Die Beichte - Roland Benito-Krimi 4. Inger Gammelgaard Madsen

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Die Beichte - Roland Benito-Krimi 4 - Inger Gammelgaard Madsen Rolando Benito

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ausgestreckt auf seiner Decke, zufrieden, dass das normale, ruhige Dasein zurückgekehrt war. Sein Brustkorb hob und senkte sich ruhig im Schlaf.

      »Du zeigst dich doch sonst nicht so bereitwillig im Fernsehen. Was sagt Kurt Olsen dazu?«, meinte Irene, nachdem sie seinen Auftritt in den Spätnachrichten gesehen hatten. Sie griff wieder nach ihrem Buch, das auf dem Tisch lag, ein Lesezeichen ungefähr in der Mitte.

      »Die Frage ist eher, was sagt er dazu, dass ich mich in diesen Fall einmische, wo er doch all diese Erinnerungen in mir weckt. Du weißt schon, an die Sache mit …«

      »Salvatore«, beendete Irene den Satz, ohne von ihrem Buch aufzusehen.

      Es hätte ein ganz gewöhnlicher, gemütlicher Abend werden können, aber wieder lag die Last des Ungesagten über allem. Vielleicht war ja er derjenige, der das Wort ergreifen sollte, wohin auch immer das führen mochte. Er räusperte sich. »Ich habe heute mit Giovanna gesprochen.«

      Irene schaute von ihrem Buch auf. Abwartend.

      »Sie wirft uns nichts vor, Irene. Sie versteht sehr gut, dass wir Salvatore nicht mehr bei uns wohnen lassen konnten. Er war mehrere Monate hier. Wäre sein Leben verschont geblieben, wenn er noch den Rest des Jahres hier gewesen wäre? Die Mafia vergisst nie.«

      »Das weiß ich, Rolando. Aber trotzdem kommt einem dieser Gedanke: Wenn er nun doch – schließlich bin ja ich es gewesen, die nicht …«

      »So etwas darfst du nicht denken. Es war nicht unsere Schuld.« Vielleicht versuchte er eher sich selbst als Irene zu überzeugen. Ihr Blick war wieder auf das Buch gerichtet. Sie ließ ihn links liegen, und das tat weh, aber er wusste auch, dass er versuchen musste, sich zu beherrschen, wenn er zu ihr durchdringen wollte. »Was liest du da?«

      Sie drehte das Buch um und warf einen Blick auf die Titelseite, als wisse sie es selbst nicht genau. »Das ist ein Buch über Sozialpolitik«, antwortete sie.

      »Also Arbeit«, stellte er mit einem Lächeln fest.

      Sie nickte.

      »Irene, hör mal. Ich mache dir auch keine Vorwürfe, wir beide …«

      »Wer sagt denn, dass ich glaube, du würdest mir Vorwürfe machen? Oder dass Giovanna das tun würde?« Ihre Stimme war hart. So hatte er sie nicht mehr gehört, seit er versucht hatte, die Villa, ihr Elternhaus, hinter ihrem Rücken zu verkaufen. Angolo hob den Kopf.

      »Wir müssen über das hier reden. Seit der Beerdigung bist du so schweigsam. Was ist los?«

      Irene schloss das Buch. Ihr eingelegter Daumen verhinderte, dass es zuklappte und sie die Seite neu würde suchen müssen. Das Lesezeichen lag auf dem Tisch. »Das ist für uns alle ein schreckliches Erlebnis gewesen. Salvatore war viel zu jung, um zu sterben. Und dann noch auf diese Weise! So überflüssig. Natürlich hat uns das verändert.«

      »Soll das heißen, dass wir nun den Rest unserer Tage so verbringen sollen?«

      »Wie meinst du das?«

      »Du sagst nichts. Du weichst meinem Blick aus. Ich merke doch, dass irgendetwas nicht stimmt.«

      »Ach, der Polizist wieder.« Es war ein höhnischer Ton, der ihn traf.

      »Ja, natürlich bemerke ich so etwas. Das ist ein Teil meiner Arbeit: Verhaltensweisen zu analysieren – und es sollte auch ein Bestandteil deiner Tätigkeit sein.«

      »Was weißt du schon über meine Arbeit?«

      War es das, was nicht stimmte? Interessierte er sich nicht genug für das, was sie machte? Vielleicht war das richtig, oft ging es nur um seine Fälle, aber doch auch nur, weil sie fragte und interessiert wirkte.

