeigt, eine solche Menge an Luft heraus, dass keine riechende Luft mehr bis zur Nase gelangen kann. Der hechelnde Hund muss erst seinen Fang schließen, um wieder gut riechen zu können.

      Das Schnüffeln meines Finnegan ist gut hörbar – er hat seine eigene, ganz persönliche Kombination aus Schnaufen, Grunzen und Prusten. Draußen ist er ein Nase-auf-dem-Boden-Hund, der unsichtbare Geschichten im Gras liest. Geben Sie ihm einen bei den örtlichen Hunden beliebten Baumstamm und er wird ihn mit seinem schnellen Schnupf-Schnüffeln und seinen turbulenten Ausatmungsströmen überziehen. Mich, die ich am anderen Ende der Leine hänge, bringt er abrupt zum Stoppen, weil er seine Nase in einen Geruch stecken muss und seinen ganzen Körper auf dem Boden festzementiert, damit seine Nase frei arbeiten kann. Upton, unser zweiter Hund, hat das Schnüffeln von Finn gelernt – gelernt, dass es in diesem Haus in Ordnung ist, plötzlich stehenzubleiben und zuerst die Gerüche zu untersuchen, bevor man weitergeht.

       Schnauze

      Wenn jemand nicht wüsste, welches die dominanteste Sinneswahrnehmung von uns Menschen ist, würde es ihn nur ein paar Minuten Beobachtung kosten, das herauszufinden. Wir führen uns alles, das wir wahrnehmen oder untersuchen wollen, vor Augen. Etwas befindet sich seitlich von uns? Wir drehen den Kopf (und damit die Ohren weg), sodass unsere Augen es direkt anschauen können. Wir hören etwas über unserem Kopf oder unter unseren Füßen? Wir versuchen nicht etwa, nach oben zu hören oder nach unten zu schnuppern: Wir schauen hin. Unsere Gesichter bieten zwar Augen und Nase ungefähr gleich viel Raum, aber die Augen sind von einer ganzen Reihe Schutzvorrichtungen umgeben – Augenbrauen, obere und untere Wimpern. Und viele von uns nutzen ihre Nasen zu nichts anderem denn als Sitzstange für große Brillengläser, die uns besser sehen helfen. Siehst Du?, erkundigen wir uns, ob jemand etwas verstanden hat – nicht etwa „Riechst Du?“ oder „Schmeckst Du?“. Für uns ist Sehen gleichbedeutend mit Verstehen. Wenn wir andere treffen, begrüßen wir uns gegenseitig mit den Augen: Jemand nicht anzuschauen gilt als unhöflich, wenn nicht sogar anormal. Beim Gehen lenken wir schon Sekunden, bevor unsere Füße die Richtung ändern, unseren Kopf und unsere Augen auf einen Wendepunkt.

      Genau so geht es dem Hund mit seiner Nase. Allein schon nur ihre Position am Hundekörper trägt erheblich dazu bei, dass so fein abgestimmtes Schnüffeln möglich ist. Die Schnauze steht ganz einfach vor. Es ist kein Zufall, dass sie sich am Ende eines Kopfes befindet, der über einen sehr beweglichen Hals bis auf den Boden reichen kann – dorthin, wo die meisten Gerüche liegen. Hunde verbringen nicht viel Zeit mit der Frage, wie es wohl in den Baumwipfeln riecht: Sie schnüffeln an Dingen, die entweder aus der Erde kommen oder auf ihr gelandet sind. Auch wichtige anatomische Teile hündischer Artgenossen befinden sich auf, nun ja, ungefähr Nasenhöhe.

      Hundeschnauzen sind aus gutem Grund so lang: Die Evolution investiert nur dann in größere anatomische Immobilien, wenn dies guten Nutzen bringt. Die höhlenähnlichen, feuchten Gänge, die unter Haut und Fell liegen, sind vollgepropft mit Luftfiltern, Befeuchtern und Erwärmungsvorrichtungen. Wenn Sie einen erheblichen Teil Ihres Lebens damit verbringen, Hundehinterteile und verwesende Eichhörnchenkadaver zu beriechen, tun Sie gut daran, über einen hervorragenden Luftfilter zu verfügen. Die eingeatmete Luft wird gereinigt und klimatisiert, bevor sie in die hinteren Nasenbereiche gelangt. Sie muss erst für die höfische Präsentation zurechtgemacht werden, denn sie wird in den hinteren Gemächern auf königliche Neuronen treffen, die einen direkten Draht zum Gehirn haben.

