Die Lady und der Admiral. Hans Leip
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Ihr war rivalig ums Gemüt, aber auch sehr mitleidig: „Das ist eben der Unterschied zwischen Liebe und Nichtliebe!“ sagte sie sanft in bester Betonung mit leichter dramatischer Geste, die der gefeierten Billington wohl zeigen durfte, dass Bühnenbegabung nicht von einer einzelnen gepachtet werden könne, und wenn man zehnmal zehn Jahre jünger war als andere.
Die Billington hörte nur heraus, dass hier eine Verkleinerung zwischen Ruhm und Ruhm getrieben und ihrer Person zu geringe Beachtung gewidmet werde: „Mensch, Lady!“ trocknete sie derb die Zähren, „Sie haben es leicht mit den beiden kringelwedelnden Katern an der Schürze. Könnte ich dutzendfach haben, aber Scheibe, ich habe darin Pech; die Kerle, die ich heirate, entpuppen nur Dreck, ich muss sehen, sie wieder loszuwerden. Und ich werde auch diesen los, Sie werden es erleben! Und auch das Balg! Mich hindert nichts! Aber kommen Sie durch Sachsen? Grüssen Sie mein Vaterland! Der grosse Bach war Sachse. Sein Sohn unterrichtete meine Mutter, diese mich. Sie sehen, ich habe grosse Tradition!“
Damit entschwebte die berühmteste Sängerin, die England je hervorgebracht hat. Denn sie hatte inzwischen gemerkt, dass es mit dem Pump nichts sei. Die Hamilton sah ihr, deren Tränen einer strahlenden Siegeszuversicht gewichen waren, mit zwiespältigem Herzen nach und musste die Eifersucht auf das, was nun würde vorbei sein für sie, Ruhm, Beifall und Menge, Rausch der Bühne, ein wenig dämpfen, den Durst, den diese Billington hatte reicher stillen können am Born der Öffentlichkeit und den sie, da war kein Zweifel, in London weiter stillen würde, wenn ihr Mann sie nicht vorher totprügelte oder sie am Genusse des Tujatees verendete. Während dann die arme Emely Hamilton in Piccadilly oder irgendwo in einem langweiligen Zimmer an der Wiege sitzen und Privatarien für Säuglinge zwitschern könne.
Tujatee? Oder anderweitige Geheimmittel ihrer Mama? Nein, nein, kleine Emmel-Emely! Ihre Laufbahn war dahin und begann neu unter ihrem Herzen. Sie reckte sich auf, sah aus dem Fenster, stolz, verächtlich, sah, wie der mässige Wagen der Sängerin im Strassengewühl unterging.
Die Königin reist ab.
Gerüchte gingen um von Unruhen.
Der Königin von Neapel war deshalb nicht wohl. Der Sarg Caracciolos ging ihr nicht aus dem Sinn. Trotz ihres Fiebers liess sie packen. Ihre Aufgabe lag in Wien, beim Kaiser Franz, der zugleich ihr Neffe, ihr Schwiegersohn und der Schwiegervater ihres Sohnes war. Sie fürchtete Dolchblitzen und den jähen Anblick eines kleinen schwarzen Pistolenloches aus jeder Ecke. Mit grosser Wachmannschaft begab sie sich den Sonntag bussfertig hinauf zur Kapelle der Jesuiten Santa Marie Maggiore. Sie war nicht schuld, dass den Patres Übles widerfahren war in Österreich, und auch ihrem vertrottelten Gatten und Hundezüchter Ferdinand hatte sie nicht alles unterbinden können.
Sie betete vor der Jungfrau, die da die böse Schlange zertritt. Und die Hamilton war mit ihr oben und betete, obwohl sie gut reformiert war, bedrängten Herzens mit, und weil es sicher nicht schaden könne. Und die Schlange, schien ihr, habe das Gesicht von Fanny Nelson, geschiedener Nesbit, angetrauter Gattin des guten kleinen Admirals, ihres Liebsten.
Der Wind hatte sich nun gelegt. Diesen Sonntagabend endlich prangte die Stadt im Zauberflor tausender kleiner Öllampen. Aber nur die Hoflieferanten und solche, die es zu werden hofften, hatten auf transparente Schilder geschrieben: Viva S. M. la Regina Maria Karolinà! Die meisten hatten, schon weil es kürzer war, ein: Viva Nelson! vorgezogen.
Noch vor Mitternacht, als der tollste Festtrubel durch die Strassen auf zu den stillen Bergen und hin über die geglättete Adria brandete, verliess die Königin mit Extrapost Triest.
