Das Geheimnis der Madame Yin. Nathan Winters
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„Das wird Ihnen der Brief erklären, den Ihre Schwester Ihnen geschrieben hat.“
„Ich will es aber von Ihnen hören.“
Celeste dachte einen Moment lang nach. Sie erinnerte sich an das, was Mrs. Roover über ihren Bruder gesagt hatte. Diplomatie war gefragt. „Dorothea weiß nichts vom Tod ihrer Freundin. Ihre Schwester hat es ihr nicht erzählt und nun fürchtet sie, Dorothea könnte einen Rückfall erleiden, sollte sie es doch erfahren.“
Ellingsford blieb regungslos. „Glauben Sie wirklich, ich lasse meine Tochter noch einmal unbeaufsichtigt aus dem Haus? Es wird Zeit, dass diese Flausen ein Ende haben. Dorothea muss sich endlich wie eine Dame benehmen und lernen, was eine gute Ehefrau zu tun hat. Ich habe ihr viel zu lange, zu viele Freiheiten gelassen.“
Celeste machte große Augen. „Dorothea sollte nach London zurückkehren, um zu heiraten?“
Der Hausherr drehte sich vom Fenster weg und starrte sie an. „Das geht Sie nichts an.“
Sie presste die Lippen aufeinander und schluckte den aufkommenden Ärger hinunter.
„Sie sind nicht verheiratet, Miss Summersteen.“ Es war eine Feststellung, keine Frage.
Der plötzliche Themenwechsel irritierte sie. „Nein, bin ich nicht“, stotterte sie verwirrt.
„Ich würde Ihnen raten sich einen Mann zu suchen, ehe es zu spät für Sie ist. Dann hätten Sie es nicht nötig, sich für Geld anheuern zu lassen. Was ist das überhaupt für ein Beruf, Detektivin?“
Celeste konnte spüren, wie ihre Ohren heiß und ihre Augen zu schmalen Schlitzen wurden. „Dafür, dass Sie vorgeben ein Gentleman zu sein, sind Sie äußerst taktlos, Lord Ellingsford. Also nehme ich meine amerikanische Herkunft als Entschuldigung und sage Ihnen, dass Sie das verdammt nochmal nichts angeht.“
Er lächelte gönnerhaft. „Ihr Amerikaner.“ Er sprach das Wort „Amerikaner“ aus, als wäre es eine ansteckende Krankheit. Dann trat er vor und sah auf sie hinab. Sie stand auf und begegnete seinem Blick fast schon mit trotziger Sturheit. Celeste wusste, was er sagen würde, und sie sollte recht behalten.
„Ich danke Ihnen, dass Sie meine Tochter sicher hergebracht haben, aber ich denke, Ihre Dienste werden nicht weiter benötigt. Selbstverständlich komme ich für die Kosten auf, die Ihr Aufenthalt in London und Ihre Rückfahrt mit sich bringen.“
So leicht gab sich Celeste nicht geschlagen. „Lord Ellingsford, gestatten Sie mir eine Frage?“
„Wenn es unbedingt sein muss.“ Mit einem Seitenblick schielte er auf seine Taschenuhr.
„Der Mord an Estelle Wiggins. Wurde der inzwischen aufgeklärt?“
„Ich habe diese unglückselige Geschichte nicht verfolgt, aber nein … ich glaube nicht.“
„Wenn das so ist: Halten Sie es dann für klug, Dorothea ausgerechnet jetzt zurückzuholen?“
„Ich verstehe nicht, was Sie mir damit sagen wollen.“ Ellingsford tippte seine Fingerspitzen gegeneinander. „Sie sollten wissen, dass in dieser Stadt ständig Menschen zu Tode kommen. Das ist zu meinem Leidwesen nichts Ungewöhnliches. Und natürlich ist der Tod der jungen Miss Wiggins tragisch, wirklich, doch ich habe es kommen sehen.“
Celeste spürte, wie sich ihr ganzer Körper verkrampfte und ihre Fingerspitzen zu kribbeln begannen. Ellingsfords gleichgültige Art machte sie wütend. „Wieso haben Sie es kommen sehen?“
„Nun, sie hatte zahlreiche Liebschaften mit recht zweifelhaften Gentlemen. Aus diesem Grund hatte ich Dorothea auch verboten, weiter Kontakt zu dieser Person zu halten.“
„Was für Gentlemen? Was für Liebschaften? Woher wissen Sie das alles eigentlich so genau?“
„Man hört so einiges.“
„Ach, also beziehen sich Ihre Aussagen lediglich auf Gerüchte? Sie glauben tatsächlich das, was andere Ihnen vorplappern?“
Ellingsford sagte nichts, durchbohrte sie aber mit seinen Blicken.
