Mehrsprachigkeit und das Politische. Группа авторов

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Republiken, die den Russischunterricht ab dem ersten Schuljahr einführten, waren LitauenLitauen und EstlandEstland/Estonia. Dies geschah erst 1980!3

      Dass die baltischenBaltikumBaltisch Republiken ihre LandessprachenLandessprache stärken und dem Einfluss des RussischenRusslandRussisch/Russian Widerstand leisten konnten, hängt nicht zuletzt mit der moderaten ideologischenIdeologieideologisch IndoktrinierungIndoktrinierung im BaltikumBaltikum im Vergleich zu den anderen sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken zusammen. Im Bereich der Literatur kann man dies an Laureaten des Gorki StaatspreisesGorki Staatspreis veranschaulichen (Государственная премия РСФСР имени М. Горькогo). Dieser Literaturpreis wurde von 1966 bis 1991 vom Ministerrat jährlich an drei bzw. vier Literaten verliehen und galt als eine der höchsten literarischen Auszeichnungen der SowjetunionSowjetunion. Mit dem Gorki StaatspreisGorki Staatspreis wurden ideologischIdeologieideologisch geprägte Werke ausgezeichnet, die den Bau des Sozialismus und den Fortschritt der Planwirtschaft in höchsten Tönen lobten. Fast jedes Jahr war unter den Ausgezeichneten auch ein nichtrussischer sowjetischerSowjetunionsowjetisch/Soviet Autor. Dadurch wollte man der multinationalen und mehrsprachigenMehrsprachigkeitmehrsprachig Situation in der Sowjetunion gerecht werden. Unter den Preisträgern aller Jahrgänge finden sich keine Autoren aus den baltischenBaltikumBaltisch Ländern.

      Die meisten Preisträger kamen aus Arbeiter- und Bauernfamilien und waren Mitglieder der Kommunistischen Partei. Viele von ihnen studierten am Gorki Literaturinstitut, der ideologischenIdeologieideologisch Kaderschmiede, und arbeiteten als Lehrer für russischeRusslandrussisch Sprache an Lehrerausbildungseinrichtungen in ihren Heimatländern. Ihre Werke stehen im Zeichen des sozialistischen Realismus, in vielen dominiert Kriegs- und Kampfthematik, manche beleuchten den Übergang von traditionellen Arbeits- und Lebensformen zur Industrialisierung und zur Planwirtschaft. Die textinterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextinterne Mehrsprachigkeit (Blum-Barth 2019: 11f.) in den Werken nichtrussischer Autoren, die mit dem Gorki StaatspreisGorki Staatspreis ausgezeichnet wurden, ist wenig verbreitet. Die Mehrsprachigkeit innerhalb des Textes findet sich hauptsächlich in Form der ZitateZitat und Figurenrede, die als russischeRusslandrussisch Einsprengsel in die jeweilige Sprache eingebettet werden. Verbreitet ist auch die Implementierung der politischenPolitik/politicspolitisch/political russischenRusslandrussisch Terminologie in die Sprachen anderer sowjetischerSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken und EthnienEthnie. Verallgemeinernd kann behauptet werden, dass für die nichtrussischen Autorinnen und Autoren nicht die textinterne, sondern die textübergreifende/textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit kennzeichnend ist.

      Georg Kremnitz unterscheidet zwischen der Ebene des Textes (textintern) und der Ebene des Gesamtwerkes des Autors (textübergreifend): „Während in der ersten Form innerhalb eines Textes mehrere Sprachen verwendet werden, benützt in der zweiten Form ein Autor in unterschiedlichen Texten verschiedene Sprachen.“ (Kremnitz 2015: 18) 4 Bei der textübergreifenden MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit ist also die Mehrsprachigkeit der Autorinnen und Autoren gemeint, bei der textinternen – die Mehrsprachigkeit des Textes. Die Mehrsprachigkeit des Autors führt nicht automatisch zur Mehrsprachigkeit des Textes (Blum-Barth 2019: 12). Zu den zwei von Kremnitz definierten Realisierungsformaten der textübergreifenden Mehrsprachigkeit – 1. das schriftstellerische Œuvre, das in zwei oder mehr Sprachen vorliegt,5 und 2. SelbstübersetzungenÜbersetzung/translationSelbstübersetzung – können auch 3. literarische FremdübersetzungenÜbersetzung/translationFremdübersetzung gezählt werden. Diese sind besonders im Bereich der Lyrik verbreitet.6

      Den nichtrussischen sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Autoren standen die HerkunftsspracheHerkunftssprache und die russischeRusslandrussisch Sprache literarisch zur Verfügung. Ihre textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit manifestiert sich in 1. literarischen FremdübersetzungenÜbersetzung/translationFremdübersetzung, 2. SelbstübersetzungenÜbersetzung/translationSelbstübersetzung bzw. autorisierten ÜbersetzungenÜbersetzung/translation eigener Texte und 3. im SprachwechselSprachwechsel bzw. in der ZweisprachigkeitZweisprachigkeit. Hierzu einige Beispiele:

       Der jakutische Schriftsteller Semjon DanilovDanilov, Semjon (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1971) übersetzte ins Jakutische neben PuschkinPuschkin, Alexander, LermontovLermontov, Michail und Arkadi GaidarGaidar, Arkadi auch Taras SchewtschenkoSchewtschenko, Taras aus dem UkrainischenUkrainisch und den polnischenPolenpolnisch romantischen Dichter MickiewiczMickiewicz, Adam.

