Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann
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Читать онлайн книгу Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann страница 18
Ella schüttelte den Kopf. »Nein, das stört mich überhaupt nicht, keine Sorge. Das kriege ich schon hin.«
Das bezweifelte Cam nicht im Geringsten.
Ella war zwar klein und zierlich, aber definitiv kein Push-over. Dafür hatten Sky und Gabriel mit ihrem Selbstverteidigungstraining gesorgt. Nicht, dass Ella das bisher jemals gebraucht hatte. Zum Glück. Sie hatte zwar ihren eigenen Kopf und setzte den auch durch, wenn ihr etwas wichtig war, doch sie war dabei immer so ehrlich, entwaffnend und liebenswert, dass die meisten Menschen sie schnell in ihr Herz schlossen. Oft sogar selbst die, die Totenbändigern vorsichtig oder ablehnend gegenüberstanden.
»Prima.« Die Direktorin lächelte zufrieden und sah dann von einem zum anderen. »Ms Margret bringt euch gleich zu eurem ersten Kurs. Ich wünsche euch einen guten Start hier bei uns und wenn ihr irgendwelche Fragen oder Probleme habt, steht meine Tür euch immer offen.«
»Danke.«
Während ihres Begrüßungsgesprächs hatte die Glocke zur ersten Stunde geläutet und als Ms Margret die drei zu ihrem Kursraum brachte, waren die Gänge bereits leer.
Auch im Inneren wirkte die Ravencourt hell und freundlich. Bunte Spinde standen entlang der Flure und an den Wänden hingen Poster zu verschiedenen Workshops, AGs und anstehenden Schulveranstaltungen. Außerdem gab es gerahmte Fotografien von Theateraufführungen und Chorauftritten und in Vitrinen standen Ausstellungsstücke von Kunstkursen sowie Sportpokale und Mannschaftsfotos.
Eigentlich alles ganz nett und Cam konnte Ella und Jules ansehen, wie sehr sie sich freuten, hier zu sein und die Chance zu bekommen, überall mitzumachen.
Er seufzte innerlich.
Warum konnte er sich nicht genauso fühlen?
Unwirsch zerrte er wieder an seiner Krawatte und blickte zu Jules, auch wenn er es in letzter Zeit eher vermied, ihn zu betrachten. Das weckte nur immer wieder dieses sehnsüchtige Ziehen in seinem Inneren, das er irgendwie in den Griff bekommen musste.
Doch leider sah Jules selbst in der blöden Schuluniform verboten gut aus. Groß, schlank und sportlich, mit diesen krassen schneeweißen Haaren, die er nur durchzuwuscheln brauchte, damit sie lässig und cool aussahen. Dazu die braunen Augen, die er von Phil geerbt hatte, und in denen der gleiche warme Glanz wie bei seinem Vater lag. Und wenn er lächelte, hatten sie dieses Funkeln, das Cam seit einiger Zeit ziemlich deutlich spüren ließ, dass er liebend gern nicht mehr nur Jules bester Freund und Pflegebruder gewesen wäre.
Aber die Chancen, mehr zu sein, lagen bei null.
Jules wollte nichts Festes.
Schon gar nicht jetzt, wo die Schule losging.
Genau wie Ella war er offen und kontaktfreudig und hatte so eine Art an sich, die ihm alle Herzen zufliegen ließ. Er hatte eine Clique im Park, in der er der einzige Totenbändiger war. Trotzdem war es für ihn kein Problem gewesen, dort akzeptiert zu werden. Sie spielten Basketball, trafen sich hin und wieder zum Fußball oder fürs Kino oder hingen einfach nur zusammen herum.
Immer wieder versuchte Jules, auch Cam mitzunehmen, doch obwohl die Clique ganz nett war, fand Cam die Gesellschaft der anderen meistens schnell anstrengend. Menschen waren einfach nicht sein Ding und er war schon froh, wenn ihm hin und wieder jemand sympathisch genug war, dass er in dessen Gegenwart nicht das Gefühl hatte, ständig wachsam sein zu müssen. Und dass er jemandem außerhalb seiner Familie vertraute, hatten bisher nur Thaddeus und Connor geschafft, und die gehörten eigentlich auch zur Familie, deshalb war Cam sich nicht sicher, ob die beiden wirklich zählten.
