Der Höllenhund. Фредерик Марриет

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Der Höllenhund - Фредерик Марриет

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      Der Morgen ist finster und der Wind bläst steif aus Nordwest. Hin und wieder flackern einige Schneeflocken als Vorläufer eines schweren Gestöbers durch die Luft, der ganze Himmel ist in ein trübes Grau gekleidet, während die Sonne sich hinter einem dichten Wolkendamm verborgen hat. Das Deck des Kutters ist naß und schlüpfrig. Dick Kurz hat die Morgenwache. Er ist in einen dichten Wollkittel gekleidet und trägt Fäustlinge an den Händen. Wenn er umhersieht, wirbelt ihm hin und wieder eine Schneeflocke ins Auge, die er wieder herausblinzelt, so daß sie schmilzt und wie eine Träne über seine Wange niederläuft.

      Die Teerleinwand über der Luke ist auf eine Seite geschoben und der Raum dazwischen durch den Stierkopf und die breiten Schultern des Korporals Vanspitter ausgefüllt, welcher endlich das Deck erreicht. Er blickt umher und ist augenscheinlich nicht sehr erfreut über das Wetter. Ehe er ans Geschäft geht, wendet er sich nach rechts und links, vorwärts und rückwärts, so daß er in einer Minute alle Striche des Kompasses durchlaufen hat. Was kann Korporal Vanspitter zu einer so frühen Stunde wollen? Die Sache verhielt sich nämlich so, daß abends zuvor entschieden worden war, wenn Snarleyyow an diesem Morgen mit dem ans Land geschickten Fleischboote nicht an Bord zurückkehre, so solle der unglückliche Smallbones gekielholt werden.

      Dieses sinnreiche Verfahren muß, da es wie viele andere gute, alte Bräuche in Abgang gekommen ist, dem nicht nautischen Leser erklärt werden. Es handelt sich dabei um nicht mehr und nicht weniger, als daß man einen armen Seemann auf eine Entdeckungsreise unter den Boden des Schiffes schickt: man läßt ihn über den Bug hinunter, hält ihn mit Tauen und zieht ihn an einer Leine nach hinten, bis er an den Ruderketten wieder zum Vorschein kommt. Dabei ist er in der Regel ganz außer Atem, nicht so sehr wegen der Schnelligkeit seiner Bewegung, als vielmehr deshalb, weil er solange unter dem Wasser gewesen, allen Atem seines Leibes erschöpft hat und statt dessen Salzwasser einziehen mußte, zwei Mängel, die nicht einmal ein Philosoph mit Geduld zu ertragen vermag. In den Tagen des Kielholens waren die Böden der Schiffe nicht gekupfert und daher durch eine Art von Schaltieren mit scharfen schneidenden Spitzen überzogen. Wer die Strafe über sich ergehen lassen mußte, wurde auf beiden Seite durch Taue an den Armen festgebunden, so daß er den Kiel des Schiffes umfassen mußte; wenn er wieder zum Vorschein kam, war sein ganzer Leib wie von Lanzetten zerschnitten und gekerbt, das Gesicht und die Nase aber wie von Ratten zernagt. Dies wurde jedoch eher für einen Vorteil als für einen Nachteil betrachtet, da der Blutverlust den Patienten, wenn er nicht ertrunken war, wieder ins Leben rief, so daß dem Vernehmen nach in der Regel von dreien einer sich wieder von seiner unterseeischen Exkursion erholte. Den Holländern gebührt die Ehre, die wir ihnen nicht zu nehmen willens sind, diese sehr angenehme Art von Züchtigung erfunden zu haben, und obschon man sie sonst für einen schwerfälligen, phlegmatischen Leuteschlag hält, so muß man ihnen doch zugestehen, daß sie in allen Punkten, wo es sich um die Kunst einer scharfsinnigen Quälerei handelt, viel lebhafteren und sonst erfindungsreicheren Nationen bei weitem den Vorsprung abgewonnen haben.

      Und nun wird der Leser wohl begreifen, daß sich Korporal Vanspitter in einer Klemme befand, denn mit dem besten Willen von der Welt und mit der eifrigsten Begier, seinem Vorgesetzten zu gehorchen und die ihm aufgetragene Pflicht zu erfüllen, war er doch kein Seemann, konnte daher auch nicht wissen, wie er die Operationen beginnen sollte. Der Korporal drehte sich also, wie gesagt, nach allen Strichen des Kompasses, um zu sehen, wie er die Sache anzugreifen habe, endlich begann er damit, daß er zu beiden Seiten je ein Tauende anzog. Diese konnten als Seitenleinen die entsprechenden Dienste tun; aber nun bedurfte er eines langen Strickes für den Vorderteil und eines anderen für den Hinterteil des Schiffes, weshalb er nicht wenig verlegen war, wie er diese unter den Boden des Fahrzeuges bringen sollte. Dazu kam noch, daß ihm der Mast und das Takelwerk im Wege stand. Der Korporal stellte Erwägungen an, und je mehr er über die Sache nachdachte, desto verwirrter wurde sein Gehirn, so daß er zuletzt die Sache aus Verzweiflung aufgab. Er blieb stehen, zog ein blaues Baumwolltuch aus der Brusttasche seines Kollettes und wischte sich die Stirne ab, da das angelegentliche Nachdenken große Schweißtropfen hervorgetrieben hatte — denn was wie Kopfarbeit aussah, war für Korporal Vanspitter eine schwere Aufgabe.

