Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Südsee bestimmt, wohin es sich durch die Straße von Le Maire begeben und über Ostindien zurückkehren wird. Sie sehen also, daß nichts Geringeres auf dem Tapet ist als eine Reise um die Welt, Die Fahrt wird der Schätzung nach ungefähr drei Jahre dauern müssen. Ich hätte Sie können als Volontaire einschreiben lassen, aber um Sie bei der Mannschaft mehr in Ansehen zu setzen, habe ich für einen Titel gesorgt, und Sie sind auf dem Etat aufgeführt als Ingenieur der Landungstruppen; was um so mehr für Sie paßt, da Sie zuerst für das Geniewesen bestimmt waren, und, wie ich weiß, von Jugend auf darauf vorbereitet worden sind.

      Ich gedenke morgen nach London zurückzukehren [Ich verstehe das nicht recht, Da Kensington nur eine Viertelmeile von London entfernt ist, so übernachten die Herrn, die zu Hofe gehen, dort nicht; und hier sehen wir Milord Eduard genöthigt, eine Anzahl von Tagen daselbst zuzubringen.], und Sie in zwei Tagen Herrn Anson vorzustellen. In der Zwischenzeit denken Sie an Ihre Equipirung, und sich mit Instrumenten und Büchern zu versehen, denn es ist Alles zum Einschiffen fertig, und der Befehl zur Abreise wird erwartet. Lieber Freund, ich hoffe, daß Gott Sie uns gesund an Leib und Herz von dieser langen Fahrt zurückführen wird, und daß wir uns bei Ihrer Ankunft vereinigen werden, um uns nie wieder zu trennen.

      Sechsundzwanzigster Brief.

       Juliens Liebster an Frau von Orbe.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich gehe ab, liebe, reizende Cousine, eine Reise um die Erde zu machen; ich will in einer andern Hemisphäre den Frieden suchen, den ich auf dieser nicht gefunden habe. Ich Unsinniger! Ich will die Welt durchirren, ohne eine Stätte zu finden, da mein Herz ruhen kann, will einen Zufluchtsort in der Welt suchen, wo ich fern von Ihnen weilen konnte. Jedoch ich muß den Willen eines Freundes, eines Wohlthäters, eines zweiten Vaters achten. Ohne Genesung zu hoffen, muß ich sie wenigstens wünschen, da Julie und die Tugend es heischen. In drei Stunden werde ich in der Gewalt der Wellen sein; in drei Tagen werde ich Europa nicht mehr sehen; in drei Monaten werde ich auf unbekannten Meeren schwimmen, wo ewige Stürme herrschen; in drei Jahren vielleicht .... Wie schrecklich wäre es, Sie nicht wiederzusehen! Ach, die größte Gefahr von allen liegt in meinem Herzen; denn wie auch mein Loos falle, ich bin entschlossen, ich schwöre, Sie werden mich würdig sehen, vor Ihren Augen zu erscheinen, oder mich nicht wiedersehen.

      Milord Eduard, der wieder nach Rom geht, wird Ihnen auf der Durchreise diesen Brief zustellen, und Ihnen Näheres von dem, was mich betrifft, mittheilen. Sie kennen sein Gemüth, und werden das, was er Ihnen nicht sagen wird, leicht errathen. Sie kannten das meinige, denken Sie also auch, was ich Ihnen nicht sage. Ach Milord, Ihre Augen werden die Lieben dort wiedersehen!

      Ihre Freundin hat also gleich Ihnen das Glück, Mutter zu sein! .... sollte es also werden? .... Unerbittlicher Himmel! .... O du, meine Mutter, warum hat er dir in seinem Zorne einen Sohn gegeben?

      Ich muß schließen, ich fühle es. Adieu, reizende Cousinen. Adieu, unvergleichliche Schönheiten. Adieu, reine, himmlische Seelen. Adieu, zärtliche, unzertrennliche Freundinnen, einzige Frauen ihr. Jede von euch ist der einzige Gegenstand, der des Herzens der andern werth ist. Machet euch gegenseitig glücklich. Ach, und gedenket manchmal eines Unglücklichen, der nur lebte, um zwischen euch alle Empfindungen seiner Seele zu theilen, und zu leben aufhörte in dem Augenblicke, da er sich von euch entfernte. Wenn je .... Ich höre das Signal und das Geschrei der Matrosen; ich sehe den Wind die Segel schwellen; ich muß an Bord, ich muß fort. Weites Meer, unermeßliches Meer, das mich vielleicht hinabschlingen wird in seinen Schoß, könnte ich auf deinen Wogen die Ruhe finden, die mein bewegtes Herz nicht kennt!

      Vierte Abtheilung.

       Inhaltsverzeichnis

      Erster Brief.

       Frau von Wolmar an Frau von Orbe.

