These Girls. Группа авторов

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versuchte, musste sich an ihr messen. Wo sie Ungerechtigkeit sah, prangerte sie diese laut und deutlich an. Ebenso verehrt wie gefürchtet, war »The High Priestess of Soul« nie gnädig zu sich selbst, zu ihren Mitmusikern, zu ihrem Publikum. Dabei wollte sie nie in die Jazz-Schublade gesteckt werden, nannte ihre eigene Musik Black Classical Music.

      Bereits mit vier Jahren saß sie zum ersten Mal am Klavier. Ihr größter Wunsch: die erste schwarze Konzertpianistin Amerikas werden. Ein Traum, der sich zeitlebens nicht erfüllen sollte. Von Geburt an blies ihr der kalte Wind des Rassismus ins Gesicht. Als sie mit elf Jahren ein Schulkonzert gab, sollten ihre Eltern ihre Plätze für eine weiße Familie räumen. Eunice weigerte sich, weiterzuspielen, bis ihre Eltern ihren Platz wieder einnehmen durften.

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      Nina Simone, 1965

      Um ihre Finanzen aufzufrischen, arbeitete die als Klavierlehrerin tätige Simone ab 1954 nebenbei in einem Club in Atlantic City, in dem der strenge Besitzer sie nur nahm, wenn sie gefälligst auch sang. Um vor ihrer Mutter unentdeckt zu bleiben, die ihre dort gespielte »Teufelsmusik« niemals gutheißen würde, trat sie unter dem Decknamen Nina Simone auf. Der Vorname stammt von ihrem damaligen Freund, der sie auf Spanisch Nina (»kleines Mädchen«) nannte, der Nachname von der französischen Schauspielerin Simone Signoret. Doch die Chancen in der Musikindustrie standen weiterhin schlecht. Egal wo sie hinging, bekam Nina Simone zu hören, sie sei zu hässlich, ihre Haut zu dunkel, ihre Lippen zu groß und ihre Nase zu breit. Wut, Qual, Unsicherheit und der Wunsch nach Liebe und Anerkennung wurden zu ihren ewigen Begleitern.

      Bereits mit ihrer ersten Single »I Loves You, Porgy« schaffte sie den Sprung in die amerikanischen Top 20. Der endgültige Durchbruch zum Star gelang ihr 1959 mit dem Album Nina Simone at Town Hall, das wie sämtliche anderen Live-Mitschnitte ihre brennende Seele noch mehr einfing als es jede Studioaufnahme je konnte. Darauf folgte in den 1960ern ein musikalischer Meilenstein dem anderen.

      Der 5. September 1963 änderte nochmals alles. Bei einem Bombenattentat des Ku Klux Klans in der 16th Street Baptist Church in Birmingham ließen vier Mädchen während des Bibelunterrichts ihr Leben, 22 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Noch am gleichen Tag schrieb Simone innerhalb einer Stunde ihren ersten Protestsong »Mississippi Goddam«. Ihm folgten weitere, darunter »Four Woman«, das mit Weldon Irvine geschriebene »To Be Young Gifted and Black« oder ihr gallig bitteres »Strange Fruit«-Cover.

      Sie wurde Teil der Bürgerrechtsbewegung, zu deren musikalischer Leitfigur. Eine Kämpferin für die Gleichberechtigung. Eine Art Malcolm X oder Martin Luther King am Klavier. Dabei scheute sie auch vor dem Aufruf zur Gewalt, »if necessary«, nicht zurück. Sie trat vor ausschließlich afroamerikanischen Zuschauern auf, rief: »Seid ihr bereit, Waffen zu benutzen? Seid ihr bereit, zu töten?« ins Publikum.

      Mit Kings Tod am 4. April 1968 brachen sie und ihre Welt zusammen. Mehr und mehr entfernte sich Nina Simone von der Bewegung, wurde zu einer unruhigen Wanderin über die Kontinente. »Die Leute glauben, wenn meine Mutter auf die Bühne ging, verwandelte sie sich in Nina Simone. Meine Mutter WAR Nina Simone, jeden Tag, rund um die Uhr. Und da begann das Problem«, erinnert sich ihre Tochter Lisa Simone im Dokumentarfilm What Happened, Miss Simone? Getrieben, hoch verschuldet, alkoholabhängig und depressiv wechselte die Hohepriesterin des Souls immer wieder ihren Wohnsitz. Stets gefolgt von Schlagzeilen und Skandalen, lebte sie mal in Trinidad, mal in der Schweiz, mal in Liberia oder in England, bis sie schließlich im Süden Frankreichs in Aix-en-Provence wieder etwas zur Ruhe kam. Ende der 1980er stellten Ärzte bei ihr eine bipolare Störung fest.

