Das letzte Gefecht - Tatsachenroman. Will Berthold

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Das letzte Gefecht - Tatsachenroman - Will Berthold

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bis Tebourba durchschlägt. Sie verhandeln mit störrischen Franzosen, die sich schließlich zurückziehen, drängen die Alliierten bis Souk es Arba ab und dringen in Béja ein. Sie nehmen Qued Zarga und sind damit auf dem halben Weg nach Medjez el Bab, von dem Hannibal einst gesagt hatte: »Wer es besitzt, ist der Herr von Tunis.«

      Leutnant Molitor hat sich mit seiner Kompanie am Djebel Abiod eingenistet. Er erwartet den Angriff der 78. Infanteriedivision der Engländer. Die Position ist günstig gewählt, aber er ist hoffnungslos unterlegen und kämpft mehr mit Mut als mit Taktik.

      Im Feuer der MGs bricht der erste englische Ansturm zusammen. Während die Alliierten Verstärkungen sammeln, stellt der Leutnant fest, daß er sich um Oberjäger Staller nicht mehr zu kümmern braucht. Granatwerfer. Volltreffer.

      Molitor schafft die Nacht, und am nächsten Morgen wagt er sogar einen Gegenstoß. Wenigstens ist das Wetter günstig, die Alliierten können ihre Luftüberlegenheit nicht ausnutzen. Die Grünen Teufel sammeln Beutewaffen ein, rauchen eine Zigarette, halten ihre Stellung weiterhin – wie General Nehring den Brückenkopf Tunesien.

      Dreimal in 48 Stunden greift die 78. Infanteriedivision die Stellung des Leutnants Molitor am Djebel Abiod an, dicht aneinandergedrängt, nach flüchtiger Artillerievorbereitung, ohne Panzerunterstützung.

      »Dann machen wir sie halt noch einmal fertig«, sagt der Leutnant. »Laßt sie rankommen!«

      Der Kampf ist kurz und mörderisch. Schon rücken deutsche Einheiten heran, die die Grünen Teufel entsetzen werden. Die Nacht wird sie retten. Wieder ziehen sich die Engländer zurück.

      Die Fallschirmjäger stehen auf verlorenem Posten, aber sie werden ihn bis zuletzt halten. Die deutsch-italienischen Alarmeinheiten haben in Tunesien gerade noch rechtzeitig alle Schlüsselpositionen erobert. Die Achsenmächte bauen den Brückenkopf mit dem Armeekorps des Generals Walther Nehring, den man in Italien aus dem Zug geholt und schleunigst nach Nordafrika befördert hatte, weiter aus. Dem Panzergeneral, vormaligen Kommandeur des Afrikakorps, kamen seine Erfahrungen mit dem Wüstenkrieg zugute. »Es kommt darauf an«, hatte ihm Generalfeldmarschall Kesselring vor dem Abflug in Rom erläutert, »weit nach Westen vorzustoßen, um Bewegungsfreiheit zu haben. Erwünscht ist etwa die Linie der tunesisch-algerischen Grenze. Das OKW und ich hoffen, daß es Ihnen gelingen wird, die Aufgabe Tunesien zu meistern.«

      Mit minimalsten Kräften, doch großem Einsatz kam Nehring dem Befehl nach. »Indem die deutsch-italienischen Truppen den Gegner bei Bab el Aroussa, Tebourba, Einfidaville, Tebessa und Djedeida schlugen«, schreibt Hellmuth Günther Dahms, »behaupten sie sich nicht nur im Besitze von Tunis. Zugleich blieb der wichtige Verkehrsweg nach Süden offen, die Straße Sousse–Sfax–Gabès–Tripolis, auf der sich Rommels Panzerarmee langsam zurückzog. Montgomery wollte sie bei Marsa el Brega, Buerat und Tauia überholen und abschneiden, doch konnte die deutsche Horchaufklärung rechtzeitig vor jedem dieser Versuche warnen.«

      Immer mehr nähern sich die Reste der Panzerarmee Afrika der tunesischen Grenze. Es sieht aus, als würden die deutschen Truppen in Tunesien und die aus der Cyrenaika zurückflutenden bald Rücken an Rücken kämpfen. Rommel führt 190 Panzer – deren Hälfte schrottreif ist – an die tunesische Grenze zurück. Die Reste der 15. und der 21. Panzerdivision, die 90. leichte und die 164. Division sowie italienische Verbände unter dem Oberkommandierenden Giovanni Messe bilden den Brückenkopf Tunesien.

      Die Zeichen stehen auf Untergang: Am 9. März wird Rommel aus Afrika abberufen und ins Führerhauptquartier befohlen, wo er – um die Niederlagen zu überspielen – als erster Heeresoffizier die Brillanten zum Ritterkreuz erhält und durch Generaloberst Hans-Jürgen von Arnim ersetzt wird.

      Drei Tage später streiken in Turin 100 000 Arbeiter und legen die italienische Rüstung lahm. Die Streikwelle greift auf die ganze Lombardei über. Die faschistischen Behörden wagen nur zögernd zu reagieren.