       Der kabardino-balkarische Schriftsteller Kajsyn KuliewKuliew, Kajsyn (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1966) autorisierte die meisten ÜbersetzungenÜbersetzung/translation seiner Lyrik ins RussischeRusslandRussisch/Russian.

       Der nanajische Autor Georgij ChodsherChodsher, Georgij (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1973) vollzog später den SprachwechselSprachwechsel und schrieb mehrere Werke auf RussischRusslandRussisch/Russian.

       Der burjatischeburjatisch Dichter Nikolaj DamdinovDamdinov, Nikolaj (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1975) war ein zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Autor, sein literarisches Œuvre besteht aus Werken in burjatischerburjatisch und in russischerRusslandrussisch Sprache.

       Jurij RytcheuRytcheu, Jurij (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1983) war ein zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Autor und schrieb auf Tschukotisch und RussischRusslandRussisch/Russian.

      Der SprachwechselSprachwechsel und die ZweisprachigkeitZweisprachigkeit sind in erster Linie für die Autoren des Nordostens und Nordens der SowjetunionSowjetunion kennzeichnend. Zeitlich fällt diese Entwicklung in die 70er und 80er Jahre und korrespondiert somit mit den Assimilierungsprozessen und der Aufgabe der MuttersprachenMuttersprache/mother tongue dieser Völker zugunsten der russischenRusslandrussisch Sprache. Unter den Autoren der baltischenBaltikumBaltisch Republiken der SowjetzeitSowjetunionSowjetzeit war die Aufgabe der MutterspracheMuttersprache/mother tongue als Sprache der Kreativität zugunsten des RussischenRusslandRussisch/Russian äußerst selten. Selbst die Autorinnen und Autoren, die in ihren Werken der kommunistischen IdeologieIdeologie Tribut leisteten, schrieben weiterhin in ihren MuttersprachenMuttersprache/mother tongue. In ihrer textexternen literarischen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitliterarische Mehrsprachigkeit dominieren FremdübersetzungenÜbersetzung/translationFremdübersetzung, und zwar von Werken aus dem Kanon der WeltliteraturWeltliteratur. Unabhängig vom Realisierungsformat schlägt sich in der textübergreifenden/textexternen7 Mehrsprachigkeit die Reaktion der Autorinnen und Autoren auf die Sprach(en)politik nieder, so dass die textübergreifende/textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit ihren Versuch dokumentiert, eigene literarische Tätigkeit mit den sprachpolitischenSprachpolitiksprachpolitisch und sprachsoziologischen Rahmenbedingungen zu vereinbaren.

      2 Sprach(en)politik und literarische MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitliterarische Mehrsprachigkeit in LitauenLitauen

      Kennt man die Geschichte LitauensLitauen, so erschließt sich von selbst, dass in diesem von Nachbarländern geteilten und beherrschten Land mehrere EthnienEthnie und Sprachen zu Hause waren. Mit der Dritten PolnischenPolenPolnisch/Polish Teilung 1795 bildeten der Südosten LitauensLitauen und das nordwestliche Grenzgebiet WeißrusslandsWeißrussland das Gouvernement Wilna, in dem RussischRusslandRussisch/Russian, LitauischLitauenLitauisch, PolnischPolenPolnisch/Polish, WeißrussischWeißrusslandweißrussisch sowie HebräischHebräisch und JiddischJiddisch gesprochen wurden. Außerdem gab es ethnische MinderheitenMinderheit wie DeutscheDeutschlandDeutsche und Tataren, die im Alltag ihre MuttersprachenMuttersprache/mother tongue verwendeten. Wie in den meisten multiethnischen und vielsprachigen Gebieten zu beobachten ist, gab es auch in LitauenLitauen eine Hierarchie der Sprachen (vgl. Kostiucenko 2016), die auf die Literatur des Landes abfärbte. Die Sprache der literarischen Texte wurde nicht zuletzt durch die Sprache des Schulunterrichts vorgegeben. Denn die Prägung durch literarische Texte im Schulunterricht und die literarische Vorbildung sind meistens bestimmend für die ersten literarischen Versuche junger Autorinnen und Autoren. Erst im Verlauf ihrer literarischen Tätigkeit stellt sich die

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