Nebelrache. Nancy Farmer

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Nebelrache - Nancy  Farmer

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Der Mönch hielt ein Holzkreuz hoch und aus seinem Mund kam ein merkwürdiger Singsang auf Lateinisch. Jack konnte zwar nichts davon verstehen, aber es war klar, dass die Worte voll von christlicher Magie waren.

      „Aiden, mein Freund“, rief der Barde, „seht Euch vor, damit Ihr nicht gleich bis zu den Ohren im Schlamm steckt.“

      Der kleine Mönch schaute auf und wäre dabei beinahe von einem Ast gerutscht. „Ich muss diesen Ort weihen“, sagte er und suchte sich einen sicheren Stand. „Hier ist Böses geschehen.“

      „Das ist wahr, und nicht nur hier – auch die Farmen hat es hart getroffen. Wir müssen Getreide eintauschen, bevor es Winter wird.“ Der Barde überquerte die Schneise – für einen alten Mann war er erstaunlich trittsicher – und half Bruder Aiden auf festen Boden.

      „Ich kann Tinte anmischen. Die Leute kaufen sie gern“, bot der Mönch an. Bruder Aiden war berühmt für seine leuchtenden Farben, die dazu verwendet wurden, die heiligen Manuskripte zu bebildern.

      „Hervorragend! Ich schicke Euch Pega zum Helfen. Jack und Thorgil können Kräuter für meine Elixiere sammeln. John der Böttcher hat einen ganzen Packen Hirschfelle, und ich bin sicher, dass ich den Ältesten überreden kann, ein paar Münzen aus seinem privaten Schatz herauszurücken. Meine Sterne! Diese Schneise ist so schnurgerade, als hätten die Römer hier eine Straße gebaut.“

      Jack schaute die Schneise entlang bis hin zu einer weit entfernten Wiese und zu den dahinterliegenden Hügeln. Ein einsamer Vogel flog von einer Seite der Schneise zur anderen. Seine Rufe ertönten aus dem Schatten einer Eibe. „Das klingt so … traurig“, murmelte Jack.

      Der Barde musterte ihn scharf. „In der Tat. Er betrauert den Verlust seiner Küken. Hast du bei Thorgil Unterricht in der Vogelsprache genommen?“

      Jack verzog das Gesicht. „Nein, Herr. Thorgil würde niemals zugeben, dass sie die Vögel verstehen kann.“

      „Dieses unausstehliche Kind. So viel Sturheit gibt es wirklich kein zweites Mal. Bleib hier und hilf Aiden, Junge. Ich erwarte dich zum Essen.“ Der alte Mann nahm seine Harfe und den Korb mit den Pilzen und wendete sich zum Gehen. Jack wusste nicht genau, was jetzt von ihm erwartet wurde.

      „Ich würde mich freuen, wenn du für mich singen könntest“, sagte Bruder Aiden schüchtern. „Mir ist das Herz ganz schwer, weil wir diese beiden armen Männer verloren haben.“ Die Augen des kleinen Mönchs waren voller Tränen, und Jack war klar, dass er daran dachte, wie er damals entkommen war, als der Herr des Waldes oder Satan oder wer auch immer hinter ihm hergewesen war.

      Und so sang Jack von der Erde, wenn sie sanft und nicht wild war, vom Wind, der durch die Blätter wehte und auf den Bäumen Harfe spielte. Er sang von grünen Wiesen, auf die die Rehe ihre Kitze brachten, weil sie wussten, dass sie dort sicher waren, und von den Rufen der Lerchen hoch oben in der Luft.

      Langsam hellte sich das Gesicht von Bruder Aiden auf und er sah wieder hoffnungsvoll aus. „Ich danke dir“, sagte er. „Deine Stimme hat eine heilende Wirkung, fast so gut wie die von Pega.“ Er begann erneut, die klaffende Wunde im Wald zu weihen.

      Jack starrte die Schneise an und dachte: Wenn Thorgil richtig gesehen hat, ist dies der Pfad, den Odin mit seinen Kriegern genommen hat. Sie haben Thorgil nicht geholt, sie ignoriert, obwohl sie sich ihnen anschließen wollte, und stattdessen Gog und Magog genommen, die es nicht wollten. Wieso vergleicht mich eigentlich jeder mit Pega?

      Leicht gereizt verabschiedete er sich von Bruder Aiden und machte sich auf den Weg zu seinen Eltern, um nachzusehen, ob sie Hilfe bei der Reparatur der Sturmschäden brauchten.

