Erfahrungen verstehen – (Nicht-)Verstehen erfahren. Группа авторов

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Erfahrungen verstehen – (Nicht-)Verstehen erfahren - Группа авторов Erfahrungsorientierte Bildungsforschung

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Leben‘, den Alltag, das Leben jenseits der Schule reserviert und verliert seinen Pathos bei der Beschäftigung mit Theorien und Büchern“ (Combe/Gebhard 2007, S. 7). Dies wird insbesondere deutlich, wenn man hinter die Oberflächenstruktur methodisch-didaktischer Interventionen in der Umsetzung von Lehrplanvorgaben blickt und die Unterrichtsverläufe in den Tiefenstrukturen analysiert (vgl. Tye 2000): Dabei stößt man – unabhängig von Schulform, Jahrgang und Fach – auf ein wiederkehrendes Grundmuster, dem alle unterrichtlichen Aktivitäten folgen. Es wird nach Mehan (vgl. 1979) als I-R-E-Muster bezeichnet und steht für die unterrichtliche Abfolge Initiation – Response – Evaluation, die Folgendes bedeutet: Die Lehrenden initiieren Aktivitäten, die Lernenden respondieren auf die gesetzten Impulse und Erstere bewerten deren Antworten entsprechend der lehrplangemäßen Zielvorgaben mit „richtig“ oder „falsch“ bzw. beurteilen diese nach einem vorgegebenen (Noten-)Schlüssel. Bei negativer Beurteilung erfolgt meist noch eine zweite (oder dritte) Chance, die über das schulische Fortkommen entscheidet. Dieses Dreischritt-Muster wird in Abb. 2 aufgezeigt.

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      Abb.2: Dreischritt-Muster I(nitiation) – R(esponse) – E(valuation) nach Mehan (1979)

      Die Allgegenwart dieses Drei-Schritt-Musters hat in der Tiefenstruktur offenkundig „die Funktion der Durchsetzung, Deutung und Indizierung lernrelevanten Wissens“ (Combe/Gebhard 2007, S. 90) Um die Lehrkräfte auf diese tiefenstrukturelle Ausgangssituation aus- und fortzubilden, werden in der Didaktik die Voraussetzungen geschaffen, die Schüler*innen über professionelle Unterrichtsführung (classroom management) möglichst vielseitig kognitiv zu aktivieren und sie in ihrem Lernen entsprechend zu unterstützen. In der Anwendung zeigen sich die jeweiligen didaktisch-methodischen Schritte in vielfältigen Aktivitäten, die sich aus dem Modus des Lehrens ergeben, wie etwa Aufgaben stellen und kontrollieren, Sequenzen takten und durchführen, Aktivitäten methodisch inszenieren und variieren, Inhalte strukturieren und portionieren oder Verhalten bestrafen und belohnen. Inhaltlich zeigt sich meist,

      „dass der Lehrer bzw. Prüfer eine Frage [stellt], obwohl er die Antwort schon weiß. Das ist im sozialen Alltag unüblich und, wenn es herauskommt, peinlich. In der Schule ist dies ein Standardverfahren der Kontrolle und der Trivialisierung. Dieselbe Frage müsste, wenn wiederholt, die gleiche Antwort erhalten. Dabei gerät der Gefragte nicht selten in die schwierige Lage, nicht nur die richtige Antwort finden zu müssen, sondern auch noch herausbekommen zu müssen, was der Fragende für die richtige Antwort hält.“ (Luhmann 2002, S. 78)

      Es gibt immer wieder Ansätze, diese default condition (vgl. Cazden 1988) von Unterricht zu durchbrechen und diesen anders zu organisieren. Dazu wurde in den letzten Jahren über didaktische Neubestimmungen und -konzeptionen versucht, die Selbständigkeit der Schüler*innen zu stärken, um der zunehmenden Heterogenität im Klassenzimmer zu begegnen. Die vom Leitspruch Die Schüler in den Mittelpunkt stellen begleitete Neuorientierung hat im didaktischen Diskurs zu einem Wandel der Aufmerksamkeit vom Lehren zum Lernen geführt, der die gegenwärtigen Debatten über die Gestaltung von Unterricht bestimmt. Dieser Diskurswechsel in der Didaktik ist dadurch gekennzeichnet, dass er zwar eine Verlagerung der Aktivitäten von der Lehrperson zu den Lernenden fordert, sich allerdings nicht der Frage stellt, wie durch lehrseitige Instruktion Bildung überhaupt hervorgebracht werden kann. Wird dieser Zusammenhang nicht geklärt, besteht die Gefahr dessen, was Holzkamp (1995, S. 39) als „Lehr-Lernkurzschluss“ bezeichnet. Dieser besteht darin, dass die Lehrperson nach dem Muster einer Erzeugungsdidaktik (vgl. Arnold 2010) Inhalte für einen differenzierenden Unterricht auswählt, auf die Situation der Klasse reduziert und dafür die jeweils geeigneten Methoden einsetzt, um die vorgegebenen Ziele zu bewältigen bzw. Kompetenzen zur Erreichung geforderter Standards zu vermitteln. Wird dieser Methoden-Lernkurzschluss nicht kritisch hinterfragt, kommen Erfahrungen, wie sie Lenny in der folgenden Vignette (aus Schratz/Schwarz/Westfall-Greiter 2012, S. 60) macht, nicht in den Blick.

