Das Geheimnis der Madame Yin. Nathan Winters
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Читать онлайн книгу Das Geheimnis der Madame Yin - Nathan Winters страница 15
„Ja, das stimmt. Man nennt sie Tipis.“
„Faszinierend. Was für ein wunderbar göttliches Geschöpf der Mensch in seiner Vielfältigkeit doch ist.“
„Es sind Heiden, die unseren Gott nicht kennen“, tat Ellingsford seine Meinung kund und schlug die Tücher beiseite, die die Gemälde verhüllten.
Das eine zeigte eine Seenlandschaft, mit einer Burgruine auf einem Hügel, umgeben von Strauchwerk und Tannen. Ein paar Jäger zu Pferd, die von einem Rudel Hunde begleitet wurden, brachen aus dem Tannengrün heraus.
Das andere Bild war ein Portrait von Dorothea, in einem wundervollen roten Kleid mit weißen Blumenstickereien. Sie trug das Haar kunstvoll geflochten und mit einer silbernen Spange hochgesteckt. In der Hand hielt sie eine Leine. Ein Irish Setter saß zu ihren Füßen. „Was für wunderbare Gemälde“, sagte Celeste, die zwar nicht viel von Kunst verstand, aber recht genau wusste, was ihr gefiel.
„Ich werde das Kompliment gerne weiterreichen. Albert ist äußerst begabt. Ich könnte mir keinen besseren Assistenten wünschen.“ Während Bradshaw das sagte, zeigten sich Sorgenfalten auf seiner Stirn, die Celeste nicht verborgen blieben.
„Bedrückt Sie etwas?“
„Miss Summersteen, bitte. Mr. Bradshaw ist sicher nicht hergekommen, um von Ihnen verhört zu werden.“
Bradshaw winkte ab. „Nein, nein, es ist schon gut, Eure Lordschaft. Es stört mich nicht. Sie hat ja recht. Ich bin in Sorge. Albert ist seit ein paar Tagen verschwunden und es ist nicht seine Art, einfach ohne ein Wort der Erklärung fortzubleiben.“
„Glauben Sie, ihm ist etwas zugestoßen?“
„Ich kann es wirklich nicht sagen.“
„Haben Sie denn mit der Polizei gesprochen?“
„Ja, bereits heute Morgen. Sie werden die Augen offen halten.“
„Dann ist die Sache ja geregelt“, mischte sich Ellingsford ein. „Ich danke Ihnen, mein lieber Freund. Einen besseren Zeitpunkt hätten Sie nicht wählen können. Dorothea wird das Bild sicher sehr gefallen. Ich werde meine Bank anweisen …“
Bradshaw fiel ihm ins Wort. „Miss Dorothea ist zurück von ihrer Reise?“
„Ja, seit etwa einer Stunde.“
„Wenn Sie gestatten, würde ich ihr gerne meine Aufwartung machen.“
„Ein anderes Mal, alter Freund. Sie ist erschöpft. Die lange Reise. Ich hoffe, Sie verstehen das?“
„Aber natürlich. Ein anderes Mal.“ Bradshaw schien enttäuscht. Er nahm Celestes Hand und deutete einen Handkuss an. „Es war mir eine Freude, Sie kennenzulernen. Wenn Sie mich einmal in meinem Geschäft aufsuchen möchten, wäre ich hoch erfreut, Ihnen zu Diensten sein zu können. Hier, meine Visitenkarte.“
Dann schüttelte er Ellingsford die Hand und verließ das Haus.
„Francine“, sagte Ellingsford. „Sind die Ladyschaft und meine Tochter noch im Salon?“
Sie knickste. „Nein, Sir. Sie haben sich nach oben zurückgezogen. Ihre Ladyschaft war erschöpft.“
„Hmm. Das überrascht mich nicht. Sie war so aufgeregt, dass sie ihre Ruhepausen nicht eingehalten hat.“
Celeste folgte Ellingsford hinauf in die erste Etage. Sie sprachen kein weiteres Wort mehr und so hatte Celeste Gelegenheit, die zahlreichen Porträts an den Wänden zu betrachten, die ausschließlich Männer zeigten. Unter ihnen befanden sich Sirs und Lords, Generäle, Mitglieder des Unterhauses. Jeder von ihnen sah streng, beinahe schon missbilligend auf die Besucherin herab. Alle gehörten zum Geschlecht der Ellingsfords, wie die Namen auf den goldenen Plaketten verrieten. Lord Ellingsford war ohne Zweifel einer von ihnen. Er besaß das gleiche aristokratische Gesicht, den gleichen harten Zug um Mund und Kinn und den gleichen stechenden Blick, der jedem Hexenjäger in Amerika Ehre gemacht hätte.