      Seefahrer

      Die letzten Sonnenstrahlen fielen auf die Federn der Schwalben, als Jack sich auf den Heimweg zum Haus des Barden machte. Auf dem Meer, das immer noch von weit entfernten Stürmen aufgewühlt war, lag Schaum. Die Luft war jedoch wundervoll klar, und alle Geräusche waren meilenweit zu hören. Jack hörte, wie Bruder Aiden in seiner kleinen Hütte, die die Form eines Bienenkorbs hatte, die Glocke läutete. Der Ton vibrierte wie eine singende Harfensaite, bevor er im tief dunkelblauen Himmel verklang – ganz anders als eine Kuhglocke. Diese Glocke hatte mit einer Kuhglocke so viel gemeinsam wie eine Kuh mit einer Nachtigall.

      König Brutus hatte diese Glocke tief unten in einer alten Truhe im Kloster des heiligen Filian gefunden. Und da das Kloster schon eine Glocke besaß und die neu gefundene ohnehin zu klein für eine so große Anlage war, hatte der König sie ins Dorf geschickt. Bruder Aiden war begeistert davon. Noch vor einer Woche hatte er ein rostiges Instrument benutzen müssen, das eher gescheppert als geklungen hatte.

      Jack hörte die neue Glocke jetzt zum ersten Mal, und ihr Klang erfüllte ihn mit einer Sehnsucht, die er nicht recht begreifen konnte. Es läutete wieder. Bruder Aiden kniete wahrscheinlich schon und betete; die Glocke sollte diejenigen herbeirufen, die am Gottesdienst teilnehmen wollten. Jack fand es merkwürdig, dass Geräusche weiter getragen wurden, als er sehen konnte, denn Bruder Aiden war so weit weg, dass Jack nicht einmal das Feuer vor seiner Hütte ausmachen konnte.

      Thorgil sagte, dass Laute niemals starben. Sie behauptete auch, dass die Nordmänner in Nächten, wenn Lichter am Himmel tanzten, ihre Toten rufen hörten. So etwas hatte Jack noch nie erlebt, und er konnte auch gut darauf verzichten.

      Die Glocke läutete zum dritten Mal, und gleich im Anschluss ertönte vom Meer ein grauenvolles Heulen. Jacks Hand fuhr zum Messer. Das Heulen verblasste zu einem Schluchzer, dann verstummte es. Jack stand da wie erstarrt, und sein Blick suchte die Wellen ab. Er sah einen langen, andersfarbigen Fleck im Meer, der sich aufs Land zubewegte, doch dann verschwand er wieder.

      Wahrscheinlich Seetang, dachte Jack. Trotzdem starrte er aufs Meer hinaus, bis die einbrechende Dunkelheit ihn zum Aufgeben zwang.

      Im Haus des Barden brannte ein Feuer aus Treibholz mit grünen, roten und gelben Flammen. In einem Eisentopf brodelte es, und der Duft von Pilzen stieg daraus auf. Alles war so, wie es sein sollte. Die gemalten Vögel an den Wänden bewegten sich im Feuerschein, und die Blätter eines ebenfalls gemalten Blumengartens schienen in der Brise zu wehen.

      Jack wollte den Barden fragen, ob er den Schrei gehört hatte, als ihm auffiel, dass der alte Mann einen sehr großen, zerrupft aussehenden Vogel mit Fischstückchen fütterte. Thorgil hockte neben ihm und schien sich – dem Gekrächze nach zu urteilen – angeregt mit ihm zu unterhalten. Sehr glücklich sah sie nicht aus, und Jack vermutete, dass der Barde sie mit Drohungen dazu gebracht hatte.

      „Sieh mal, was der Sturm hergetrieben hat“, sagte der Barde. „Hol uns etwas von dem Eintopf, während ich unseren Freund zu Bett bringe.“ Er drängte den Vogel in eine mit Stroh ausgelegte Ecke. Jack fiel auf, wie unsicher der Vogel hüpfte und dass einer seiner Flügel auf dem Boden schleifte.

      „Was ist das?“, fragte er.

      „Ein wahres Wunder“, antwortete der Barde begeistert. „Er ist ein – was sagtest du, Thorgil?“

      „Ein Albatros“, knurrte sie mürrisch. Sie war blass und hatte eine schlimme Prellung im Gesicht, aber davon abgesehen schien sie sich erholt zu haben.

      „Er ist ein Besucher aus dem fernen Süden, und damit meine ich sehr fern“, sagte der Barde. „Stell dir das vor! Es gibt ein Land, von dem selbst ich noch nie gehört habe. Es ist ein Land voller Berge aus Eis, die den ganzen Winter ächzen und in Inseln zerbrechen, wenn es Sommer wird.“

      „Das klingt wie Jötunheim“, stellte

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