Mehrsprachigkeit und das Politische. Группа авторов

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vor, auch an den Stellen, wo man dies vom Inhalt und von den Figuren her erwarten könnte. Es gibt einige Baltizismen, aber obwohl die Handlung in EstlandEstland/Estonia stattfindet, wird EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian kaum verwendet. Auffällig ist auch das Fehlen des RussischenRusslandRussisch/Russian. Es gibt allerdings latentelatent Hinweise darauf, dass man sich im zaristischen RusslandRussland aufhält. Wenn der Onkel auf die Russen schimpft, sagt er: „die elenden russischenRusslandrussisch Wladimirs“ (Hunnius 1921: 28). Auffallend ist, dass „russischeRusslandrussisch Wladimirs“ gesagt wird, da im lokalen Kontext nur der Name genügt hätte. An der Wand hängt ein Gemälde des Zaren Nikolai und der Onkel nennt seine Frau „Katharina die Große“ (86). Auch FranzösischFrankreichFranzösisch und LateinLatein fehlen, bis auf die Nennung der Korporation Livonia (28). Ob die ausgesparte Mehrsprachigkeit im Text auf den Umstand des gerade erlebten Krieges und der daraus resultierenden Abkapselung zurückzuführen ist, ob es damit zu tun hat, dass der Text von einer Frau stammt oder noch weitere Elemente eine Rolle spielen, müssen künftige vergleichende Studien zeigen.

      3.1.3 Der Henker von Edzard Schaper Schaper, Edzard

      Im Roman Der Henker gibt es zahlreiche Beispiele von manifester und latenterlatent MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit, längere anderssprachigeanderssprachig Passagen kommen jedoch nicht vor. Die Mehrsprachigkeit spiegelt sich vor allem in den Personennamen, Ortsbezeichnungen, festen Wortverbindungen, LehnübersetzungenÜbersetzung/translationLehnübersetzung etc. wider. Neben den estnischenEstland/Estoniaestnisch Personennamen, die unten separat behandelt werden, kommen auch Figuren mit russischenRusslandrussisch Namen vor, wobei öfters auch das Patronym gebracht wird, ebenso kommen manche russischsprachige Ortsbezeichnungen vor. Es gibt einige Beispiele, die auf die Staatsverwaltung hinweisen wie „Urdjanik“, zu dem in einer Fußnote die ÜbersetzungÜbersetzung/translation steht: „Urdjanik (russischRusslandrussisch): Landpolizist“ (SchaperSchaper, Edzard 1941: 321), und einige, die auf die politischePolitik/politicspolitisch/political Situation zu beziehen sind, wie z.B. die Nennung einer lettischenLettland/Latvialettisch Organisation, wiederum mit einer ÜbersetzungÜbersetzung/translation in der Fußnote: „Sáveeniba: lettischeLettland/Latvialettisch terroristische Organisation“ (161). Auffällig ist die Erwähnung der Organisation der Schwarzen Hundert, weil eine Mischung von deutschenDeutschlanddeutsch und russischenRusslandrussisch Namen verwendet wird: „Schwarze Sotnja“ (12, 120). SprachmischungSprachmischung kommt auch im Beispiel „Bumagenwirtschaft“ vor.1 Das Vorkommen der russischsprachigen Elemente in deutscherDeutschlanddeutsch Grundsprache könnte man auch als baltisches Deutsch kategorisieren. Ähnlich fungieren auch die örtliches Kolorit wiedergebenden Elemente wie „,Kukuschka‘ zu spielen“ (442),2 wobei im Roman auf die ÜbersetzungÜbersetzung/translation für den deutschenDeutschlanddeutsch Leser verzichtet wird. Alle russischenRusslandrussisch Wörter im Text sind transliteriert.

      Zusätzlich zu den der konkreten Sprachsituation inhärenten Sprachen wie EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian, RussischRusslandRussisch/Russian, LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian sowie Baltizismen werden auch bei SchaperSchaper, Edzard westeuropäische ‚Bildungssprachen‘ benutzt, die die Zugehörigkeit der betreffenden Figuren oder des Milieus zu einem bestimmten sozialen Kreis markieren. So wird in Begriffen oder in festen Wortverbindungen LateinLatein bevorzugt – „status quo“ (451), „Pastor loci“ (28) etc., FranzösischFrankreichFranzösisch benutzt man z.B. für die Vermittlung der Emotionen – z.B. beim Träumen von der Abreise: „Aber in den Süden möchte er, wenn es hierzulande Herbst würde […]. Alles käme darauf an, die Reihenfolge: rouge – noir, rouge – noir, rouge – rouge, noir“ (519).

