Gestohlene Identität - Roland Benito-Krimi 5. Inger Gammelgaard Madsen

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Gestohlene Identität - Roland Benito-Krimi 5 - Inger Gammelgaard Madsen Roland Benito

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Krankenschwester, die übrigens erst 29 und Mutter zweier Kinder war, umgedreht und die übrigen Schläge an die Schläfe gekriegt haben. Ganz sicher die Todesursache, sagte Henry. Dass mehrere Male post mortem zugeschlagen wurde, ist wohl bloß ein Zeichen dafür, dass Sara Dupont sie nicht mehr alle hat.«

      »Ja, wer schlägt sonst einfach auf einen bereits toten Menschen ein?«

      »Da ist bloß etwas, das nicht stimmt, Mikkel. Ich will noch mal mit der Oberärztin Mai Andersen sprechen. Beide Freundinnen sind anscheinend der Meinung, dass Sara, so vollgepumpt mit Medikamenten, wie sie sagen, nicht zu besonders viel in der Lage wäre. Wie ist sie dann imstande, einen so gewalttätigen Mord zu begehen und zu flüchten – im Auto, wenn sie diejenige war, die der Taxifahrer gesehen hat?«

      »Was meint denn ihr Mann? Isabella war nicht besonders angetan von ihm.«

      »Kasper Dupont ist natürlich schockiert. Erst wird sein Sohn getötet, dann begeht seine Frau einen Selbstmordversuch, dann kommen klare Beweise, dass sie dem Jungen das Leben genommen hat, und nun mordet sie erneut und flüchtet. Ja, er war in der Offensive, aber ist dagegen etwas einzuwenden? Ich glaube jedenfalls nicht, dass er ihr bei der Flucht geholfen hat. Sie haben einen alten, schwarzen Mazda 626 in der Garage, daher war es auf jeden Fall nicht sein Auto.«

      »Sie könnten doch zwei Autos haben?«

      »Das untersuchst du ja gerade, oder, Mikkel?«

      Mikkel erhob sich vom Tisch, streckte die Arme nach hinten und zwang die Daumen ein paar Mal aneinander. Es knackte und krachte in seinem Schultergelenk.

      »Wir müssen da Morgen noch mal in Ruhe drauf gucken.«

      Roland gab ihm Recht und nahm seinen Mantel. Es war Zeit, dass er nach Haus kam und zu seiner anderen Persönlichkeit überwechselte.

      9

      Die Krücken waren an das Sofa mit dunklen Fettflecken auf dem braunen Leder gelehnt. Der Fernseher lief und war sehr laut gestellt, sodass er ihn zum Glück nicht heimkommen hörte. Er stellte die Tüte mit Einkäufen aus dem Netto auf den Küchentisch, nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und starrte aus dem Fenster, während er es mit schnellen Schlucken trank. Das Hühnerhaus, das sein Vater gebaut hatte, als er in Rente ging und plötzlich nicht wusste, wozu er sein Leben gebrauchen sollte, als es allen anderen schwer zu machen, war am Zusammenbrechen. Alles war dort draußen überwuchert, weil sich niemand um den Garten kümmerte; den Garten, den Mama so geliebt hatte. Ihr Kräutergarten war auch weg. Er erinnerte sich nicht einmal mehr, wo er gewesen war. Dem Gewächshaus fehlten einige Scheiben, mehrere davon waren bei dem letzten Sturm, der hier draußen auf dem offenen Land immer besonders schlimm wütete, kaputtgegangen. Gut, dass sie am Stadtrand wohnten, weit außerhalb von allem; sonst hätte es ständig Beschwerden von Nachbarn über den Lärm und die Unordnung gegeben, da war er sich sicher. Er stellte die leere Flasche zu all den anderen im Kasten neben dem Küchentisch, räumte die Einkäufe weg und schlich an der Wohnzimmertür vorbei in sein Zimmer. Er zog sich aus, um etwas Bequemeres anzuziehen, dann entdeckte er, dass er seine Dienstpistole nicht im Schrank im Präsidium eingeschlossen hatte; sie steckte immer noch im Halfter. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn. Nun hatte er heute gerade ein Lob bekommen. Natürlich nicht direkt Lob und selbstverständlich nicht von Roland Benito persönlich. Aber Mikkel hatte ihm ausnahmsweise mal ein bisschen Anerkennung gegeben. Einen Schulterklopfer. Er hatte die Frau gefunden, die von einem Taxi heimgefahren worden war, und glücklicherweise hatte sie noch eine Quittung gehabt, sodass er sehen konnte, wer der Fahrer gewesen war. Sie hatte ihm damit vor der Nase herumgewedelt – wie eine Art Beweis. Alle fühlten sich schuldig, wenn sie einem Mann mit polizeilicher Dienstmarke gegenüberstanden. Hätte sie das nicht getan, war er darüber im Zweifel, ob er selbst auf die Idee gekommen wäre zu fragen, ob sie en Beleg aufbewahrt hatte. Er dachte nach; doch, natürlich hätte er das. Er war nicht so dumm, wie die anderen ihn darstellten. Aber jetzt hatte er eine der wichtigsten Sachen vergessen. Es war streng verboten, die Pistole mit nach Hause zu nehmen, wenn sie nicht in einem sicheren Waffenschrank aufbewahrt werden konnte. Der Vizepolizeidirektor nahm das sehr ernst. Die Pistole war immer unter seiner scharfen Kontrolle. Das war die letzte Rettungsleine der Polizei. Das äußerste Machtmittel. Er wog sie in der Hand und beeilte sich, sie in die Schublade zu seiner Unterwäsche zu legen, als es im Wohnzimmer still wurde. Der Fernseher war aus. Schnell zog er sich ein Paar Jeans und ein Poloshirt an und besah sich im Spiegel. Die Haare waren gerade zwei Millimeter kurz geschnitten. Das sah cool aus. Ein bisschen wie Mikkels.

