Das letzte Gefecht - Tatsachenroman. Will Berthold
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Das letzte Gefecht - Tatsachenroman - Will Berthold страница 7
»Noch eine Bitte, Nicole«, schließt der Amerikaner das Gespräch. »Sie müssen heute abend eine kleine Party arrangieren.«
»Morgen«, erwidert sie. »Oder übermorgen.«
»Es muß heute sein«, entgegnet der OSS-Agent. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, aber morgen werden Sie es begreifen.«
»Dann haben Sie sicher auch schon die Gästeliste parat?« antwortet die Französin.
»Sure«, versetzt der Yankee. »Die meisten der Herren kennen Sie ohnedies. Bitte rufen Sie sie sofort der Reihe nach an und bitten Sie sie heute abend in Ihre Villa. Entlassen Sie keinen aus der Obligo.« Er lächelt süffisant. »Ein paar hübsche Damen habe ich schon dazu gebeten.« Miller steht auf und nickt Nicole zu. »Sie sind ja konkurrenzlos.«
Der Amerikaner entfernt sich so unauffällig, wie er gekommen ist. Nach dem Treffen mit dem deutschen Attaché geht Nicole daran, überstürzt ihre Gäste einzuladen. Als sie die Namensliste noch einmal durchgeht, erschrickt sie; es sind ausnahmslos Offiziere und Zivilisten, die sich verschworen haben, jede Gelegenheit wahrzunehmen, um gegen die Deutschen zu kämpfen. US-Vizekonsul Miller hatte ihnen bisher eingetrichtert, sich so wenig wie möglich miteinander sehen zu lassen.
Wenn der OSS-Agent so plötzlich sein eigenes Verbot übertritt, muß etwas los sein.
Als Nicole am Abend in ihrer Villa in der Nähe des Flugplatzes Maison Blanche ihre Gäste empfängt, versucht sie, ihre Erregung zu überspielen.
»Was hast du heute?« fragt Hauptmann Prenelle.
»Migräne«, antwortet Nicole, »halb so schlimm –«
»Sonst nichts?« fragt der Offizier mißtrauisch.
»Nichts«, versetzt Nicole. »Nicht das Geringste.«
»Mit uns hat es nichts zu tun –?«
»Aber nein –«, entgegnet die junge Französin.
»Liebst du mich noch?«
»Aber ja –«
»Das könnte begeisterter klingen«, erwidert Prenelle.
»– wenn die Migräne nicht wäre«, sagt Nicole lachend.
Sie hat alle Mühe, daß ihre Party, auf der jetzt auch Vizekonsul Miller erscheint, nicht verunglückt.
»Ich habe eine Nachricht für Sie«, raunt ihm Nicole zu, »Admiral Darlan ist heimlich in Algier eingetroffen.«
»Darlan?« erwidert der Amerikaner erschrocken. »Sind Sie sicher?«
»Absolut.«
»Auch das noch«, brummt Miller. Sosehr er sonst sein Gesicht beherrscht, jetzt gerät es aus den Fugen. Seine Hand streicht fahrig über den schmalen Pferdeschädel mit den weißen, sorgfältig geschnittenen Haaren.
Der Admiral gilt als der starke Mann von Vichy, als Halbfaschist, der mit den Deutschen willig zusammenarbeitet. Der Chef der französischen Marine hat lauthals und wiederholt erklärt, daß er seine Verbände im Falle eines Angriffs rücksichtslos auch gegen englische und amerikanische Verbände einsetzen werde.
Wenn dieser dubiose Mann nunmehr überraschend und heimlich nach Algier gekommen ist, dann muß das ganze »Unternehmen Torch« verraten sein.
Dann sind die Deutschen gewarnt.
Und die Franzosen in ihrem Schlepptau wach und bewaffnet bis an die Zähne.
Dann fährt das englisch-amerikanische Expeditionskorps direkt in feurige Kanonenschlünde.
»Darlans Sohn ist erkrankt«, sagte Nicole. »Kinderlähmung. Lebensgefährlich«, fährt sie fort. »Er will ihn nach Frankreich überführen, in eine Spezialklinik.«
»Wann?« fragt Vizekonsul Miller hart.
»Morgen.«
»Bluff«, erwidert der Amerikaner düster.
Nicole Lemaire wehrt sich verzweifelt dagegen, daß ihre Party heute danebengeht. Sowie ein Gast das Haus verlassen will, wird er von Vizekonsul Miller beinahe gewaltsam daran gehindert. Der Amerikaner ergeht sich in wirren Andeutungen, schaut zwischendurch immer wieder auf die Uhr.
Während die Gastgeberin versucht, die flaue Stimmung zu beleben, hebt sich an der marokkanischen Küste der Vorhang über einem blutigen Drama.
Bei der im Schutze der Nacht heranschwimmenden »Western Task Force 34« wird das Signal »Play ball!« gegeben.
Mündungsblitze zerreißen die Nacht. Granaten platzen in den Quartieren schlafender Soldaten. Während die Landetruppen sich an den Strand von Casablanca heranarbeiten, feuern die französischen Küstenbatterien gegen einen Feind, den sie nicht kennen.
Die Deutschen? Die Engländer? Oder die Bewohner des Mars?
Die Zerstörer »Cole« und »Bernadou« schießen die Verteidiger in Klumpen. Das Schlachtschiff »New York«, der Kreuzer »Philadelphia«, die Zerstörer »Mervine« und »Beatty« rotzen Breitseite auf Breitseite aus allen Rohren.
In diesem Moment sagt Vizekonsul Miller zu den versammelten Offizieren und Zivilisten in Nicoles Villa: »Meine Herren, ich habe Ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen.« Er spricht rasch, als störe ihn ein unguter Geschmack im Mund. »Ein englisch-amerikanisches Invasionskorps landet zur Stunde an mehreren Positionen der nordafrikanischen Küste.«
Die Nachricht schlägt wie eine Bombe ein, und im ersten Moment löst die Explosion mehr Zorn als Freude aus.
»Und warum sagt man uns das erst jetzt?« ruft Prenelle erregt.
»Jetzt ist keine Zeit zum Reden«, erwidert der OSS-Agent und zieht den Kopf zwischen die Schultern. »Wir müssen jetzt handeln, Monsieur le Capitaine. Ich denke, wir sitzen alle im gleichen Boot. Sehen Sie zu, daß Franzosen nicht auf Engländer und Amerikaner schießen.« Dann erklärt Miller den Versammelten, daß gleichzeitig auch in Algier und Marokko alliierte Landungen stattfinden werden. Er wendet sich wieder an die Gastgeberin. »The party is over!« sagt er. »Und Sie müssen mir noch einmal helfen, Nicole. Ich brauche Sie. Jetzt, sofort.«
»Sie können mit mir rechnen«, erwidert die Französin, erleichtert, daß sie nunmehr offen reden kann.
»Wir müssen sofort nach Tunis fliegen«, erklärt der Amerikaner.
»Tunis?« fragt die Französin verständnislos.
»Ja – Sie sind doch eine gute Bekannte von General Estéva. Wir müssen versuchen, ihn zum Abfall von Vichy zu bewegen.«
»Da beißen Sie auf Granit«, entgegnet Nicole.
»Probieren wir es«, drängt der Agent. »Wenn er Blut sparen will, bleibt ihm keine andere Wahl.«
Seit Wochen war etwas los gewesen im Mittelmeer. Die deutschen Beobachter von Algeciras hatten es gemeldet: Seit Tagen besonders