      Über Jahre selbst Opfer von der Gewalt ihres Managers und zweiten Ehemanns Andrew Stroud, wurde sie nach der Trennung von ihm selbst zur Täterin, ließ ihre Zornausbrüche an ihrer Tochter aus. 1985 schoss sie auf einen Geschäftsführer einer Plattenfirma, da sie sich betrogen fühlte, verfehlte ihn aber. Als zehn Jahre später ein Nachbarskind nicht aufhören konnte zu lachen und sie sich in ihrer Konzentration gestört fühlte, schoss Nina Simone mit einer Druckluftpistole auf das Kind, verletzte es leicht.

      Nahezu abgeschrieben, bescherten erst eine mit »My Baby Just Cares for Me« unterlegte Parfümwerbung und ein dazu veröffentlichtes Knetkätzchenvideo Nina Simone 1987 ein unerwartetes Comeback und stellte sie einer neuen Generation vor. Da sie keine Rechte an dem Song besaß, verdiente sie an dem Erfolg zwar nichts, aber die Konzerthallen füllten sich endlich wieder. Der Einsatz ihrer Songs in diversen Filmen, Serien, Videospielen und die Remix-Alben Verve Remixed und Remixed And Reimagined verstärkten diesen Effekt nochmals.

      Am 21. April 2003 starb Nina Simone, eine der besten Sängerinnen des 20. Jahrhunderts, nach einem fünfjährigen Kampf mit dem Brustkrebs im Schlaf. Auch nach ihrem Tod bleibt ihr Werk schmerzhaft wahr, aufrichtig und allgegenwärtig. In ihrer Liebe zur Musik war sie wild wie der Wind, beständig wie die Erde, unendlich wie der Ozean und beißend wie das Feuer.

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      EILEEN REUKAUF

       Joan Baez

      • ERSTE LP 1960

      And you’re gonna build a wall,

      the big-liest wall, the beautifulist wall around our borders.

      But here’s what I think, you better talk to a shrink

      cuz you’ve got some serious psychological disorders.

      You’ve got dangerous pathological disorders.

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      Joan Baez, 1966

      Viele Jahre hatte Joan Baez keine eigenen Lieder mehr geschrieben, als sie im April 2017 mit ihrem aufmüpfigen Anti-Trump-Song »Nasty Man« einen Online-Hit landet. Anlass war ganz offensichtlich Trumps Politik. Bereits kurz nach dessen Wahl zum US-Präsidenten engagiert sie sich im Widerstand und steht bei groß angelegten Protestaktionen wie dem Women’s March Anfang 2017 auf der Bühne. Wenige Monate danach stimmt Joan Baez auf dem Sofa in der Küche ihres kalifornischen Refugiums sitzend »Nasty Man« an und singt – mal mit ernster Miene, mal mit einem Grinsen auf den Lippen – über einen Mann auf Abwegen. Das Lied ist sicher keine musikalische Glanzleistung aus der Feder der einstigen »Queen of Folk«, die einen so großartigen Klassiker wie »Diamonds and Rust« über ihre Liaison mit Bob Dylan und mehr als 25 Studioalben, teils vergoldet und Grammy-ausgezeichnet, veröffentlicht hat. Allerdings findet Baez in den wenigen Liedversen deutliche Worte für den US-Präsidenten. Trump ist nicht der erste US-Präsident, dessen Politik Baez während ihrer langjährigen Musiklaufbahn derart scharfsinnig kritisiert; Protest in Liedform zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Werk. Immer wieder nutzt die Musikerin ihre Auftritte und Konzerte für politische Statements und nimmt bei ihren Plädoyers für gewaltfreien Protest kein Blatt vor den Mund.

      Als Tochter eines in Mexiko geborenen Vaters und einer aus Schottland stammenden Mutter wird Baez’ Interesse für die Friedensbewegung und Gewaltlosigkeit frühzeitig geweckt. Der Vater, ein angesehener Physiker, weigert sich, seine Arbeit für die US-Rüstungsindustrie fortzusetzen, weil er in Konflikt mit seinen pazifistischen Überzeugungen gerät und auf Zutun der Mutter tritt die Familie zum Quäkertum über. Gerade einmal 15 Jahre alt ist Baez, als sie 1956 das erste Mal Martin Luther King über Gewaltfreiheit sprechen hört. Kurze Zeit später bleibt sie aus Protest bei einer aus ihrer Sicht unsinnigen Luftschutzübung stur im Klassenzimmer sitzen,

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