      »Ja, dann erzähl mir davon, Irene. Du erzählst ja nie etwas über deine Arbeit.«

      »Ich finde, wir sollten lieber über unsere Familie reden.«

      »Ach Mensch, es geht wieder um Olivia. Natürlich, warum habe ich nicht gleich daran gedacht. Aber es ist sie, die nichts von ihrem Vater wissen will, nicht umgekehrt, also rede lieber mit ihr darüber.«

      »Das werde ich auch. Ich rufe sie morgen an.«

      »Du kannst ihr ausrichten, wenn sie diesem Schuft einen Korb gibt und heimkommt, vergeb ich ihr, dass sie abgehauen ist.«

      »Sie ist doch nicht abgehauen, Rolando. Und Giuseppe ist kein Schuft, er ist ein respektabler und gut ausgebildeter junger Mann.«

      »Du nennst einen Strafverteidiger respektabel und gut ausgebildet?! Die lassen Verbrecher frei, nachdem die Polizei eine Riesenarbeit damit gehabt hat, sie einzusperren. Du erinnerst dich doch, dass die diesen ›Geschäftsmann‹ in Rom freigesprochen haben, nicht? Er war ein Mafioso, daran bestand kein Zweifel. Es würde mich nicht wundern, wenn Giuseppe sich bestechen lässt; wie kann er sich die teure Wohnung und das Auto sonst auch leisten!«

      »Rolando, reg dich ab. Angolo wird schon ganz unruhig. Jeder hat das Recht, Anschuldigungen zu bestreiten. So soll das in einer demokratischen Gesellschaft auch sein. Du hast doch keinerlei Beweise für deine Behauptungen. Kein Wunder, dass Olivia unglücklich ist, wenn du so etwas über ihren Lebensgefährten sagst.«

      »Lebensgefährten!« Er schnaubte. Er bräuchte jetzt eine Zigarette. Das Päckchen mit den Nikotinkaugummis steckte in der Jackentasche draußen im Flur. »Wir hätten sie damals nicht den Kurs machen lassen sollen, dann hätte sie ihn nie kennengelernt.«

      »Das hat ihr aber eine ausgezeichnete Stelle bei der dänischen Botschaft verschafft. Ihr geht es doch gut in Rom. Du solltest stolz auf deine Tochter sein.«

      »Ich bin stolz, an dem Tag, an dem sie diesen Schwindler durchschaut und ihn verlässt.«

      »Das wird ganz sicher nicht passieren, Rolando.« Sie legte das Buch weg, seufzte laut und schaute ihn an, als würde er ihr leidtun. »Hast du Lust auf einen Schluck Kaffee und einen Cognac?«

      »Ja, das wäre schön.« So kannte er sie. Er holte zwei Tassen und stellte sie auf den Couchtisch, während sie Kaffee kochte. Er nahm auch die Flasche und die Cognacgläser aus dem Barschrank und schlüpfte hinaus zu den Nicotinell-Kaugummis in seiner Jackentasche. Als wüsste er, dass er bald etwas für seine Nerven brauchen würde.

      Irene schenkte ein. Der Duft des Kaffees und des Cognacs wirkte beruhigend. Ach ja, wenn es nur das war, was Irene umtrieb. Natürlich war sie bei der Beerdigung an sein angespanntes Verhältnis zu Olivia erinnert worden, aber in diesem Punkt würde er nun mal nie nachgeben. Er wusste, er hatte Recht, was Giuseppe anging. Er konnte jederzeit einen Wolf im Schafspelz erkennen.

      »Was meinst du mit Das wird nicht passieren? Kannst du Olivia nicht zur Vernunft bringen, wenn du sie morgen anrufst? Und richte Grüße aus – also, nur an sie.«

      Irene schwenkte ihren Cognac nachdenklich im Glas. »Wenn ich morgen anrufe, Rolando, dann um zu gratulieren. Rikke hat mir heute Nachmittag eine gute Neuigkeit erzählt …«

      Roland versteifte sich und stellte das Glas zurück auf den Tisch. Er befürchtete, sonst den teuren Cognac zu verschütten, wenn sie fortfuhr. Es sei denn, die gute Nachricht wäre, dass Giuseppe aus dem Leben seiner Tochter verschwunden war – aber irgend­etwas in Irenes Blick sagte ihm, dass es etwas anderes war. Sie sah ihn an mit Augen, die vor etwas glänzten, das aussah wie – Stolz.

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