      „Tausend Teufel!“ rief er endlich, indem er sich mit der Faust vor den dicken Kopf schlug.

      „Hunderttausend Teufel!“ wiederholte der Korporal nach fünf Minuten weiteren Nachdenkens.

      „Zwanzigmal hunderttausend Teufel!“ murmelte er mit einem weiteren Schlage vor den Kopf, aber er klopfte vergebens, wie an einem leeren Hause, in welchem sich niemand befindet, um auf den Ruf zu antworten.

      Der Korporal steckte daher sein Baumwolltuch wieder in die Brusttasche und machte sich durch einen schweren Seufzer Luft. Er hatte zwar alle Teufel der Hölle im Geiste zu seinem Beistande heraufbeschworen, aber sie mußten wohl besser beschäftigt sein, denn obschon die Arbeit des Tages einen gehörig diabolischen Charakter trug, so war doch Smallbones ein so armer Teufel, daß er höchstwahrscheinlich nur als sehr entfernt verwandt mit der infernalischen Brüderschaft betrachtet werden konnte.

      Man könnte vielleicht fragen, warum Korporal Vanspitter, da es sich um eine Dienstsache handelte, nicht den Beistand der zum Schiff gehörigen Matrosen, namentlich aber des wachthabenden Offiziers aufbot. Er tat dies nicht gern, weil er wohl wußte, daß seine Aufforderung vergeblich sein würde, denn die ganze Mannschaft hatte für Smallbones Partei genommen. Er behielt sich einen derartigen Schritt nur als letztes Zufluchtsmittel vor, und da ihm jetzt der Verstand stille stand, so ging er zu Dick Kurz hinauf, der die Bewegungen des Korporals schon seit einiger Zeit schweigend beobachtet hatte, und redete ihn an.

      „Mit Erlaubnis, Mynheer Kurz, Mynheer Vanslyperken hat Befehl erteilt, daß der Junge diesen Morgen gekielholt werde. Ich möchte die Taue haben und wissen, wie man es angreifen muß.“

      Kurz sah den Korporal an und gab keine Antwort.

      „Mynheer Kurz, ich habe Euch die Ordre von Mynheer Vanslyperken mitgeteilt.“

      Dick Kurz erwiderte nichts darauf, sondern lehnte sich über die Luke und rief: „Jemmy!“

      „Ja, ja“, versetzte Jemmy Entenbein, der aus seiner Hängematte stieg und das andere Deck betrat.

      Korporal Vanspitter, welcher meinte, Herr Kurz sei im Begriffe, der an ihn gestellten Anforderung nach seiner eigenen Weise zu willfahren, blieb ruhig auf dem Decke, bis Jemmy Entenbein erschien.

      „Hände!“ rief Kurz.

      Jemmy pfiff die Matrosen herauf.

      „Boot“, fuhr Kurz fort, indem er den Kopf gegen das kleine, am Sterne aufgehißte Boot drehte.

      Da dies alles eine Vorbereitung zu dem erforderlichen Werk zu sein schien, so war der Korporal zufrieden. Die Matrosen kamen bald, die Hängematten auf ihren Schultern, herauf, warfen dieselben in die Netze, und dann schickte sich Jemmy an, das Boot hinunterzulassen. Als dasselbe neben Bord lag, wandte sich Kurz nach Coble um, winkte mit der Hand nach dem Ufer und sagte: „Ochsenfleisch.“

      Coble, welcher ihn vollkommen verstand, steckte einen neuen Tabakspflock in seine Backen, stieg an der Seite hinunter und ruderte dem Ufer zu, um frisches Ochsenfleisch und Gemüse für das Schiffsvolk einzukaufen. Dann ging Kurz auf dem Decke hin und her, ohne weitere Befehle zu erteilen.

      Als Korporal Vanspitter dies bemerkte, ging er abermals auf ihn zu.

      „Mynheer Kurz, wollt Ihr so gut sein, die Sache zuzurüsten?“

      „Nein!“ donnerte Kurz ihm entgegen und wandte sich ab.

      „Gott verdamm’, das ist Meuterei“, murmelte der Korporal, welcher alsbald die Luke hinunterstieg, um seinem Kommandanten den Stand der Dinge auf dem Deck zu melden.

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