Handbuch Schulbibliothek. Группа авторов
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Handbuch Schulbibliothek - Группа авторов страница 15
1.5.2 Digital Natives und digitale Bildung – die Gnade der späten Geburt?
Lesen, Schreiben und Rechnen, die traditionellen Kulturkompetenzen muss man lernen, das bezweifelt niemand. Aber ist es wirklich so, dass Kinder und Jugendliche, im Gegensatz zu den schon Erwachsenen, die erforderlichen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien ‚einfach so‘ und nebenbei spielerisch erlernen? „Kinder und Jugendliche nutzen digitale Medien vor allem freizeitbezogen, sodass man wenig hoffen kann, dass sie auch lernen kompetent und reflektiert mit Informationen umzugehen. Wir wissen, dass Kinder im Grundschulalter von ihren Eltern lange Zeit begleitet werden, dass dann aber die Förderung von Medienkompetenz im Elternhaus auch in bildungsnahen Haushalten abbricht und viele Jugendliche auch Dinge mit den digitalen Medien tun, die die Eltern gar nicht mehr begleiten können“ (http://www.ndr.de/nachrichten/netzwelt/Ergebnis-der-ICILS-Bildungstudie,eickelmann102.html, Abruf: 10.09.2017). Diese Feststellung trifft Birgit Eickelmann, eine der Koordinatorinnen der ICILS-Studie 2013, die den Umgang von Achtklässlern mit digitalen Medien und auch mit digitalen Informationen vor allem aus dem Internet untersucht hat. Im gleichen Interview sagt sie: „Dieses Ergebnis ist erschreckend … Wenn man sich die Ergebnisse genau anschaut, dann sieht man, dass ein Drittel der Jugendlichen abgehängt ist, sie verfügen nicht mal über grundlegende Fertigkeiten. Das sind Jugendliche, die gerade eben einen Link anklicken oder den Kontrast eines Bildes verstellen können. Das reicht nicht aus, um an der Gesellschaft teilhaben zu können und einen entsprechenden Beruf ergreifen zu können.“ Ein blosses Aufwachsen in einer digital geprägten Welt führt also allem Anschein nach nicht automatisch zu einer kompetenten Nutzung dieser Technologien.
Im Gegensatz zu den traditionellen Kompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen fehlt Schulen für die Vermittlung der nötigen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien bisher sowohl die technische als auch die personelle Ausstattung. Die nötige schulische Infrastruktur ist sozusagen gerade erst im flächendeckenden Ausbau begriffen.
Schulbibliotheken sollten sich in diesem Prozess klar positionieren und eine zentrale Rolle als Medienzentrum und multimediale Lernumgebung im Unterricht übernehmen.
„Die moderne Schulbibliothek ist der ideale Knotenpunkt für das Medienangebot und die Medienpädagogik der Schule. Sie führt gedruckte und digitale Angebote an einem Ort zusammen: aktuelle Bücher und Internet, Lesen und Surfen. Indem die Schulbibliothek neben den Büchern die digitalen Ressourcen bündelt, ersetzt sie den wenig flexiblen konventionellen Computerraum … Die digitalen Medien und ihre mobilen Geräte sind ideale Werkzeuge für das Lernen in unterschiedlichen Situationen. Die Schulbibliothek bietet den Rahmen für die ganze Vielfalt von Lernsituationen: Sie kann für den Fachunterricht genutzt werden, aber auch für das selbstständige, individuelle Lernen und für ausserunterrichtliche Projekte. Die Schulbibliothek umfasst einen räumlich zusammengefassten und systematisch erschlossenen Medienpool mit geeigneter Informationstechnik und bietet ausreichend Platz sowohl für individuelles Lernen als auch für das Lernen in Gruppen. Durch die Breite ihres Angebots kann sie zugleich als ein Motor der Unterrichtsentwicklung dienen und auf den Unterricht in den Fach- und Klassenräumen ausstrahlen“ (Frankfurter Erklärung 2015, 1).
