Mehrsprachigkeit und das Politische. Группа авторов

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des 19. Jahrhunderts liefert hierzu zahlreiche Beispiele.

      Ende des 19. Jahrhunderts galt LitauischLitauenLitauisch als „Bauernsprache“, so dass Kleinadel und gebildete Schichten PolnischPolenPolnisch/Polish verwendeten. Auch in der Literatur dominierte PolnischPolenPolnisch/Polish. Der Dichter Antanas BaranauskasBaranauskas, Antanas (1835–1902) wechselte beispielsweise vom PolnischenPolenPolnisch/Polish zum LitauischenLitauenLitauisch unter dem Einfluss von Karolina Praniauskaitė Praniauskaitė, Karolina (1828–1859), die selbst ihre – heute größtenteils vergessenen – Gedichte fast ausschließlich auf PolnischPolenPolnisch/Polish schrieb (Stoberski 1974: 55f.). Wäre nicht der frühe Tod der Dichterin gewesen, hätte sie vermutlich auch zum LitauischenLitauenLitauisch gewechselt, denn ihre ÜbersetzungenÜbersetzung/translation der litauischenLitauenlitauisch Volksdichtung ins PolnischePolenPolnisch/Polish offenbaren nicht nur ihr Interesse an der litauischenLitauenlitauisch Literatur, sondern auch ihre Kenntnis der litauischenLitauenlitauisch Sprache. Neben Karolina Praniauskaitė beeinflusste auch Juliusz SłowackiSłowacki, Juliusz, einer der Nationaldichter PolensPolen, das Interesse Antanas Baranauskas für die Folklore LitauensLitauen.1 Es war die Epoche der Romantik, die sich Märchen, Balladen, VolksliedernVolkVolkslied und der VolksspracheVolkVolkssprache zuwandte. Baranauskas beschäftigte sich linguistisch mit litauischenLitauenlitauisch DialektenDialekt/Mundart, übersetzte die Bibel ins LitauischeLitauenLitauisch und schrieb eigene Gedichte in litauischerLitauenlitauisch Sprache. Als Meilenstein in der litauischenLitauenlitauisch Literatur wird sein Gedicht „Anykščių šilelis“ bezeichnet. Es wurde 1861, knapp zwei Jahre nach seiner Entstehung, erstveröffentlicht und besingt die Schönheit der litauischenLitauenlitauisch Wälder und die Verbundenheit der Menschen mit der Natur.

      1896, sechs Jahre vor dem Tod Antanas BaranauskasBaranauskas, Antanas, wurde bei Wilna, das heutige Vilnius, der weißrussischWeißrusslandweißrussisch-litauischeLitauenlitauisch Dichter Moische KulbakKulbak, Moische, geboren, der spätestens 2017, als LitauenLitauen das Gastland der Leipziger Buchmesse war, wiederentdeckt wurde (vgl. Kulbak 2017). Kulbak zählt zu den größten Dichtern jiddischerJiddisch Sprache seiner Zeit. Anfang der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war Wilna ein Zentrum der jiddischenJiddisch Kultur. Dass Kulbak, der ursprünglich auf HebräischHebräisch schrieb und neben RussischRusslandRussisch/Russian, LitauischLitauenLitauisch und PolnischPolenPolnisch/Polish auch DeutschDeutschlandDeutsch sprach, sich für JiddischJiddisch als LiteraturspracheLiteratursprache entschied, hatte ideologischeIdeologieideologisch Gründe.

      Das bis 1904 anhaltende Verbot der zaristischen Behörden, Bücher in litauischerLitauenlitauisch Sprache zu drucken, führte zur PopularisierungPopularisierung des LitauischenLitauenLitauisch als LiteraturspracheLiteratursprache und Entstehung der nationalenNationnational Romantik. Zu den bekanntesten Autoren litauischerLitauenlitauisch Literatur der Zwischenkriegszeit zählen Balys SruogaSruoga, Balys (1896–1947), Salomėja NėrisNėris, Salomėja (1905–1945), Bernardas BrazdžionisBrazdžionis, Bernardas (1907–2002). Wie der letztere gingen auch andere Schriftsteller – Henrikas RadauskasRadauskas, Henrikas, Jonas AistisAistis, Jonas, Alfonsas Nyka-NiliūnasNyka-Niliūnas, Alfonsas – nach der deutschenDeutschlanddeutsch und sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Besatzung LitauensLitauen ins ExilExil. Nach kürzeren Aufenthalten in DeutschlandDeutschland, FrankreichFrankreich und der SchweizSchweiz zogen sie in die USA. Dort blieben sie der litauischenLitauenlitauisch Sprache treu. Da sie fast alle Lyrik schrieben, war der SprachwechselSprachwechsel ja sehr unwahrscheinlich. Im Exil beteiligten sie sich als Literaturkritiker und literarische Übersetzer. In der HeimatHeimat wurden sie diffamiert und tabuisiert, ihr Werk blieb bis zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit LitauensLitauen weitgehend unbekannt.

