Die Lady und der Admiral. Hans Leip
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Die Landschaft wird schöner.
Dann sah man gefangene Franzosen vorbeiziehen, auffallend keck, laut singend. Auch ohne Waffen und teils ohne Schuhe und Strümpfe fühlten sie sich als Sieger. Und weiterhin geriet man in eine Herde prächtigen Schlachtviehes, das gen Wien sollte, weisse Ochsen, wie sie in der Lombardei grasen, wo man sagt, sie kommen aus Steiermark. Sie kommen aber aus Ungarn.
Die Landschaft wurde nun nach dem Geschmack der Reisenden angenehmer. Die Dörfer reinlicher, die Bewohner netter, festlich gekleidet, aber ihre Sprache wurde unverständlicher, und selbst, wenn sie deutsch sprachen, war es eine Mundart, die Fräulein Knight nicht beherrschte. Man sah Kornfelder in breitem Tal, die Garben lagen schon auf den Trockenharpfen. Der Sommer ging zu Ende.
Nelson und die Kindlein.
Hier wie anderorts bei den Poststationen geschah es, dass eine Mutter aus dem einfachen Volke mit dem Kindlein zu Nelson trat, und er es auf den Arm nahm und killekieks machte und sich das Patschhändchen geben liess und Lady Emely zuzwinkerte, wie nett es ihm anstehe, so ein Bübchen zu herzen. Mädchen tätschelte er nur übers Haar. Aber die Mütter waren immer tief gerührt, und manche weinten vor Freude und sagten, nun werde das Wurm fürs Leben glücklich sein. Einige der kleinen Krainer, Kärtner und Steirer Sprösslinge brüllten natürlich. „Das sind die, die den Blutgeruch an mir wittern und später lieber Bonbons verkaufen“, lachte er da. Die andern aber würden allesamt wackere Seeleute und Seemannsbräute werden.
Laibach.
Man passierte Oberlaibach und kam zwei Meilen weiter an einen beträchtlichen Fluss, auf dem zur grossen Freude des Admirals ein paar Kähne segelten. Brücken und Türme tauchten auf, festere Häuser, hübsche Landsitze. Und als man durch Wiesen, auf denen das Heu noch in Haufen lag, über die mit Kaufbuden besetzte Schusterbrücken einzog in die festen Mauern Laibachs, da sahen selbst die Insassen des Gefängnisses durch die schwedischen Gardinen und riefen Vivat; denn zwei Tage vorher, da sie es bei Durchfahrt der neapolitanischen Königin Karoline getan hatten, war ihre Vespermahlzeit verdoppelt worden. Diesmal aber kam nichts danach; denn die Engländer hatten keinen so grossen Einfluss auf die Verwaltung wie ihre Hoheit, die Kaiserinmutter.
Viel Volk war auf den Beinen, schön gekleidet, und man nahm es für sich in Anspruch, da man als Protestant nicht wissen brauchte, dass gerade Mariä-Himmelfahrt sei.
Man wurde begrüsst von allerlei adligen Herren, Grafen Wurmbrand, Auersberg und Hohenwarth, und selbst ein Prinz Rohan hatte sich, den vom Feldzug verstauchten Arm in der Binde, mit aufgestellt im Vestibül zum „Wilden Mann“, wo man, wie empfohlen war, abstieg. Und es war alles erfrischend sauber, als speise man in London in Nerots Hotel. Aber die Herren österreichisch-deutschen Adligen sprachen keineswegs deutsch, sondern parlierten schnarrend französisch, woran Nelson nicht viel teilhaben konnte, da er nur kurze Zeit in Calais gewesen und sich, statt französisch zu lernen, dem stummen Liebesspiel mit einer Pastorentochter ergeben und sich dem entzogen hatte, ehe er das Wort mariage französisch auszusprechen verstand.
Es war nicht allezu lange Frist für Erfrischung und Unterhaltung gegeben. Schon erschien eine Abordnung der angesehensten Bürger dieser schönen Stadt mit einem Grusse des Fürstbischofs Brigido, dem Bruder des Statthalters von Triest, und lud die englischen Reisenden ein zu einer musikalischen Akademie in die Philharmonische Gesellschaft.
Ein Konzert.
Das war ganz nach dem Herzen Lady Hamilton, und auch die andern waren solch edlem Genusse nicht abgeneigt und hatten sich, bis auf die Bediensteten, zur festgesetzten Minute umgezogen. Alles, was in Laibach, oder wie andere es nannten, Ljubeljana, an Vornehmheit, schönen Frauen, reichem Schmuck, hohen Offizieren, namhaften Beamten und Fremden vorhanden war, wohnte dem trefflichen Konzert bei.