Die Luft zwischen ihnen summte förmlich, bis Celeste das stumme Kräftemessen beendete und sagte: „Ihre Schwester macht sich wirklich Sorgen.“
„Meine Schwester hat sich schon immer um Dinge gekümmert, die sie nichts angehen. Offenbar eine Schwäche, die Sie mit ihr teilen.“
Celeste verbiss sich einen bitteren Kommentar und zwang sich zu einem Lächeln. „Uns interessiert eben, was sich hinter dem Vorhang verbirgt, Lord Ellingsford. Dürfte ich Ihnen einen Vorschlag machen?“
Er sah sie skeptisch an, nickte dann aber zögerlich.
„Dorothea wird Angst haben und traurig sein, wenn sie von Estelles Tod erfahren sollte, und das wird sich wohl kaum vermeiden lassen. Sie kennt mich und ich glaube, sie vertraut mir. Ich würde auf sie aufpassen und dafür sorgen, dass sie nicht wieder in die Nähe irgendwelcher Opiumhöhlen kommt. Es wird sicherlich eine schwere Zeit für sie.“
Ellingsford nahm sich Zeit für seine Antwort. Langsam ging er im Wintergarten auf und ab, tippte sich mit den Fingerspitzen an die Lippen und betastete gedankenverloren die rot gesprenkelten Blüten einer Orchidee. Schließlich sagte er: „Auch wenn ich Ihre unverschämte Art nicht gutheißen kann, möchte ich mir trotzdem nicht nachsagen lassen, dass ich nicht das Beste für meine Tochter will. Ich werde mit ihr sprechen und wenn sie Ihre Gesellschaft wünscht, gestatte ich Ihnen zu bleiben.“
„Ich bin einverstanden.“ Als ob sie eine Wahl gehabt hätte.
Sie wollten den Wintergarten gerade verlassen, als sich Schritte näherten und eines der Hausmädchen zwischen den geöffneten Türflügeln erschien. „Verzeihen Sie die Störung, Eure Lordschaft“, sagte das Mädchen und knickste.
„Ja, was gibt es denn, Francine?“
„Mr. Bradshaw ist hier. Er sagt, er bringt die Gemälde.“
Ellingsford sah auf seine Uhr. „Um diese Zeit noch?“ Er klappte den Deckel zu, schob die Uhr wieder in die Westentasche. „Na schön. Bitten Sie ihn herein.“
In der Halle trafen sie auf Ellingsfords Besucher, einen älteren Mann mit dunklem Bart und schütterem Haar. Er trug einen bereits sichtlich in die Jahre gekommenen Anzug, dessen Revers und Ärmel ein paar schlecht entfernte Farbflecke aufwiesen.
„Mr. Bradshaw. Was für eine Überraschung, zu so später Stunde.“
„Ich hoffe, mein Besuch kommt nicht ungelegen? Nur … ich war gerade in der Gegend und …“
„Nein, nein, seien Sie unbesorgt.“ Ellingsford lenkte die Aufmerksamkeit auf Celeste. „Das ist Miss Summersteen, aus Amerika. Mr. Bradshaw, ein Freund des Hauses.“
„Amerika? Was für ein faszinierendes Land. Diese unendliche Weite, die sich im Himmel zu verlieren scheint.“ Bradshaw nahm ihre Hand und deutete einen Kuss an.
„Sie waren schon einmal da?“
„Nein.