Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine
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die Seele stirbt vor Sehnen; —
mich hat das unglückselge Weib
vergiftet mit ihren Tränen.
15 Da droben auf jenem Berge,
da steht ein feines Schloss,
da wohnen drei schöne Fräulein,
von denen ich Liebe genoss.
Sonnabend küsste mich Jette,
und Sonntag die Julia,
und Montag die Kunigunde,
die hat mich erdrückt beinah.
Doch Dienstag war eine Fete
bei meinen drei Fräulein im Schloss;
die Nachbarschafts-Herren und Damen
die kamen zu Wagen und Ross.
Ich aber war nicht geladen,
und das habt Ihr dumm gemacht!
Die zischelnden Muhmen und Basen,
die merktens und haben gelacht.
16 Am fernen Horizonte
erscheint, wie ein Nebelbild,
die Stadt mit ihren Türmen
in Abenddämm’rung gehüllt.
Ein feuchter Windzug kräuselt
die graue Wasserbahn;
mit traurigem Takte rudert
der Schiffer in meinem Kahn.
Die Sonne hebt sich noch einmal
leuchtend vom Boden empor,
und zeigt mir jene Stelle,
wo ich das Liebste verlor.
17 Sei mir gegrüsst, du grosse,
geheimnisvolle Stadt,
die einst in ihrem Schosse
mein Liebchen umschlossen hat.
Sagt an, ihr Türme und Tore,
wo ist die Liebste mein?
Euch hab ich sie anvertrauet,
ihr solltet mir Bürge sein.
Unschuldig sind die Türme,
sie konnten nicht von der Stell,
als Liebchen mit Koffern und Schachteln
die Stadt verlassen so schnell.
Die Tore jedoch, die liessen
mein Liebchen entwischen gar still;
ein Tor ist immer willig,
wenn eine Törin will.
18 So wandl ich wieder den alten Weg,
die wohlbekannten Gassen;
ich komme von meiner Liebsten Haus,
das steht so leer und verlassen.
Die Strassen sind doch gar zu eng!
Das Pflaster ist unerträglich!
Die Häuser fallen mir auf den Kopf!
Ich eile so viel als möglich!
19 Ich trat in jene Hallen,
wo sie mir Treue versprochen;
wo einst ihre Tränen gefallen,
sind Schlangen hervorgekrochen.
20 Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,
in diesem Hause wohnte mein Schatz;
sie hat schon längst die Stadt verlassen,
doch steht noch das Haus auf demselben Platz.
Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,
und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt;
mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe, —
der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.
Du Doppeltgänger! du bleicher Geselle!
was äffst du nach mein Liebesleid,
das mich gequält auf dieser Stelle,
so manche Nacht, in alter Zeit?
21 Wie kannst du ruhig schlafen,
und weisst, ich lebe noch?
Der alte Zorn kommt wieder,
und dann zerbrech ich mein Joch.
Kennst du das alte Liedchen:
Wie einst ein toter Knab
um Mitternacht die Geliebte
zu sich geholt ins Grab?
Glaub mir, du wunderschönes,
du wunderholdes Kind,
ich lebe und bin noch stärker
als alle Toten sind!
22 „Die Jungfrau schläft in der Kammer,
der Mond schaut zitternd hinein;
da draussen singt es und klingt es,
wie Walzermelodein.
„Ich will mal schaun aus dem Fenster,
wer drunten stört meine Ruh.
Da steht ein Totengerippe,
und fiedelt und singt dazu:
„Hast einst mir den Tanz versprochen,
und hast gebrochen dein Wort,
und heut ist Ball auf dem Kirchhof,
komm mit, wir tanzen dort.
„Die Jungfrau ergreift es gewaltig,