Und es war ausserdem zugegen die verwitwete Kurfürstin von Bayern, Tochter des Erzherzogs Ferdinand, strahlend jung, schon aus dem Trauerjahr heraus. Sie hatte ihr erzbischöfliches Sonderehrenkonzert zu Michaelslust schon hinter sich. Die Menge Brillanten ihrer Eltern, die sie trug, waren unmodern gefasst, wie Lady Hamilton erspähte, und nicht ganz so wertvoll wie das, was sie um ihre mit den Jahren so aufnahmefähig gewordenen Ansatzflächen des Halses zu legen besass. Da waren vor allem das grosse Diamanthalsband aus Livorno und das Malteserkreuz, das sich gut ausnahm gegen Nelsons milchstrassengleich flimmernde Brust. Und Sir William trug einige Verdienstabzeichen englischer und neapolitanischer Güte. Das Volk staunte. Man durfte zufrieden sein.
Doch vernahm man, bevor der Dirigent das Pult bestieg, dass die Königin natürlich im Palais des Fürstbischofs gewohnt habe. Sie aber mussten im „Wilden Mann“ wohnen, was Fräulein Knight entweder mit Irrsinniger oder mit Menschenfresser übersetzen zu müssen glaubte, und es wollte ihnen nun erst recht nicht einleuchten. Aber immerhin hatte das Laibacher Regiment eine Ehrenwache vor den „Wilden Mann“ kommandiert.
Und zu Ehren der Engländer wurde die grosse Kriegssymphonie von Josef Haydn gespielt, die zwölfte der Londoner Reihe, die vor sechs Jahren drüben entstanden war und als Lieblingsstück Grossbritanniens galt. Ihr folgte die grosse italienische Arie La virtu britanna. Beides war geeignet, grosse Erinnerungen und gute Vorsätze in dem kleinen Admiral zu wecken. Kaplan Kleeblatt, der Chronist der Gesellschaft, konnte denn auch den nächsten Tag eintragen, Lord Nelson habe sich befriedigt über den Erfolg der Dilettanten geäussert.
Pan-Europa?
Es traten auch ein paar so nachdenkliche als feurige Herren an Nelson heran, die sprachen leise von den Ketten, die da hiessen Österreich. Und man solle in England eine Feile schmieden für die Freiheit der Slowenen. Oder müsse Bonaparte ihre Hoffnung sein? Vor drei Jahren habe er im fürstbischöflichen Palast gewohnt und sich verlauten lassen, dass die kleinen Völker alle ihr Recht bekommen sollten.
„Das wollte Napper Tandy auch mit Irland“, entgegnete der Admiral und nahm einen kleinen Bekassinenflügel zu sich: „Man hat ihn zu Hamburg geschnappt und ihn ausgeliefert und wird seine Träume bestrafen. Irland allein? Nichts. Mit Grossbritannien ist es gross. Ich habe auf der Karte gesehen, wie fürchterlich viele Schlagbäume wir in Deutschland überhüpfen müssen. Warum noch vermehren? Möge das europäische Festland ein einziges Reich sein, meinetwegen unter dem deutschen Kaiser. Aber das Meer, das Meer sei Englands.“
Da mischte sich der einstige Jesuitenpater Gruber ins Gespräch, und er wagte es, weil er nach der Ausweisung k. k. Navigations-Inspektor geworden sei und die Moore Laibachs trockenlege. Illyrien, Illusion, Elysium, das läge nah beieinander. Eine einzige allgemeine europäische Regierung, keine Zollschranken, gleiches Geld und das Bekenntnis der allein seligmachenden Kirche. Das Meer könnte ja protestantisch bleiben. Nelson empfahl Herrn Gruber, auch den Sumpf unter der Westminster-Abbey trockenzulegen. Die Slowenen aber seufzten und sprachen untereinander: Unsere gute Stammesmutter Jugoslavia wird sich aus eigenen Händen und Lenden befreien müssen.
Die bayrische Witwe.
Junge Bauernmädchen in bunter Tracht und goldenen Hauben tanzten slowenische Tänze zur Ziehharmonika. Dorfburschen führten auf mondheller Wiese Reiterkunststücke vor.
Die Nacht duftete nach fremden Balsambäumen und nach Küchenbeeten, und die verwitwete Kurfürstin nahm die Huldigungen junger Leute im Kerzenschimmer eines türkischen Pavillons entgegen. Da trat