      „Heute gibt es in der Mathe-Stunde ein Laufdiktat mit vier verschiedenen Problemen, welche die beiden Lehrpersonen im Zimmer aufgehängt haben. Nach der Erklärung geht es los. Die Schüler*innen laufen hin und her zu den Aufgaben, versuchen sich die Informationen zu merken und das Problem in ihrem Heft bei ihrem Arbeitsplatz zu lösen. Manche bleiben im Stehen, damit sie schneller sind, und rasen hin und her, andere arbeiten langsamer. Lenny hat zufällig mit einer schwierigen Aufgabe angefangen und ist bereits mehrmals hin und her gelaufen. Er ist angespannt und sagt verzweifelt, dass er es nicht kann. Sein Frust steigt, er scheint paralysiert zu sein, kurz vor dem Explodieren. Eine Lehrerin versucht ihn zu beruhigen und zu ermutigen. ‚Aber das kann ich nicht!‘, sagt er. Sie gibt ihm einen Tipp und sagt ihm, er solle es wieder versuchen. Unwillig geht er wieder zur Aufgabe an der Tafel, die Lehrerin verlässt seinen Tisch. Das geht nicht, das geht nicht, das geht nicht. Er kommt zu seinem Schreibtisch zurück und radiert hektisch. Du kannst das nicht, du kannst das nicht, du kannst das nicht. Er schimpft mit sich selber, weil er sich nichts merken kann, und marschiert verärgert wieder zur Aufgabe hin. Du kannst das nicht, du kannst das nicht, du kannst das nicht. Du bist zu blöd, du bist zu blöd. Ein Scheiß. Es ist ein Scheiß.“

      Über die didaktische Inszenierung eines Laufdiktats werden von den Lehrkräften im Teamteaching durch die Entscheidungsmöglichkeiten in der Reihenfolge der Abarbeitung vorgegebener Aufgabenstellungen sowie über die zu überwindenden Distanzen zusätzliche Handlungsimpulse gesetzt. Allerdings führt diese Form der Öffnung von Unterricht Lenny – trotz Intensivierung seiner Anstrengungen – zum Scheitern (Du kannst das nicht …). Eine bloße organisatorische Öffnung des Unterrichts birgt die Gefahr eines Methoden-Lernkurzschlusses in sich, über den Lernsituationen zum beliebigen Anlass zu verkümmern drohen und „zum gleichgültigen Material werden, an dem eine bestimmte Kompetenz trainiert wird“ (Rumpf 1994, S. 70). Die Probleme zeigen sich in der Gefahr eines nicht problematisierten Durchlaufens von vorbereiteten Lernparcours über Arbeitsblätter, Wochenpläne, Kompetenzraster u. a.m., deren Lehrstrategie im Abhaken erreichter (vorgezeichneter) Lernziele liegt, ohne zu fragen, ob sie überhaupt sinnvoll sind.

      Lennys Erfahrung in der Vignette hat über den Methoden-Lernkurzschluss nicht dazu geführt, dass sich Sinn und Bedeutung in der Inbezugsetzung zum Lerngegenstand vollziehen, was lehrseits geplant war. Vielmehr ist die geplante Sinn- und Verstehensaufgabe umgeschlagen in eine leibliche Erfahrung, die Lenny über das dreifache Du kannst das nicht im Scheitern der gestellten Aufgabe widerfährt. Im Bemühen den verzweifelnden Schüler zu beruhigen und ihn zum Weitermachen zu motivieren, wird die Lehrperson für Rumpf (1982) „zum Träger bzw. Einstudierer einer bestimmten, randscharf umrissenen Fähigkeit [...], eine Maßnahme, die die Vorgänge abdichtet gegen unkalkulierbare Einbrüche. Nur ganz Bestimmtes darf beide – die Lehrenden und die Schüler*innen – etwas angehen. Sie müssen sich zurückhalten, um die Ziele zu erreichen.“ (S. 117) In den Tiefenstrukturen des Unterrichts bewirkt diese Zurückhaltung die curriculare Engführung, die auf die richtige Leistungserbringung in der Umsetzung von Planungsvorgaben bewirkt.

      Mit dieser Frage resümiert Terhart (2009, S. 42) den Rückblick auf die wechselvolle Geschichte der Beziehung von Lehren und Lernen. Damit unterstreicht er einerseits, dass es sich um ein wissenschaftlich schwer zu fassendes Phänomen handelt, wie es Mitgutsch (2008) auf seiner Spurensuche des Lernens ausführlich dargelegt hat. Andererseits macht er mit der Frage deutlich, dass sich Lehrpersonen im Unterricht auf unsicherem Terrain befinden, was sich in Lennys Scheitern am Abarbeiten des Laufdiktats offenbart. Der Widerfahrnischarakter, der ihn affektiv überkommt, ist Ausdruck von Pathos, das sich in der „Empfänglichkeit und Sensibilität für Anderes, für Abweichungen, Kraftunterschiede und Differenzen“ manifestiert (Busch/Därmann 2007, S. 12). Für Combe/Gerhard (2007, S. 89) entsteht, wenn routinemäßige Ablaufmuster in Frage gestellt werden, „gegenüber diesen routinemüßigen Mustern überschüssiger Sinn“. Es stellt sich für sie allerdings die Frage, inwiefern Lehrpersonen

      „für

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