Die Beichte - Roland Benito-Krimi 4. Inger Gammelgaard Madsen
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Читать онлайн книгу Die Beichte - Roland Benito-Krimi 4 - Inger Gammelgaard Madsen страница 6
»Es war Ende Januar. Adomas’ Handy hat an dem Abend mehrfach geklingelt und er hat Litauisch gesprochen. Ich dachte, es wäre seine … unsere Familie. Aber mit jedem Gespräch wurde er unruhiger, und plötzlich hat er seine Tasche gepackt und gesagt, er müsse verreisen. Ich habe ihm oben vom Fenster aus hinterhergeschaut und beobachtet, wie er sich in ein Auto gesetzt hat, das schnell wegfuhr. Als ich gerade vom Fenster weggehen wollte, habe ich ein anderes Auto vom Bürgersteig herunterfahren und ihm folgen sehen. Im Licht der Straßenlaterne konnte ich erkennen, dass es ein litauisches Nummernschild hatte. Ich hab versucht, ihn auf dem Handy zu erreichen, aber es hieß immer, dass es keine Verbindung gäbe. Entweder hatte er es ausgeschaltet, oder er hatte kein Netz, oder …«
»Hast du das der Polizei gemeldet?«
»Nein, die haben doch keine Zeit, sich um so was zu kümmern. Vielleicht ist es ja auch gar nicht so, wie ich befürchte.«
»War da nicht auch was von wegen, dass er in die Sache mit dem brutalen Raubüberfall in Trige letzten Winter verwickelt war?«
»Nein, damit hatte er nichts zu tun!« Anne funkelte sie wütend an. »Er kannte bloß ein paar von denen, die das Ding gedreht haben«, fuhr sie etwas weniger heftig fort. »Der Prozess beginnt jetzt sicher bald. Er hat sogar der Polizei dabei geholfen, einige osteuropäische Zigarettenschmuggler hochgehen zu lassen, sodass sie später auch die Hintermänner erwischt haben.«
»Ich habe den Artikel in der Zeitung gelesen. Er hat ihnen also die Informationen gegeben. Das war ja nicht ganz ungefährlich.«
»In der Tat, das hab ich ihm auch gesagt. Aber es hat nichts gebracht; als hätte er nicht geglaubt, dass ihm tatsächlich etwas passieren könne.”
»Und du hast wirklich nicht die Polizei um Hilfe gebeten?«
»Bist du wahnsinnig?! Wenn die wüssten, dass ich was mit Adomas zu tun habe, was glaubst du, wie Benito wohl reagieren würde? Er wurde doch damals verhört und die halten ihn ohne Zweifel für kriminell.«
»Dann haben sie ihn also wohl nicht gehen lassen?«
»Er hat ihnen doch geholfen. Ein Tauschhandel. Die kleinen Fische kommen davon, damit sie sich an großen ranmachen können. Solche Absprachen treffen sie bei der Polizei tatsächlich, genauso wie in der Politik.«
»Das hat bestimmt nichts zu bedeuten, Anne. Sicher gibt es eine harmlose Erklärung für Adomas’ Verhalten. Wenn ihm etwas passiert wäre, hättest du garantiert was von der Familie in Litauen gehört.« Sie holte Milch aus dem Kühlschrank; der Kaffee war sehr stark, genau wie Anne ihn mochte.
»Wenn ich Litauisch könnte, hätte ich sie auch längst kontaktiert. Die sprechen leider keine andere Sprache.«
»Wie wär’s damit, einen Dolmetscher zu organisieren und einen Familienbesuch zu machen?«
»Einen Dolmetscher beauftragen und mit nach Litauen nehmen? Ich bin arbeitslos, Kamilla!«
»Stimmt. Aber jetzt hast du doch eine Arbeit. Wann fängst du an?«
»Morgen.«
»Schon! Das wird etwas ganz anderes, als du es gewohnt bist. Mehr die harte körperliche Arbeit – aber vielleicht brauchst du das ja jetzt gerade.«
Anne nickte.
