Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine
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Doch böse Zungen zischelten Zwiespalt,
und es trennte sich feindlich
das hohe, leuchtende Ehpaar.
Jetzt am Tage, in einsamer Pracht,
ergeht sich dort oben der Sonnengott,
ob seiner Herrlichkeit
angebetet und vielbesungen
von stolzen, glückgehärteten Menschen.
Aber des Nachts,
am Himmel, wandelt Luna,
die arme Mutter
mit ihren verwaisten Sternenkindern,
und sie glänzt in stummer Wehmut,
und liebende Mädchen und sanfte Dichter
weihen ihr Tränen und Lieder.
Die weiche Luna! Weiblich gesinnt,
liebt sie noch immer den schönen Gemahl.
Gegen Abend, zitternd und bleich,
lauscht sie hervor aus leichtem Gewölk,
und schaut nach dem Scheidenden, schmerzlich,
und möchte ihm ängstlich rufen: „Komm!
komm! die Kinder verlangen nach Dir –“
Aber der trotzige Sonnengott,
bei dem Anblick der Gattin, erglüht’ er
in doppeltem Purpur,
vor Zorn und Schmerz,
und unerbittlich eilt er hinab
in sein flutenkaltes Witwerbett.
Böse, zischelnde Zungen
brachten also Schmerz und Verderben
selbst über ewige Götter.
Und die armen Götter, oben am Himmel
wandeln sie, qualvoll,
trostlos unendliche Bahnen,
und können nicht sterben,
und schleppen mit sich
ihr strahlendes Elend.
Ich aber, der Mensch,
der niedrig gepflanzte, der Todbeglückte,
ich klage nicht länger.
Die Nacht am Strande
Sternlos und kalt ist die Nacht,
es gärt das Meer;
und über dem Meer, platt auf dem Bauch,
liegt der ungestaltete Nordwind,
und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme,
wie’n störriger Griesgram, der gutgelaunt wird,
schwatzt er ins Wasser hinein,
und erzählt viel tolle Geschichten,
Riesenmärchen, todschlaglaunig,
uralte Sagen aus Norweg,
und dazwischen, weitschallend, lacht er und heult er
Beschwörungslieder der Edda,
auch Runensprüche,
so dunkeltrotzig und zaubergewaltig,
dass die weissen Meerkinder
hochaufspringen und jauchzen,
Übermut-berauscht.
Derweilen, am flachen Gestade,
über den flutbefeuchteten Sand
schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen,
das wilder noch als Wind und Wellen.
Wo er hintritt,
sprühen Funken und knistern die Muscheln;
und er hüllt sich fest in den grauen Mantel,
und schreitet rasch durch die wehende Nacht: –
sicher geleitet vom kleinen Lichte,
das lockend und lieblich schimmert
aus einsamer Fischerhütte.
Vater und Bruder sind auf der See,
und mutterseelenallein blieb dort
in der Hütte die Fischertochter,
die wunderschöne Fischertochter.
Am Herde sitzt sie,
und horcht auf des Wasserkessels
ahnungssüsses heimliches Summen,
und schüttet knisterndes Reisig ins Feuer,
und bläst hinein,
dass die flackernd roten Lichter
zauberlieblich widerstrahlen
auf das blühende Antlitz,
auf die zarte, weisse Schulter,
die rührend hervorlauscht
aus dem groben, grauen Hemde,
und auf die kleine, sorgsame Hand,
die das Unterröckchen fester bindet
um die feine Hüfte.
Aber plötzlich, die Tür springt auf,
und es tritt herein der nächtige Fremdling;
liebesicher ruht sein Auge
auf dem weissen, schlanken Mädchen,
das schauernd vor ihm steht,
gleich einer erschrockenen Lilie;
und