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      „Aha, Sie wurden also von einer Nasenöffnung gefangen,“ sagt Craven, während er Sie, die Sie sich unerschrocken auf dem Geruchsmolekül festklammern, durch das Innere der Schnauze geleitet. „Ganz schön stürmisch hier im Empfangsraum.“ Der Hund zieht die Geruchsteilchen mit Hilfe seiner Lunge in die Nasenhöhle, wo die Luft turbulent und chaotisch ist. Und dann treffen wir auf eine Gabelung in der Nase. Eingeatmete Luft kann nun einen von zwei Wegen nehmen: Den Atem- oder den Schnüffelweg. Wenn Sie den Atemweg nehmen, werden Sie angewärmt und befeuchtet und reisen zur Lunge weiter. Aber falls Sie zu Riechzwecken von einem Hund aufgeschnuppert wurden, reisen Sie eine ganz andere Route entlang, und zwar auf einer Schnellstraße in Richtung Geruchszentrum. Ein Luftstrom schwirrt einen verschlungenen, turbulenten Pfad entlang, vorbei an einer Reihe dünner, gebogener Knochen, den Nasenmuscheln, entlang, die im Querschnitt einem großen, auf kleinen Raum zusammengefalteten Gehirn ähneln. Auch die Nasenmuscheln sind Teil des Reinigungssystems. Weiter hinten sind einige von ihnen außerdem auch mit Gewebe bedeckt, das beim Riechen hilft. Die Muscheln bilden die achterbahnähnlichen Strecken, die der Geruch auf seiner Schnüffelreise entlangfegt.

      Da die Luft entlang der Geruchsstraße nur in Einbahnrichtung verkehrt (Gerüche werden dann entweder über die spezielle Atemroute ausgeatmet oder von Enzymen zerlegt), können Hunde etwas ganz besonders Irres mit ihren Nasen anstellen: Sie können ankommende Gerüche in Gruppen sortieren. Manche Gerüche werden leichter absorbiert als andere, was bedeutet, dass sie schon früher auf ihrem Weg durch die Nase von den Sinneszellen festgehalten werden. So fanden Forscher zum Beispiel heraus, dass ein Bestandteil des Sprengstoffs TNT, nämlich DNT, leichter als andere Gerüche aufgegabelt wird, was der Grund dafür sein könnte, dass Suchhunde ihn offensichtlich mit Leichtigkeit finden können. Er ist stärker löslich, löst sich also schon früher in der Nase als beispielsweise ein Molekül wie Amylacetat (riecht nach Banane), welches wiederum stärker löslich ist als Limonen (riecht nach Zitronen), das es bis ganz nach hinten zum Seitenventrikel (Recessus olfactorius) schafft, bevor es in die Schleimhaut absorbiert wird und einen Rezeptor findet, an den es sich binden kann. Wir verlangen ja eher selten von Hunden, dass sie Bananen für uns aufspüren, aber wir könnten es ohne weiteres tun.*

      Dank der Anordnung der verschiedenen Sinnesrezeptoren in der Nase kann ein Hund mit der Identifizierung und Unterscheidung von Gerüchen schon in seiner Nase beginnen, bevor das Gehirn überhaupt beteiligt wird.

      Gegen Ende des Kanals wird der Geruch plötzlich abgebremst. Hier sind die Muschelknochen mit Riechschleimhaut bekleidet, einem bräunlichen Gewebe, das die Sinneszellen beherbergt, welche die Gerüche aus der Luft fangen und in dem die magische Verwandlung von „Geruch“ zu „Geruch, den man riecht“ beginnt.

      „Dann,“ so warnt mich Craven, „werden Sie irgendwann von dem Schleim, der diese Luftwege auskleidet, entweder niedergeschlagen oder absorbiert, und Sie werden sich langsam auflösen.“ Was nicht so grausam ist, wie es sich anhört. Eine dünne Beschichtung, etwa zehn Mikrometer stark, bildet den Übergang von der Außenluft zu den inneren Nervenzellen. Der Geruch, auf dem Sie sitzen, wird innerhalb einer Zehntelsekunde durch die Schleimhaut wandern, was etwa auch die Zeit ist, die ein Schnüffler vom Naseneingang bis in den hinteren Nasenbereich benötigt. Aber für den Moment können Sie sich erst einmal entspannen.

       Eine Nische für Gerüche

      Sie sind in der Sackgasse der Hundenase angekommen, im Recessus olfactorius. Dies ist der am weitesten hinten gelegene Teil der Nase, der sich von einem Punkt zwischen den Augen aus gesehen etwas mehr als einen Zentimeter tief im Schädel befindet. Im Recessus olfactorius können Gerüche herumhängen und eine Sinneszelle zu finden versuchen, an die sich ankuscheln und mit ihr etliche Runden Ein- und Ausatmen drehen können. Hunde bekommen die Gelegenheit, wirklich ausgiebig über die Gerüche nachzudenken, die sie eingeschnuppert haben, bevor die Luft wieder nach draußen entwischt.

      Der Recessus ist, genau wie einige Knochen auf dem Weg zu ihm, mit der zuvor schon erwähnten Riechschleimhaut ausgekleidet. Wenn es in Zeitungsartikeln heißt, dass der Geruchssinn von Hunden zehntausend Mal, gar eine Million Mal oder was-weiß-ich um welchen Zehnerexponenten besser ist als der

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