      »Zum Teufel, Dannevang, schleichst du dich in dein Zimmer, ohne mal kurz reinzuschauen und zu sagen, dass du daheim bist?« In der Stimme lag keine Freundlichkeit.

      Dan hasste diesen Namen, der ihn an eine andere Zeit erinnerte und daran, was damals passiert war. Sein Bruder stand hinter ihm in der Türöffnung, er konnte ihn riechen; sein Schweiß hatte immer einen ranzigen Geruch gehabt.

      »Ich wollte dich doch nicht stören, Josh.«

      Das akzeptierte sein Bruder mit einem kurzen Nicken und höhnischen Lächeln in einem unrasierten Gesicht. Die zweite kleine Anerkennung des Tages. Hätte er bloß an das mit der Pistole gedacht, aber er war so in Hochstimmung darüber gewesen, etwas richtig gemacht zu haben, dass er es völlig übersehen hatte.

      »Wann gibt’s Essen?« Josh machte einen leichten Hüpfer mit dem Oberkörper, sodass die Krücken in den Achselhöhlen an ihren Platz rutschten und der Beinstumpf baumelte. In Gedanken nannte Dan ihn böse seinen Halbbruder, obwohl sie die gleiche Mutter und den gleichen Vater hatten. Aber Josh war nur ein halber Mensch, sowohl physisch als auch psychisch. Das Ganze war die Schuld des Heeres und dieser verdammten Iraker, sagte Josh.

      »Ich habe Koteletts gekauft.«

      »Koteletts? Ich hab keinen Bock, heute Schwein zu essen. Hatten die kein Rindfleisch?«

      »Doch, aber …«

      Josh humpelte zurück ins Wohnzimmer und setzte sich wieder aufs Sofa. Die Krücken ließ er mit einem Knall auf den Boden fallen. Dan fing an, Essen zu machen. Es dauerte nicht lange, ein paar Koteletts zu braten und ein bisschen Tiefkühlgemüse zu kochen. Der große Koch war er nicht, und normalerweise war Josh nicht wählerisch, aber seine Laune schwankte von Stunde zu Stunde. Im Fernsehen begannen die Nachrichten. Hätte er Josh doch bloß ablenken können, bis sie vorbei waren, hätte ihm vielleicht die Pistole gezeigt. Danach fragte er so oft, aber es wäre wohl trotzdem keine gute Idee gewesen, und jetzt war es zu spät. Maschinengewehrsalven erklangen aus dem Wohnzimmer, zusammen mit der Stimme des Sonderkorrespondenten im Kriegsgebiet von Afghanistan, der in einem Nachrichtenrausch von erneuten Kämpfen berichtete und wie viele Tote dieser Tag mit sich gebracht hatte. Joshs Schweigsamkeit beunruhigte Dan. Heute stimmte irgendetwas nicht.

      Er servierte die Koteletts mit einem Haufen zerkochtem Gemüse am Sofatisch vor dem Fernseher. Josh aß, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. Schaufelte in den Mund und die Hälfte ging daneben, weil der einzige Arm, den er benutzen konnte, durch den verkehrten Gebrauch der Krücke auch zerstört war. Axillarisparese nannten die Ärzte es.

      »Wieso guckst du das, Josh?«

      »Wo ist mein Bier? Und eine Handvoll Kopfschmerztabletten?«

      »Waren wir uns nicht einig, dass es nicht jeden Tag zum Essen Bier geben sollte?«

      Ein Blick seines Bruders genügte, dass Dan sofort aufstand und holte, worum er gebeten hatte. Die Tabletten wurden mit kaltem Bier heruntergespült.

      »Guck dir den da an«, Josh machte eine Kopfbewegung in Richtung Bildschirm und kaute schmatzend. »Warte nur, bis er ohne Arme und Beine nach Hause kommt, dann ist er nicht mehr so eingebildet. Seinem Land dienen

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