An Winkelmanns Grab.
Sir William wollte wenigstens das Grab Winkelmanns sehen. Das war ein Mann, den er und mit ihm die ganze Jahrhundertwende zutiefst verehrte, jenen aus Deutschland aufgestandenen Schusterssohn, welcher der Welt unauslöschlich die Schönheit des Hellenentums in allen Kunstmassstab gegossen hat, und dem zur Bewunderung etwa in dem Jahre, von dem in diesem Buche die Rede ist, ein junger Franzose, Abenteurer und Schriftsteller, im Nachtrab der italienischen Armee Bonapartes seinen christlich-französischen Vatersnamen aufgab und sich nach des geliebten Genius armen Geburtsorte unter Hinzufügung eines nicht minder berühmten preussischen Königsnamens unter gleichzeitiger Selbsttadelung Friedrich von Stendhal nannte, welches der gebildete Deutsche vergebens französisch auszusprechen sucht.
Der einstige englische Gesandte zu Neapel hatte Winkelmann selber noch gekannt, selber mit ihm gesprochen, grosse Anregungen von ihm empfangen, bevor der brennende Gelehrte nach Deutschland zurückreiste und dann in Triest einem habgierigen Diener zum Opfer fiel.
Sir William liess sich in einer Sänfte zum Friedhof Corpe de Christo tragen. Die Stätte, deren Pflege seiner Ansicht nach Sorge des ganzen Abendlandes hätte sein sollen, war gänzlich verwahrlost. Und er weinte eine Träne dem Entschlafenen zu, der da fast so lange schon ruhte wie er nun in Italien geweilt und sein bescheiden Teil in des Toten Sinn und Bahn gewirkt. Und es war ihm, als werde sein Lebensfaden nun zu Triest auch durchschnitten, ob er hier gleich stürbe oder nicht, und dass es vielleicht besser sei, hier alsbald begraben zu sein. So ungern verliess er den Süden.
Doch kein Räuber und Mörder kam, wie er sich fast wohl wünschen mochte, der arme alte Gentleman und Ritter Hamilton. Da stiftete er der Bruderschaft, die den Friedhof zu verwalten hatte, so viele Geldstücke, wie die Anzahl der antiken goldenen Schaumünzen, um deretwillen das gierige Messer den Professor niedergestochen hatte. Und man solle den Hügel wieder wölben und Rosen darauf pflanzen und eine Zypresse und eine halbe korinthische Säule.
Kutschen und Gepäck.
Die Hitze war gross in Triest, und der Gedanke an die erträgliche Sommerkühle Englands wurde verlockender. Und als am 12. August die Schatten der Westhügel lang genug waren, um den Zickzackweg zur Höhe erträglich zu machen, verliess man die Stadt.
Ausser dem englischen Wagen brauchte man noch zwei Postkutschen, alle wegen der Steigung zu sechs Pferden. Die Platzverteilung geschah folgendermassen: Im englischen Wagen sassen das Ehepaar Hamilton und Nelson. Sir William hatte eine Wagenseite für sich, die vordere, damit er es bequem habe und es ihm nicht zog. Da der Postillon ritt, thronte Konsul Andersson, der ihr Führer durch die Gegenden bis Wien sein wollte, auf dem Kutscherbock. Und auch die Kiste mit den Orden und Ehrenzeichen und die mit den Juwelen der Hamilton waren in diesem Wagen untergebracht.
Im zweiten Wagen nahmen Frau Cadogan, Fräulein Knight, Herr Tyson mit der Reisekasse und die Zofe Loinette Platz, und letztere deswegen, weil man sie nicht mit dem Lazzaronen Gaetano in einen Schlag stecken konnte, ihrer Verliebtheit wegen. Wie es bei Regen werden würde, wusste man noch nicht, da dann ihr Platz eigentlich für Herrn Andersson vorgesehen war. Auch hatte Mutter Cadogan das Bologneser Hündchen bei sich, das sich nicht mit dem Papagei vertrug.
John Tyson durfte wegen der Damen im Wagen nicht rauchen; er versuchte es auf dem Kutschersitz, wo es ihm aber wegen seiner mangelnden Haare zu sehr zog, trotz der wollenen Matrosenmütze, die er ausserhalb gesellschaftlicher Anlässe statt der Perücke trug.
Papagei und Äffchen in ihren Käfigen waren sinngemäss der Negerin Fatme anvertraut, und sie hatte sie erstmal beiderseits ihrer Beine auf dem Bock des dritten Wagens verstaut. Im Innern sassen Bootsmann Brace, Gaetano und Klein-Mary-Ann,