       Inhaltsverzeichnis

      Wie lange zögerst du, wieder herzukommen! Dieses ewige Gehen und Kommen steht mir gar nicht an. Wie viele Zeit verlierst du mit der Reise hierher, wo du immer sein solltest, und was noch schlimmer ist, mit der Reise hinweg von hier! Der Gedanke, sich auf so kurze Zeit zu sehen, verdirbt die ganze Freude des Beisammenseins. Fühlst du nicht, daß so abwechselnd bei dir und bei mir sein, nirgend recht sein heißt? Und findest du denn kein Mittel, um bei Beiden zugleich zu sein?

      Was machen wir, liebe Cousine? Wie viele kostbare Augenblicke lassen wir verloren gehen, während wir doch keine mehr zu verschwenden haben! Die Jahre nehmen zu, die Jugend fängt an zu fliehen, das Leben verrinnt. Das flüchtige Glück, das es uns bietet, liegt in unsern Händen, und wir versäumen, es zu genießen! Gedenkst du wohl der Zeit, da wir noch Mädchen waren, jener ersten reizenden, lieblichen Zeit, die man in keinem andern Alter wiederfindet, und die das Herz so schwer vergißt? Wie oft, wenn wir uns nur auf wenige Tage, ja wenige Stunden trennen mußten, sprachen wir traurig beim Abschiede: Ach, wenn wir erst unsere eignen Herren sein werden, dann soll uns nichts mehr trennen! Wir sind es jetzt, und wir leben die Hälfte des Jahres getrennt von einander. Wie denn? Lieben wir uns weniger als damals? Liebe, theure Freundin, wir fühlen ja Beide, wie die Zeit, die Gewohnheit und deine Wohlthaten unsere Anhänglichkeit stärker und unauflöslicher gemacht haben. Mir wenigstens scheint deine Abwesenheit mit jedem Tage unerträglicher, und ich kann keinen Augenblick ohne dich sein. Diese Zunahme unserer Freundschaft ist natürlicher als es scheinen mag; sie hat ihren Grund eben sowohl in unserer Lage, als in unseren Charakteren. Je älter man wird, auf einen desto engern Kreis schränken sich alle Gefühle ein; man büßt täglich etwas von dem ein, was Einem theuer war, und findet keinen Ersatz dafür. So stirbt man gliedweise ab, bis man zuletzt nichts liebt, als sich selbst, und aufgehört hat, zu fühlen und zu leben, ehe man aufhört da zu sein. Aber ein empfindsames Herz wehrt sich aus allen Kräften gegen diesen vorzeitigen Tod; wenn die Kälte in den äußersten Gliedern anhebt, sammelt es um sich seine ganze natürliche Wärme; jemehr es verliert, destomehr hängt es sich an das, was ihm bleibt, und ist an den letzten Gegenstand, so zu sagen, mit den Banden aller übrigen geknüpft.

      Diesen Zustand glaube ich schon zu empfinden, obgleich ich noch jung bin. Ach, Liebe, mein armes Herz hat so geliebt! es hat sich so frühe erschöpft, daß es vor der Zeit alt wird, und so viele verschiedene Neigungen haben es so aufgezehrt, daß für neue Bande kein Raum mehr übrig ist. Du hast mich nach und nach als Tochter, als Freundin, als Liebende, als Gattin und als Mutter gesehen. Du weißt, ob mir alle diese Verhältnisse theuer waren! Einige der Bande sind zerrissen, andere gelockert. Meine theure Mutter ist nicht mehr; ich kann nichts mehr thun, als um sie weinen, und nur noch halb schmecke ich das süßeste Gefühl der Natur. Die Liebe ist erloschen, auf ewig, und auch dies ist eine Stelle, die nicht wieder auszufüllen ist. Wir haben deinen guten, zärtlichen Mann verloren, den ich als die theure Hälfte deines Selbst liebte, und der deine Zärtlichkeit und meine Freundschaft so sehr verdiente. Wenn meine Söhne größer wären, so würde die Mutterliebe alle diese Lücken ausfüllen, aber diese Liebe bedarf, wie jede, des Austausches, und welche Erwiderung kann eine Mutter von einem Kinde von vier oder fünf Jahren erwarten? Wir lieben unsere Kinder lange bevor sie es fühlen und uns wieder lieben können, und doch ist das Bedürfniß so groß, Einem, der uns versteht, zu sagen, wie sehr wir sie lieben. Mein Mann versteht mich, aber er antwortet mir nicht, wie ich es mir wünsche; er schwärmt nicht wie ich, seine Liebe zu ihnen ist vernünftiger; ich brauche eine, die lebhafter ist und mehr der meinigen gleicht. Ich muß eine Freundin haben, eine Mutter, die ebenso verliebt als ich in meine und ihre Kinder ist. Mit einem Worte, daß ich Mutter bin, macht mir die Freundschaft noch unentbehrlicher, um. ohne Furcht zu langweilen, unaufhörlich

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