      Am 21. März greifen Montgomerys Truppen die Mareth-Linie an und überrennen sie teilweise. Am 7. April schließen die Amerikaner unter Patton und die Briten unter Montgomery den Ring um die deutsche Heeresgruppe Afrika im Norden Tunesiens.

      Am gleichen Tag treffen sich Hitler und Mussolini in Salzburg. »Duce«, erklärt der Diktator in dieser hoffnungslosen Lage, »ich bürge dafür, daß Afrika verteidigt wird. Verdun hat mit Erfolg den Attacken der besten deutschen Regimenter standgehalten. Ich sehe nicht ein, warum wir uns in Afrika nicht gegen die alliierten Truppen halten sollten. Mit Ihrer Hilfe, Duce, werden meine Truppen aus Tunis das Verdun des Mittelmeeres machen.«

      Aber das Finale in Afrika ist nicht mehr aufzuhalten. Die 8. britische Armee und das II. amerikanische Armeekorps vereinigen sich bei Graiba am Golf von Gabès. Gleichzeitig greifen Bomber die Häfen von Bizerta, Tunis, Sfax und Sousse an. Im Laufe des Monats April schießen anglo-amerikanische Jäger zwischen Sizilien und Tunesien 200 Transportflugzeuge ab.

      Der Brückenkopf Tunis hat sich in eine Falle verwandelt. Arnim zieht sich auf die Höhenzüge zurück, entschlossen, sie nach Hitlers Befehl »bis zur letzten Patrone« zu halten. Am 13. Mai ist sie verschossen, und damit hält der neue Oberbefehlshaber – er hatte, von Rußland kommend, Afrika zunächst für ein Kinderspiel gehalten – den Befehl für erfüllt und kapituliert. Auf Schnellbooten und Flugzeugen entkommen noch 638 deutsche und italienische Experten sowie arabische und französische Kollaborateure.

      Die Feuereinstellung brauchte der Generaloberst nicht zu befehlen, seine Soldaten haben keine Munition mehr, keinen Sprit und keine Verpflegung. Nebeneinandersitzend, apathisch, abgekämpft, erwarten sie das Eintreffen der Alliierten, unter ihnen Leutnant Molitor, der auf einer Treppe kauert und seine letzte Zigarette raucht.

      Irgendwo schiebt sich ein Gewehrlauf aus einem Hinterhalt und richtet sich auf ihn. Der Leutnant sackt zusammen. Er ist sofort tot – einer von einer Million Gefallenen, Verwundeten und Gefangenen, die das afrikanische Abenteuer die deutsche Wehrmacht kostet. Drei Monate nach Stalingrad hatte der »größte Feldherr aller Zeiten« die nächste komplette Armee geopfert, statt ihr nach Rommels Ratschlag den Rückzug auf den europäischen Kontinent zu erlauben.

      In Tunesien sind 8503 Deutsche und 13476 Italiener gefallen. Die Franzosen beklagen den Tod von 3000 Soldaten, 12000 Verwundeten und 4500 Vermißten. Briten und Amerikaner zusammen hatten etwas über 12000 Tote, 38 688 Verwundete und 21 363 Vermißte, aber nunmehr gab es zwischen Gibraltar und der Ägäis kein Hindernis mehr für den Angriff auf die »Festung Europa«. Zwischen Großbritannien und Asien hatte sich der Seeweg um 16000 Kilometer verkürzt. Das bedeutete eine Ersparnis von 45 Tagen und einen dadurch frei werdenden Schiffsraum von einer Million Tonnen.

      »Mag dieses Ende der Armeen Arnims und Messes für die Betroffenen auch weniger schrecklich gewesen sein als für die Opfer der verbrecherischen Kriegführung in und bei Stalingrad«, schreibt in seinem Sachbuch »Verrat auf deutsch« Erich Kuby, »für den Gesamtverlauf des Krieges ist die tunesische Niederlage von noch weit größerer Bedeutung als jene an der Wolga. Nun können die Alliierten an jeder Stelle, die ihnen passend erscheint, vom Süden her in den ›weichen Leib‹ Europas hineinstoßen und das Mittelmeer benützen, als sei es die Irische See. Die Hilfslieferungen an die Sowjetunion werden ab sofort durchs Mittelmeer nach Persien, von dort per Bahn in die Sowjetunion geleitet, was eine Einsparung von mehreren tausend Seemeilen Transportweg und die Sicherheit bedeutet, daß unterwegs nahezu keine Verluste mehr entstehen ...«

      Engländer, Amerikaner und Franzosen sind nunmehr – trotz aller blutigen Mißverständnisse – Waffenbrüder, die künftig Schulter an Schulter gegen Hitler kämpfen werden.

      Sie hatten einen Sieg errungen, und sie feierten ihn ausgiebig.

      Eine junge Frau, Nicole Lemaire, stand abseits, obwohl sie viel zu dem Siegeslauf der Alliierten beigetragen

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