      Einer der bemerkenswertesten Autoren LitauensLitauen ist Jurgis BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis (1873–1944), der ebenfalls ins ExilExil ging, nach FrankreichFrankreich, und dort vom RussischenRusslandRussisch/Russian zum LitauischenLitauenLitauisch wechselte. Baltrušaitis wurde in einem kleinen Dorf im Nordwesten LitauensLitauen, der damals zum RussischenRusslandRussisch/Russian Reich gehörte, geboren. Während seines Physik- und Mathematikstudiums an der Universität Moskau lernte er die zentralen Figuren des russischenRusslandrussisch Symbolismus kennen: Konstantin BalmontBalmont, Konstantin, Waleri BrjussowBrjussow, Waleri und Wjatcheslaw IwanowIwanow, Wjatcheslaw. Er debütierte als Lyriker 1899 und schrieb knapp 300 Gedichte in russischerRusslandrussisch Sprache. Sein erstes auf LitauischLitauenLitauisch verfasstes Gedicht erschien 1927. Sein SprachwechselSprachwechsel war weniger politischPolitik/politicspolitisch/political motiviert, er trug vielmehr einen experimentellen Charakter. Für einen Dichter ist es attraktiv und herausfordernd, einen neuen Trend oder Kunstgriff losgelöst von seinem Ursprung auszuprobieren. Der Hang des russischenRusslandrussisch Symbolismus zum Mystizismus führte zur Herausbildung von Symbolen, deren häufige Verwendung mit der Zeit zum Verlust ihres Gehalts und ihrer Wirkung führte. Anders war es in der litauischenLitauenlitauisch Sprache, die diese Kunstrichtung noch nicht kannte und unverbrauchtes SprachmaterialSprachmaterial bot, das ein Dichter frei von Vorbildern und abseits der Muster gestalten konnte. Natürlich kannte Baltrušaitis diese Vorbilder und Muster im RussischenRusslandRussisch/Russian, aber sie dienten ihm im LitauischenLitauenLitauisch als Empfehlung und nicht als Regel, die es zu befolgen galt. Dadurch entstand Freiraum zum Modifizieren, Ausprobieren, eben zum Experimentieren. Gerade dieses Moment ist ein Vehikel für den Sprachwechsel bei vielen Autoren, denn dadurch werden Kreativität und Inspiration generiert. Gleichzeitig findet Transfer von neuen literarischen Formen, Trends, Kunstrichtungen und Stilen aus einer Literatur in die andere statt. Wie fruchtbar der Sprachwechsel für Baltrušaitis war, zeigen seine drei Gedichtbände,2 die in FrankreichFrankreich, fern vom litauischenLitauenlitauisch Sprachraum, entstanden. Auch wenn sein erster Gedichtband in litauischerLitauenlitauisch Sprache erst 1942, kurz vor seinem Tod, erschien, ging Baltrušaitis nicht nur als Symbolist, sondern als Erneuerer der litauischenLitauenlitauisch Literatur in ihre Geschichte ein.

      Als SprachwechslerSprachwechselSprachwechsler und zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Autor ist BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis ein Paradebeispiel für textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit. Seine literarischen ÜbersetzungenÜbersetzung/translation aus zahlreichen Sprachen ins RussischeRusslandRussisch/Russian und LitauischeLitauenLitauisch offenbaren, wie breit und vielfältig das Spektrum seiner textexternen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit ist. In seiner russischenRusslandrussisch Phase übersetzte er zahlreiche Dichter und Dramatiker ins RussischeRusslandRussisch/Russian: George Gordon ByronByron, George Gordon, Henrik IbsenIbsen, Henrik, Knut HamsunHamsun, Knut, Gerhart HauptmannHauptmann, Gerhart, Gabriele D’Annunzio, Oscar WildeWilde, Oscar, Johan August StrindbergStrindberg, Johan August, Søren KierkegaardKierkegaard, Søren sowie Rabindranath TagoreTagore, Rabindranath u.a. Baltrušaitis’ Leistung als literarischer Entdecker und Vermittler wird mit einem Preis honoriert, der seinen Namen trägt und seit 2006 verliehen wird.

      Der erste Preisträger dieser Auszeichnung ist Georgi EfremowEfremow, Georgi, ein russischerRusslandrussisch Dichter, Publizist und Übersetzer. Den BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis-Preis erhielt Efremow für seine ÜbersetzungenÜbersetzung/translation der litauischenLitauenlitauisch Autoren ins RussischeRusslandRussisch/Russian. Seit 1975, als seine erste ÜbersetzungÜbersetzung/translation von Eduardas MieželaitisMieželaitis, Eduardas erschien, übertrug Efremow praktisch die gesamte zeitgenössische litauischeLitauenlitauisch Lyrik ins RussischeRusslandRussisch/Russian: Algimantas BaltakisBaltakis, Algimantas, Bernardas BrazdžionisBrazdžionis, Bernardas, Albinas BernotasBernotas, Albinas, Vladas BraziūnasBraziūnas, Vladas, Sigitas Zigmas Geda, Marcelijus Teodoras MartinaitisMartinaitis, Marcelijus Teodoras, Justinas MarcinkevičiusMarcinkevičius, Justinas, Aidas MarčėnasMarčėnas, Aidas, Jonas StrielkūnasStrielkūnas, Jonas, Aivaras VeiknysVeiknys, Aivaras u.a.3 Fast jeder der genannten Lyrikerinnen und Lyriker übersetzt auch selbst Lyrik aus anderen Sprachen ins LitauischeLitauenLitauisch. Damit wird deutlich, wie verbreitet textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit gerade unter den Lyrikern ist. Es ist ein Phänomen, das über LitauenLitauen und das BaltikumBaltikum hinausgeht und als typisch für Lyriker gelten kann. Das Akustische einer anderen Sprache – MelodieMelodie, RhythmusRhythmus/rhythm, KlangKlang – reizt und inspiriert eigene Spracharbeit, schult das Ohr,

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