Cam blieb einfach lieber für sich. Er fuhr gerne Skateboard oder ging joggen. Sich zu bewegen, half, die Unruhe in Schach zu halten. Er hing auch gerne mit seinen Geschwistern ab. Oder alleine mit Jules. Dann zockten sie Computerspiele oder schauten ihre Lieblingsserien. Und wenn Jules nachts mitbekam, wie die Todesangst Cam gefangen hielt, schaffte er es immer, ihn da rauszuholen. Für Cam bedeutete das alles, doch für Jules war es leider nicht genug.
Auf eine gewisse Weise konnte Cam das sogar verstehen. Sie waren zusammen aufgewachsen und kannten einander in- und auswendig. Cam brachte das Sicherheit und die Gewissheit, dass er Jules ohne Wenn und Aber vertrauen konnte. Jules dagegen liebte das Neue und Unbekannte, deswegen war es für ihn spannender und aufregender andere Leute zu treffen. Außerdem flirtete er wahnsinnig gerne und auch wenn Cam wirklich gerne mehr als nur sein bester Freund gewesen wäre – mit Jules zu flirten wäre schräg. Dafür kannten sie sich einfach zu gut.
»So, da wären wir«, riss Ms Margret ihn aus seinen Gedanken und Cam wandte den Blick schnell ab von Jules und hin zur Klassenzimmertür. »Mathematik 2 bei Mr Weatherly.«
Die Sekretärin klopfte kurz an, öffnete die Tür dann ohne eine Aufforderung abzuwarten, und trat ein. Jules, Ella und Cam folgten ihr, während Cam versuchte, sich den gleichen Enthusiasmus einzureden, den Ella und Jules versprühten.
Er dachte an Gabriels Worte vom vergangenen Abend.
Wenn das hier funktionierte, war das ein wirklich großer Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung für Totenbändiger in London. Und das wollte er, auf jeden Fall. Also musste er das hier irgendwie hinbekommen.
»Guten Morgen, Mr Weatherly. Ich bringe Ihnen unsere drei Neuzugänge für das Abschlussjahr. Das sind Julien, Ella und Camren Hunt.«
»Oh. Ja. Wie schön.«
Mr Weatherly war ein dürrer Mann mit Nickelbrille, grauen Haaren und einer Strickweste, der seinem Aussehen nach kurz vor der Pensionierung stehen musste und das optische Klischee eines leicht zerstreuten Mathematikprofessors perfekt erfüllte. Verglichen mit Ms Margret und Direktorin Carroll wirkte das Lächeln, mit dem er Cam, Jules und Ella begrüßte, allerdings eher bemüht. Ob es daran lag, dass er generell keine Neuzugänge mochte oder nicht begeistert darüber war, ab heute drei Totenbändiger unterrichten zu müssen, war schwer zu sagen.
Während er seine neuen Schüler mit hilfloser Überforderung musterte, erinnerte Ms Margret den Kurs daran, ihre Wahlpflichtfächer bei ihr im Sekretariat anzugeben, falls sie die im neuen Schuljahr wechseln wollten, wünschte dann allen einen guten Start und verschwand.
»Bitte setzt euch.« Mit noch immer bemühtem Lächeln wies Mr Weatherly auf zwei leere Doppeltische neben den Fenstern. »Hier vorne ist noch etwas frei.«
Die Kurstische waren zu einem Hufeisen gestellt und die unbeliebten Plätze nahe des Lehrerpults waren unbesetzt.
»Danke.«
Jules begegnete der Unsicherheit seines Lehrers mit höflicher Freundlichkeit, doch als er auf die freien Tische zusteuerte, sprang ein blondes Mädchen auf, das direkt daneben saß.
Anklagend blickte sie in die Klasse. »Nee, Leute, das ist echt nicht fair! Nur weil ich als Letzte gekommen bin, soll jetzt ausgerechnet ich neben einem von denen sitzen?«
Cams Magen zog sich zusammen.
Na toll. Das ging ja schon richtig super los.
»Ehm