Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine
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hätte ich können vor Hunger krepieren,
wär nicht gekommen ein braver Mann,
wacker nahm er sich meiner an.
Braver Mann! Er schafft mir zu essen!
Will es ihm nie und nimmer vergessen!
Schade, dass ich ihn nicht küssen kann!
Denn ich bin selbst dieser brave Mann.
64 Diesen liebenswürdgen Jüngling
kann man nicht genug verehren;
oft traktiert er mich mit Austern
und mit Rheinwein und Likören.
Zierlich sitzt ihm Rock und Höschen,
doch noch zierlicher die Binde,
und so kommt er jeden Morgen,
fragt, ob ich mich wohl befinde;
Spricht von meinem weiten Ruhme,
meiner Anmut, meinen Witzen;
eifrig und geschäftig ist er,
mir zu dienen, mir zu nützen.
Und des Abends, in Gesellschaft,
mit begeistertem Gesichte,
deklamiert er vor den Damen
meine göttlichen Gedichte.
Oh, wie ist es hoch erfreulich,
solchen Jüngling noch zu finden,
jetzt in unsrer Zeit, wo täglich
mehr und mehr die Bessern schwinden.
Zu der Lauheit und der Flauheit
deiner Seele passte nicht
meiner Liebe wilde Rauheit,
die sich Bahn durch Felsen bricht.
Du, du liebest die Chausseen
in der Liebe, und ich schau
dich am Arm des Gatten gehen,
eine brave, schwangre Frau.
65 Mich träumt: ich bin der liebe Gott,
und sitz im Himmel droben,
und Englein sitzen um mich her,
die meine Verse loben.
Und Kuchen ess ich und Konfekt
für manchen lieben Gulden,
und Kardinal trink ich dabei,
und habe keine Schulden.
Doch Langeweile plagt mich sehr,
ich wollt, ich wär auf Erden,
und wär ich nicht der liebe Gott,
ich könnt des Teufels werden.
Du langer Engel Gabriel,
geh, mach dich auf die Sohlen,
und meinen teuern Freund Eugen
sollst du herauf mir holen.
Such ihn nicht im Kollegium,
such ihn beim Glas Tokayer;
such ihn nicht in der Hedwigskirch,
such ihn bei Mamsell Meyer.
Da breitet aus sein Flügelpaar
und fliegt herab der Engel,
und packt ihn auf, und bringt herauf
den Freund, den lieben Bengel.
Ja, Jung, ich bin der liebe Gott,
und ich regier die Erde!
Ich habs ja immer dir gesagt,
dass ich was Rechts noch werde.
Und Wunder tu ich alle Tag,
die sollen dich entzücken,
und die zum Spasse will ich heut
die Stadt Ix—Ix beglücken.
Die Pflastersteine auf der Strass,
die sollen jetzt sich spalten,
und eine Auster, frisch und klar,
soll jeder Stein enthalten.
Ein Regen von Zitronensaft
soll tauig sie begiessen,
und in den Strassengössen soll
der beste Rheinwein fliessen.
Wie freuen die Ix—Ixer sich
sie gehen schon ans Fressen;
die Herren von dem Landgericht,
die saufen aus den Gössen.
Wie freuen die Poeten sich
bei solchem Götterfrasse!
Die Leutnants und die Fähnderichs,
die lecken ab die Strasse.
Die Leutnants und die Fähnderichs,
das sind die klügsten Leute,
sie denken: alle Tag geschieht.
kein Wunder so wie heute.
66 Von schönen Lippen fortgedrängt, getrieben
aus schönen Armen, die uns fest umschlossen!
Ich wäre gern noch einen Tag geblieben,
da kam der Schwager schon mit seinen Rossen.
Das ist das Leben, Kind! ein ewig Jammern.
Ein ewig Abschiednehmen, ewges Trennen!
Konnt denn dein Herz das mein’ge nicht umklammern?
Hat selbst dein Auge mich nicht halten können?