Tarzan huschte plötzlich durch die Katzenklappe in der Waschküche herein und warf geräuschvoll Annes Stiefel um. Vor Schreck hätte sie beinahe die Tasse fallen lassen. Der übergewichtige Kater huschte weiter in die Küche, zur Futterschüssel, als sei nichts passiert. Er hatte ein Talent dafür, den Unschuldigen zu spielen, wenn er etwas angestellt hatte.
»Gott, wie Tarzan gewachsen ist«, rief Anne und fing an zu lachen.
»Ja, ich glaube, er hat verschiedene Adressen, wo er frisst. Manchmal ist er mehrere Tage lang weg, kommt zurück und riecht nach fremdem Parfüm.«
»Typisch Mann, die sind echt immer untreu.« Anne klang bitter und ihr Lächeln verschwand.
»Glaubst du, Adomas hat eine andere?«
»Wer weiß? Ich weiß ja nichts über ihn. Vielleicht war er in Litauen verheiratet …«
»Weiß deine Mutter das nicht? Sie war doch diejenige, die euch miteinander bekanntgemacht hat?«
»Ich habe meiner Mutter nicht erzählt, dass ich Adomas so kenne, daher traue ich mich nicht, zu viel zu fragen. Sie glaubt auch, dass er einfach zurück nach Litauen gefahren ist.«
Tarzan hüpfte aufs Sofa, Anne streichelte ihm über das schwarze Fell, und er stimmte ein gemütliches Schnurren an. Die Katze legte sich in ihrer Lieblingsecke auf einem Kissen zurecht und begann zu dösen.
»Zu Hause ist es doch am schönsten.« Anne lächelte. »Wenn die Männer nur auch so denken würden.«
»Wie läuft es mit deiner Mutter?«
Anne hörte auf, die Katze zu streicheln, und wischte sich die Hände an den Oberschenkeln ihrer Jeans ab, um die Katzenhaare loszuwerden. »Das war für mich schon ein Schock – sowohl, dass sie nach dreizehn Jahren, in denen ich nicht ein Wort von ihr gehört habe, plötzlich bei mir aufgetaucht ist, als auch herauszufinden, dass sie eine obdachlose Alkoholikerin ist. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie natürlich nicht auf die Straße gesetzt. Aber ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Sie wohnt bei mir, während sie auf eine Wohnung wartet.«
Kamilla fragte nicht weiter, sie wusste, dass Anne genauso wenig über ihre Mutter sprechen wollte wie sie selbst über die ihre. Auch wenn Kamillas Mutter jetzt tot war, spukte sie weiterhin durch ihre Gedanken und ihr Leben, eigentlich noch mehr als zu Lebzeiten.
»Vermisst du deine Mutter?« Anne schien ihre Gedanken zu lesen.
»Nicht besonders. Wir hatten ja auch keinen Kontakt, daher …«
»Trotzdem, es muss doch komisch sein, keinen von seinen Eltern mehr zu haben. Nach der Beerdigung bist du so still geworden, deswegen habe ich gedacht …«
Kamilla stellte die Tasse ab. Plötzlich hatte sie Lust, Anne alles zu erzählen. So vertraut mit ihr zu sein, wie sie es früher einmal gewesen waren.
»Das lag nicht daran, dass ich meine Mutter betrauert habe. Natürlich tut es mir leid, dass sie gestorben ist, versteh mich nicht falsch. Aber was mich völlig aus der Bahn geworfen hat, war ein Gespräch mit ihrer Schwester, meiner unbekannten Tante, die zur Beerdigung von Agger an der Nordsee herübergefahren war.«
»Die Schwester deiner Mutter. Und die hast du wirklich nicht gekannt?«
»Nein, meine Mutter hat nie etwas über die Familie an der Westküste erzählt. Sie ist ja als junge Frau von zu Hause abgehauen, weil sie nicht mit dieser strengen, von der Inneren Mission geprägten Erziehung leben konnte – das habe ich zumindest gedacht.«
»Und es war gar nicht so?«
Kamilla zog die Beine an und nahm ein Sofakissen in den Arm. Sie zerknautschte es. Plötzlich hatte sie keine Lust mehr, darüber zu reden, aber jetzt hatte sie schon einmal damit angefangen und Annes neugierige