      Latentelatent Passagen auf EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian und RussischRusslandRussisch/Russian kommen im Roman häufig vor und die damalige Sprachsituation bekommt viel Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit wird auch auf die Umwälzungen in Sprache und Kultur gelenkt: „schon war die Sprache in ihren [deutschbaltischenDeutschbaltendeutschbaltisch] Häusern russischRusslandrussisch geworden mit den Namen der Kinder und den Sitten“ (73). Durch die Sprache werden auch die handelnden Figuren und ihre Stellung in der Gesellschaft charakterisiert. Ein Beispiel hierfür ist der aus einer „verrußt[en]“ deutschbaltischenDeutschbaltendeutschbaltisch Familie stammende Graf Ovelacker, dessen deutscheDeutschlanddeutsch Sprechweise als „fremdartig“ (571) beschrieben und mit Unsicherheit verbunden wird:

      Die Ovelackers waren ‚verrußt‘. Er hatte mit allen Menschen russischRusslandrussisch gesprochen, mit dem Pastor, mit dem Arzt, mit allen, so mühsam sie es auch radebrechten, der Arzt ausgenommen; er hatte nicht sein DeutschDeutschlandDeutsch sprechen wollen, das ihm, schon wenn er es nur sich selber vernehmbar vor sich hin sprach, ganz anders klang als das baltische Deutsch. (77)

      Durch die sprachliche Markierung des Protagonisten Ovelacker, dem die Rolle des Bösewichts zugewiesen wird, wird er von den ‚gewöhnlichen‘ DeutschbaltenDeutschbalten abgegrenzt und als der Andere, nicht wirklich Dazugehörige dargestellt.

      3.2 Baltizismen in den analysierten Texten

      3.2.1 Briefe eines baltischenBaltikumBaltisch Idealisten von Georg Julius von Schultz-Bertram Schultz-Bertram, Georg Julius von

      Schultz-BertramSchultz-Bertram, Georg Julius von als sprachbewusster und -interessierter Autor streut in seinen Text viele lokale Ausdrücke ein, die im baltischenBaltikumBaltisch Kontext selbstverständlich waren, für den deutschenDeutschlanddeutsch Leser jedoch in eckigen Klammern erklärt worden sind. Häufig sind Komposita mit ‚Krons‘1 – „Kronsbeamte“ (18), „Kronseigentum“ (18), „Kronsknöpfe“ (22). Es kommen Hinweise auf Bräuche vor – Ostereier heißen „Lappeneier“ (107), Geistergeschichten heißen „Strabismus“ (108), ebenso Bezeichnungen der Speisen wie etwa „Riezchen“ (182).

      3.2.2 Mein Onkel Hermann von Monika Hunnius Hunnius, Monika

      Obwohl Hunnius ebenfalls eine Baltin war, werden in ihrem Text nur wenige Baltizismen benutzt und diese sind mit Anführungszeichen, an manchen Stellen auch mit einer Erklärung in darauffolgender Klammer versehen. Meistens handelt es sich um die bereits genannten örtlichen Umstände z.B. „Kronsarzt“ (67) oder die Esskultur. So wird im Roman „Stofbier“ (13) getrunken und über das Essen diskutiert: „‚Wir wollen Goggelmoggel.‘ (Geklopftes Ei mit Zucker.) ‚Nein, Eierkuchen.‘ ‚Nein, Ochsenaugen.‘ (Spiegeleier)“ (65). Als typisch Baltisch kann auch die Bezeichnung der Familien nach dem Hauptsitz und dem Suffix ‚-schen‘ gelten, so kommen im Werk „die Kaltenbrunnschen, die Öthelschen, die Kerroschen“ (80) zu Besuch.

      3.2.3 Der Henker von Edzard Schaper Schaper, Edzard

      Die Baltizismen, die bei dem Nicht-Balten SchaperSchaper, Edzard vorkommen, sind vorwiegend mit der baltischenBaltikumBaltisch Geschichte am Anfang des 20. Jahrhunderts verbunden. In vielen Fällen handelt es sich um LehnübersetzungenÜbersetzung/translationLehnübersetzung aus dem EstnischenEstland/EstoniaEstnisch/Estonian, wie „die grauen Barone“ (147), „Borstenrussen“ (526) und „Waldbrüder“ (305). Dabei werden keine ÜbersetzungenÜbersetzung/translation angeführt, der Inhalt wird aber vermittelt. Bei den Borstenrussen folgt in Klammern: „anders nannte er getreu der Predigt des berühmten Pastors Körber die Bauarbeiter gar nicht mehr“ und bei den Waldbrüdern wird ergänzt: „hießen sie beim VolkeVolk“. Ähnlicher Weise wird auch bei den „Kirchenherrn“ in Klammern ergänzt: „wie das VolkVolk seine Pastoren nannte“ (352). Explizit wird nur einmal darauf hingewiesen, dass es sich um einen BaltizismusBaltizismus handelt – es wird ein wohlhabender estnischer Junge als „der Erbsohn des guten, großen Illustgesindes“ beschrieben und in einer Fußnote mitgeteilt, dass das Gesinde im Baltischen einen Hof oder bäuerliches Anwesen bedeutet (181).

      3.3 EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian

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