Sie erreichten eine Tür, die links und rechts von zwei farbenfrohen Blumengebinden geschmückt war. Ellingsford klopfte, wartete das leise „Ja, bitte“ ab und öffnete.
Das Zimmer wurde von Gaslampen erleuchtet, die ihren Widerschein auf einem Schminkspiegel fanden, der vor den Fenstern stand.
Dorothea saß neben ihrer Mutter auf dem Bett. Sie unterbrachen ihr Gespräch, als Ellingsford eintrat.
„Warten Sie hier, Miss Summersteen“, befahl er, bevor er ihr die Tür vor der Nase zuschlug.
Jetzt hing alles von Dorotheas Entscheidung ab. Sie würde nicht wollen, dass sie ging. Oder doch? Was dann? Zurück nach Chicago und sich Pinkertons Spott aussetzen? Niemals, diesen Triumph würde sie ihm nicht gönnen. Zudem würde sie mit Sicherheit Mrs. Roovers Unterstützung verlieren.
Eine so einflussreiche Frau verärgerte und enttäuschte man besser nicht.
Celeste ertappte sich dabei, wie sie nervös an ihrer Unterlippe knabberte. Eine Unsitte, die sie schon als Kind gehabt hatte.
Da öffnete sich die Tür und Ellingsford trat auf den Gang hinaus.
„Was hat Dorothea gesagt?“, fragte sie hastig.
Ellingsford kniff die Mundwinkel zusammen. „Sie wünscht, dass Sie bleiben.“ Nach diesen knappen Worten zog er an einer Kordel, die hinter einem Vorhang aus grünem Brokat versteckt war. Irgendwo im Haus ertönte ein kleines Glöckchen.
„Ich danke Ihnen.“
Er überhörte ihren Dank und sagte: „Ich habe eine Bedingung, die ich an Ihr Bleiben knüpfen muss. Gleich wohin meine Tochter geht, gleich was sie tut – Sie werden mir darüber Bericht erstatten.“
Celeste nickte.
„Sollten Sie sich meinen Wünschen widersetzen, bedenken Sie, dass Sie nur Gast in meinem Haus sind.“
Celeste nickte, weil er es so wollte. Niemals würde sie Dorothea belügen oder ausspionieren.
Das Mädchen vertraute ihr.
Auf der Treppe waren eilige Schritte zu hören. Es war Francine, die sich die Schürze glatt strich, das Häubchen richtete und die letzten Schritte langsamer zurücklegte. „Eure Lordschaft haben geläutet?“
„Miss Summersteen wird unser Gast sein. Bereiten Sie eines unserer Gästezimmer für sie vor.“ Dann wandte er sich wieder an Celeste. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden.“
Das Dienstmädchen führte Celeste in die dritte Etage hinauf. „Das Zimmer wird Ihnen bestimmt gefallen. Sie haben einen wundervollen Blick auf den Garten. Um diese Jahreszeit tollen immer die Drosseln und Eichhörnchen durch die Wipfel. Und wenn Sie …“ Das Dienstmädchen plapperte wie ein Wasserfall. Celeste blickte freundlich, hörte aber nicht zu. Sie hatte es geschafft und nun war sie müde. Sie konnte es kaum erwarten, endlich ihre Schuhe von den Füßen zu streifen. Ihre Knöchel schmerzten. Ihr Kleid war wie ein Panzer aus Stoff, der ihr das Atmen schwermachte. Sie sehnte sich danach, alles von sich zu werfen und durchatmen zu können.
Ihr Zimmer war geräumig