Und auch wer seine Schulbibliothek für diese Ansprüche noch nicht ausgestattet sieht, sollte sich bewusst machen, dass Kinder allein durch die regelmässige Nutzung der Schulbibliothek mit ihrer Vielfalt von Medien bei der Lösung kleiner oder auch grösserer Suchaufgaben (ein Mal vielleicht Daten zu Persönlichkeiten, ein anderes Mal zur Entstehung des Moores) ein Gefühl für Vor- und Nachteile einzelner Medienformen entwickeln können. Daran angeknüpft können sie mit der Zeit auch Qualitätskriterien entwickeln, die ihnen eine eigenständige kritische und dadurch dauerhaft effiziente Mediennutzung ermöglichen.
Hilfreich ist es, wenn dafür im Fachunterricht die Lernprozesse, jenseits der Vermittlung von abprüfbarem Fachwissen, immer wieder auch Elemente des Kompetenzerwerbs aufgreifen. Ganz „normales“ Unterrichtsgeschehen in der Schulbibliothek kann zum Beispiel in vier aufeinanderfolgende Schritte untergliedert werden. Der Schüler bekommt eine Aufgabe und damit wird der Lernprozess ausgelöst:
Suchen: | Der Schüler erkennt seinen Informationsbedarf und entschei det sich für den Suchweg, den er einschlagen möchte. |
Prüfen: | Der Schüler untersucht seine Fundstellen und bewertet sie. |
Wissen: | Der Schüler ordnet sein neu gewonnenes Wissen in sein Vor wissen ein. |
Darstellen: | Der Schüler präsentiert sein Ergebnis und ist in der Lage, es auch anderen zu vermitteln. |
Der Referenzrahmen Informationskompetenz (http://www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/kommissionen/informationskompetenz/publikationen.html, Abruf: 02.10.2017) greift diese Schritte auf und untergliedert sie nach Schwierigkeitsgraden von der Primarstufe bis zum Studium. Damit bietet er Schulen und (Schul-)Bibliotheken eine Orientierungshilfe bei der Erstellung geeigneter Lerneinheiten.
Suchen und Prüfen gehört zu typischen bibliothekarischen Handlungsfeldern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Bibliotheken eine Vielzahl von Angeboten für den Unterrichtseinsatz dazu entwickelt haben. Einige davon werden in Kapitel 7 vorgestellt. Sie sollen dazu ermutigen, auch in scheinbar kleinen Schritten anzufangen und die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz selbstverständlich in den Schulalltag einzubinden.
1.6 Was soll die Schulbibliothek an unserer Schule können?
Schon bis hierher zeigt sich die Bandbreite dessen, was eine Schulbibliothek sein kann – von der entspannenden Leseecke bis zum Grundstein für mehr Bildungsgerechtigkeit.
Möglich ist also vieles, die Machbarkeit ist in Deutschland aber abhängig „vom guten Willen“ vieler Entscheidungsträger und dem Engagement derer, die den Betrieb einer Schulbibliothek auf Dauer aufrechterhalten.
Getrieben vom digitalen Wandel und schlechten Werten bei internationalen Vergleichsstudien wie PISA und ICILS kündigen Bundesbildungsministerium und Kultusministerkonferenz in ihren Beschlüssen (KMK: Bildung in der digitalen Welt 2016) und Bundesprojekten wie der „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“ (https://www.bmbf.de/de/bildung-digital-3406.html, Abruf 02.10.2017) weitreichende Veränderungen für Bildungsstandards, Lehrpläne und die technische wie personelle Ausstattung der Schulen an.
Angesichts des enormen Nachholbedarfs einerseits, des aktuellen Lehrermangels und der gleichzeitigen Zunahme an zusätzlichen Herausforderungen (zum Beispiel Inklusion oder Überwindung der Bildungsbenachteiligung bei Kindern aus unteren und mittleren sozialen Lagen und Kindern mit Migrationshintergrund) andererseits, ist aber wohl noch nicht absehbar, wann alle Schulen in Deutschland auf Bildung in der digitalen Welt wirklich vorbereitet sind.
Was bedeutet das alles für Schulbibliotheken?
Angesichts der Fülle von Aufgaben, die der Schule heute zukommen, ist es wichtiger denn je, die Schulbibliothek